In unserer Reihe “Die großen Betrugsmaschen” widmen wir uns heute einem Themenkomplex, der vielen noch aus dem Mathematikunterricht vertraut sein dürfte. Roulettesysteme funktionieren bekanntlich nicht, trotzdem werden im deutschsprachigen Raum jährlich Millionen von Euros durch den Verkauf angeblich todsicherer Systeme erzielt.
Das Versprechen
Immer wieder kommen Angebote, in denen mit hohen Verdienstmöglichkeiten gelockt wird. Bis zu 400 Euro am Tag könne man angeblich verdienen. Eigentlich ginge auch mehr, man dürfe allerdings nicht zu sehr auffallen. Propagiert werden diverse Verdopplungssysteme und das Ausnutzen von angeblichen Fehlern in den Casinos.
Das Martingalespiel – Verdoppeln bis zum bitteren Ende
Die klassische und einfachste Form eines Roulettesystems ist die die Martingale-Methode, das so genannte Doublieren oder Verdoppeln. Der Spieler beginnt mit einem Einsatz von beispielsweise 50 Euro auf eine einfache Chance, z. B. Rot oder Schwarz.
Verliert er, verdoppelt er beim nächsten Mal auf 100 Euro, verliert er wieder, so setzt er 200 Euro usw. Sobald er gewinnt, sind alle bis dahin eingetretenen Verluste getilgt und der Spieler kann sich über einen Gesamtgewinn von 50 Euro freuen.
Dieses Prinzip funktioniert aber wegen des vom Casino vorgegebenen Höchsteinsatzes nicht. Setzt man beispielsweise 10-mal hintereinander auf Rot und es kommt nicht, müsste man in unserem Beispiel schon weit über 20.000 Euro einsetzen. Ist das nicht möglich, hat man alles bis dahin eingesetzte Geld verloren – nur um am Ende 50 Euro zu machen.
Viele Existenzen sind durch das Martingalespiel und seine Varianten, z. B. Montante Américaine, Progression d’Alembert oder Fitzroy System, schon kaputtgegangen. Dennoch lassen sich immer wieder Leute diese vermeintlich sicheren Gewinnstragegien für teures Geld andrehen.
Geschickt präsentieren die Anbieter ihre Systeme, sie räumen zum Beispiel ein, dass es unzählige Betrüger und getürkte Systeme auf dem Markt gibt und erklären dann, warum ihr System aber trotzdem funktioniert und warum die mathematischen Gegenbeweise nur Meinungsmache oder Teil einer großen Verschwörung sind.
Das Wort “Martingale” stammt übrigens aus dem Provenzalischen und leitet sich von der französischen Stadt Martigues im Département Bouches-du-Rhône am Rande der Camargue ab, deren Einwohner früher als naiv galten. Die Redewendung “jouga a la martegalo” bedeutet so viel wie “sehr mutig/waghalsig spielen”.
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Angebliche Softwarefehler beim Online-Gambling
Oft wollen findige Menschen Fehler in Internet-Glücksspielen gefunden haben, die sich mit Hilfe von bestimmten Strategien austricksen lassen. So soll es beispielsweise bei einem bestimmten Online-Casino im Roulette nicht möglich sein, dass öfter als neunmal hintereinander die gleiche Farbe kommt.
Das ist natürlich ausgemachter Blödsinn. Letztlich wollen die Betrüger nur die Bücher oder PDFs mit den Systemen verkaufen oder die Leute sollen sich bei den Glücksspiel-Seiten anmelden, wofür der Werber dann Provision erhält.
Kesselfehler und Kesselgucken
Aufgrund mechanischer Fertigungstoleranzen ist kein Tisch stochastisch perfekt. Das versuchen einige Spieler auszunutzen, indem sie herausfinden, welche Zahlen verstärkt fallen. Es gibt auch Personen, die von sich behaupten, den Lauf einer Kugel berechnen zu können.
Tatsächlich ist die Berechnung des Laufs nicht zuletzt wegen der rautenförmigen Hindernisse im Kessel sehr schwierig und man benötigt in der Regel ausgefeilte technische Hilfsmittel wie Lasertechnik und/oder Notebook. So haben beispielsweise eine 32-jährige Ungarin und zwei serbische Begleiter im Londoner Ritz-Casino ca. 1,3 Millonen Pfund verdient. Zusätzlich muss der Croupier zur ungefähren Berechnung der Kugel-Endposition sehr spät “rien ne va plus” sagen.
Für Otto-Normalspieler sind diese Techniken quasi unmöglich durchzuführen, was aber die Anbieter nicht davon abhält, den Leuten für teures Geld Kurse im Kesselgucken anzudrehen.
Warum man beim Roulette nicht gewinnen kann
Für alle, die es noch nicht wissen: Im Roulette kann man auf Dauer nicht gewinnen. Durch die Null (Zéro) beträgt die Auszahlungsquote des Casinos vereinfacht gesagt 97,3 statt 100 Prozent. Je öfter ich spiele, desto eher werde ich also Geld verlieren.
Diese mathematischen Regeln sind fix und so müssen alle Systeme scheitern. Genau wie es kein Perpetuum Mobile gibt, so gibt es auch kein funktionierendes Roulette-System. Die Autoren wissen das und deswegen kann der Verkauf eines solchen Systems unter Umständen von den Gerichten als Betrug angesehen und auch bestraft werden.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 21.11.2012.