Ein Profi nach meiner Definition ist jemand, dem es gelingt $30 pro Stunde oder mehr am Pokertisch zu gewinnen – und das selbstverständlich über einen relevanten Zeitraum. Etwa 20 Stunden oder mehr pro Woche zu spielen und auf diesem Level über Jahre dementsprechende Erfolge zu haben, das ist was zählt.
Manchen gelingt es zwar für ein paar Monate dieses Ziel zu erreichen, aber das macht sie nach meiner Definition noch lange nicht zu einem richtigen Profi. Oft bezeichnen sich Spieler als erfolgreiche Professionals, die in Wirklichkeit weit davon entfernt sind.
Angenommen Sie erreichen diese $30 Marke, dann fragen Sie sich wahrscheinlich, warum nicht $20 oder $40 pro Stunde? Wenn es Ihnen gelingt, konstant diesen erforderten Stundensatz zu erreichen, haben Sie selbstverständlich auch gute Chancen in ein höheres Limit zu wechseln und die Gewinnrate entsprechend zu erhöhen. Das gilt natürlich auch für jemanden, der bereits die $40 pro Stunde erreicht hat. Aber keineswegs für Spieler die $20 oder weniger in demselben Zeitraum machen.
Um das einmal ein wenig zu veranschaulichen. Vielen Spieler gelingt es bei $15-$30 oder $20-$40 Limit Holdem ein „Small Bet“ pro Stunde zu gewinnen. Aber wenn genau dieselben Spieler in ein höheres Limit gehen, gewinnen sie tendenziell eher weniger und oft auch überhaupt nicht mehr. Anderseits setzen sich die „$30 pro Stunde plus –Spieler“ meist auch in den höheren Limits erfolgreich durch. Allerdings höhere Limits bedeuten oft einen gewaltigen Swing und dem wollen sich nicht alle aussetzen und lassen es lieber bleiben. Außerdem sind die Partien dann oft härter und diese Herausforderung schreckt dann doch manche ab, die wahrscheinlich sonst das Zeug dafür hätten.
Mir geht es darum, die Unterschiede zwischen einem guten Spieler und einem richtigen Profi ein wenig näher zu beleuchten. Ganz wichtig ist die Fähigkeit die Hand des Gegners gut lesen zu können. Wie David Sklansky in seinem Buch „ The Theory of Poker“ so trefflich ausführte: „um die Hand eines Gegners zu lesen, braucht es Kalkül und Kunst“. Sie müssen die Hand Ihres Gegners korrekt einschätzen können. Und andererseits dürfen Sie nicht zulassen, dass ihm dasselbe gelingt. Erst dann wird es Ihnen möglich sein, Ihre Karten annähernd perfekt zu spielen. Das kann einem manchmal den Pot retten oder zumindest können Sie mehr Profit aus den entsprechenden Situationen schlagen.
Ich erinnere mich da eine Partie in Atlantic City. Es war im „Taj Mahal Poker Room“ an einem $30-$60 Limit Holdem Tisch. Mit A-Q machte ich ein Raise in früher Position. Ein Spieler, der sich nach meiner Einschätzung zwar bemühte gut zu spielen, dem es aber eindeutig noch an Erfahrung fehlte, bezahlte. Am Flop ein As und zwei kleine Karten unter 10. Ich spielte an und bekam sofort ein Raise. In dem Moment konnte ich meinen Gegner auf eine Hand festlegen. Im schlechtesten Fall hatte er ebenfalls A-Q aber wahrscheinlicher war A-J oder A-10.
Lassen Sie mich jetzt erklären, warum ich mir meiner Sache so sicher war. Wäre seine Hand stärker als A-Q gewesen, hätte ich vor dem Flop ein Reraise bekommen. Eine Hand wie A-9 suited (oder offsuit) und ein Paar kleiner als 10 hätte er auf mein Raise aus früher Position sicher schon vor dem Flop nicht bezahlt. Sein Raise am Flop gab eine weitere Bestätigung dafür, dass meine Einschätzung wohl richtig sein musste. Weil mit einem wirklichen Volltreffer hätte er mir das Raise wohl erst am Turn verpasst. Schon allein weil durch die Struktur beim Limit Holdem der Bet am Turn doppelt so groß ist.
Fassen wir noch mal zusammen. Um seine Hand möglichst exakt einschätzen zu können, musste ich mehrere Aspekte beachten. Unserer beider Aktionen vor und nach dem Flop. Dazu noch meine Bewertung seiner Spielstärke und die Überlegung, welches Image als Spieler ich wohl bei ihm haben würde. Weiters meine konkrete Theorie, wie er die von mir ihm zugeordnete Hand in der bestimmten Situation spielen würde. – Die Summe dieser Überlegungen kann man zu Recht unter dem Begriff „ Kalkül und Kunst“ zusammenfassen. Mein Konzept für diesen Pot lag jetzt wohl auf der Hand. Erst würde ich sein Raise bezahlen. Am Turn würde ich dann ein Checkraise ansetzen (außer es käme eine 10 oder ein J).
Der Grund warum ich mich so genau daran erinnere, erstens gewann ich tatsächlich mit A-Q gegen A-J und zweitens zeigte mein Gegner dem ganzen Tisch seine Karten und jammerte über sein großes Pech. Dabei hatte er weniger Pech, als er annahm. In gewisser Weise hatte er mir seine Hand schon während des Pots verraten. Somit war es im konkreten Fall eine Leichtigkeit für mich das Maximum herauszuholen. Und andererseits, hätte ich meinen Verlust minimieren können.
Zum Abschluss dieses Textes, muss ich durchaus zugeben, dass es nicht immer so leicht und logisch ist, den Gegner richtig einzuschätzen. Sie müssen sich aber in solchen Spielsituationen immer bemühen, die Hand Ihres Kontrahenten so gut wie möglich zu lesen. Erst dann können Sie Ihr bestmögliches Spiel durchziehen und damit auch die entsprechenden Erfolge erzielen. Die Fertigkeit annähernd zur Perfektion zu bringen, braucht natürlich viel Zeit. Deshalb ist es so wichtig, möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. Ein weiterer Grund dafür, dass man als Anfänger zuerst in den kleineren Limits starten sollte, um sich dann langsam hinaufzuarbeiten. Wenn Sie die notwendige Routine haben und den Willen aufbringen, Ihr Spiel stetig zu verbessern, werden Sie eines Tages konstant die $30 pro Stunde schaffen. Dann gehören Sie zu den wirklichen Profis – dann sind Sie ein echter Experte.
Mason Malmuth
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 05.06.2007.