Tricksen bei “Wer wird Millionär”? Geht das überhaupt? Ja es geht, und der Engländer Charles Ingram hat es vorgemacht. Im Jahr 2001 gewann der 1963 geborene Major der englischen Armee die Million und es ging dabei definitiv nicht mit rechten Dingen zu.
Erst vor einigen Monaten machte der deutsche Pokerspieler Sebastian Langrock bei Günther Jauch Furore, da er kurzerhand die Million abkassierte. Dabei benutzte er aber teilweise seine Pokerskills und keinen schnöden Betrug.
Die Sendung
Charles Ingram war zur Aufzeichnung der Sendung am 9. September 2001 mit seiner Frau Diana nach Borehamwood, Hertfordshire angereist und schaffte es auch auf den heißen Stuhl. Schnell wurde klar, dass Major Ingram nicht unbedingt über das größte Allgemeinwissen verfügte und als der erste Tag der Aufzeichnung beendet war, waren schon zwei Joker verbraucht und er war gerade mal bei 4.000 Pfund.
Am Zweiten Tag schien der Major wie verwandelt und kündigte sogar eine neue Strategie an, bei der er mehr auf seine “Intuition” hören wollte. Angesichts der später aufgedeckten Tatsachen schon eine sehr dreiste Aussage.
Tatsächlich eierte der Major bei den Fragen herum und schien seine Gedanken meist offen auszusprechen. Er hatte nach einiger Zeit aber doch immer die richtige Antwort parat und nach jeder korrekt beantworteten Frage wurde das “Wer wird Millionär”-Team misstrauischer.
Der Verdacht
Bei den meisten Fragen war evident, dass Ingram nicht die leiseste Ahnung hatte. Er hatte von den Antwortmöglichkeiten nicht mal gehört und trotzdem lag er am Ende immer richtig, so auch bei der letzten Frage, der Millionenfrage:
“A number one followed by one hundred zeros is known by what name?” A: Googol B: Megatron C: Gigabit D: Nanomole
Immer wieder wiederholte Ingram die Antwortmöglichkeiten und schien völlig ahnungslos. Moderator Chris Tarrant versuchte den Major immer wieder darauf zu bringen, dass 500.000 Pfund auch viel Geld seien und er aufhören könne. Trotzdem wollte Ingram unbedingt Googol einloggen und so gewann er mit großem Tam-Tam und Konfetti die Million. Fast allen im Team war klar, dass etwas faul war und nach der Show wurde Ingram sogar durchsucht.
Die Methode
Die Durchsuchung verlief ergebnislos, Ingram trug keinen Pager oder ähnliche technische Geräte bei sich. Wie hatte er es dann gemacht?
Ganz einfach, er hatte einen Komplizen, der bei den richtigen Antworten laut gehustet hat. Der Komplize hieß Tecwen Whittock und war ebenfalls Kandidat bei der Aufzeichnung. Die Verabredung zum Betrug wurde höchstwahrscheinlich nach dem ersten Tag der Aufzeichnung getroffen.
Immer wieder sah man auf den Kameras Ingrams Frau Diana, wie sie bei schwierigen Fragen zu Whittock herüberschaut und auf den Huster wartet. Einmal hustet sie sogar selbst und zwar bei der Frage: “Who had a hit UK album with ‘Born to do it’, released in 2000?” Als klar wurde, dass Whittock die Antwort nicht wusste, hustete Diana bei der richtigen Antwort “Craig David” und ging dabei ein hohes Risiko ein.
Einmal fragt Tecwen Whittock sogar seinen Sitznachbarn nach einer richtigen Antwort und erst als er sie bekam, hustete er. Schaut man sich die Aufzeichnung mit dem Wissen um die Methode an, ist der Betrug fast schon grotesk offensichtlich. Ständig wiederholt Ingram die Antwortmöglichkeiten und immer wieder hört man bei der richtigen Antwort ein auffälliges Husten von Whittock.
Whittock kam nach Ingram sogar selbst auf den Stuhl, sein Husten war plötzlich auf magische Weise verschwunden. Er kam aber nicht weit und scheiterte ohne Hilfe von außen relativ früh.
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Die Verurteilung
Am 7. April 2003 verurteilte ein Gericht die Ingrams und Whittock zu Freiheitsstrafen, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt wurden. Die Ingrams bekamen jeweils 18 Monate, Tecwen Whittock 12 Monate. Zusätzlich mussten die Ingrams rund 150.000 Pfund Strafe und Verfahrenskosten zahlen. Die Million bekamen sie selbstverständlich auch nicht.
Wie auch der Fall Ali Tekintamgac zeigt, sind die einfachsten Cheating-Methoden oft auch die effektivsten. Letztlich stehen sich die Betrüger aber oft selbst im Weg und Gier gepaart mit Dummheit führen zum Auffliegen. Mehrere Mitarbeiter des “Who wants to be a millionaire”-Teams sagten hinterher, dass das Ganze wohl nicht aufgeflogen wäre, wenn Ingram z. B. bei 125.000 Pfund aufgehört hätte.
>>Hier ein Bericht auf YouTube über den Betrug bei Who wants to be a Millionaire
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 01.08.2013.