In unserer Rake-Serie klären wir heute über die unterschiedlichen Rake-Systeme auf, erläutern, was diese überhaupt bedeuten und welchem Spieler, welches System am ehesten nützt.
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Auf fast jeder Seite verdienen Spieler durch die Teilnahme an Echtgeld-Pokerspielen Treuepunkte. Je nach Seite heißen diese dann VPP, TPP, Party-Points, Bonus Points oder ähnlich. Diese Punkte können dann auf fast allen Seiten in einem Shop-System wieder in bares Geld oder Sachgegenstände umgewandelt werden. Ein Vergleich, auf welchen Seiten man wie viel verdienen kann, wird demnächst auf PokerOlymp folgen. Heute widmen wir uns zunächst der Frage, nach welchem Berechnungsmodell diese Punkte überhaupt den Spielern zugeteilt werden.
Dabei hat jede Seite, meist sogar jeder Skin seine eigene Methode, doch haben sich vier grundlegende Modelle herauskristallisiert, von denen jede Seite genau eines anbietet. Je nach Modell kann ein Spieler eine sehr unterschiedliche Anzahl von Treuepunkten verdienen. Es lohnt sich also zu wissen, welches Modell die von einem bespielte Seite überhaupt anbietet.
1. Dealt-Rake
Das einfachste Modell ist das der Dealt-Rake. Bei diesem Modell werden jedem Spieler, der in eine Hand gedealt wurde am Ende der Hand Punkte zugeteilt. Diese richten sich nach der Rake, die in dieser Hand erzielt wurde. Es ist dabei unerheblich, ob ein Spieler an der Hand beteiligt war oder ob er seine Karten einfach vor dem Flop gepasst hat – er bekommt so oder so seine Punkte.
Dieses Modell wird inzwischen von fast keiner Seite mehr angeboten, denn es hat für die Pokerseiten einen finanziellen Haken. Es bevorteilt tighte Spieler überproportional. Es reicht für einen tighten Spieler völlig aus, an einem möglichst loosen Tisch zu sitzen und ohne große Anstrengungen erspielen ihm seine Gegenspieler eine schöne Menge Treuepunkte.Da nun tighte Spieler in der Regel wesentlich erfolgreichere Spieler als loose 59/30-Spieler sind und vor allem auch ein wesentlich größeres Volumen spielen, erhalten sie – zumindest rechnerisch für die Pokerseite – zu viele Treuepunkte, die sie dann in Echtgeld umwandeln. Schwächere (oder einfach aktivere) Spieler, die einen größeren Teil zur tatsächlichen Rake beitragen, erhalten – gemessen an ihren Einsätzen – zu wenig Treuepunkte.
Von Vorteil ist dieses System also vor allem tighten Spieler, wobei sogenannte Nut-Peddler, die faktisch gar keine Hand außer den Nuts spielen, am besten wegkommen. Aktive und schwächere Spieler werden bei diesem System benachteiligt.
2. Simple Contributed-Rake
Das Modell der Simple Contributed-Rake verteilt am Ende der Hand die Treuepunkte nur an Spieler, die auch zu der Hand einen Einsatz beigetragen haben. An alle berechtigten Spieler wird allerdings der selbe Betrag verteilt.
Bei diesem Modell sind aktive Spieler, die viele Flops sehen, klar im Vorteil. Während tighte Spieler oder Nut-peddler nur recht selten in einem gerakten Pot spielen und entsprechend nur selten Einsätze zum Pot beitragen, erhalten diese weniger Punkte. Diese Punkte kommen nun den aktiveren (und zumeist auch den schwächeren) Spielern zugute.
Grade an Tischen mit 6 oder weniger Spieler wird dieses System jedoch wieder relativiert. Da es schon ausreicht, die Blinds zu posten um für Treuepunkte in einer Hand berechtigt zu sein, sind auch tighte Spieler vergleichsweise häufig automatisch an einer Hand beteiligt, obwohl sie ihre Hand einfach passen.
3. Full Contributed-Rake
Das Modell der Full Contributed-Rake verteilt Treuepunkte nach einem sehr einfachen Prinzip: Jeder Spieler erhält in jeder gerakten Hand Treuepunkte, die genau proportional zu seinem Einsatz sind. Entsprechend dem Anteil, den ein Spieler zum Pot beigetragen hat, erhält er am Ende die Treuepunkte.
Dieses Modell ist rechnerisch betrachtet mit Sicherheit das fairste aller Modelle. Spieler die viel Umsatz generieren werden entlohnt und Free-Rider an den Tischen erhalten fast nichts. Für tighte Spieler ist dieses Modell selbstverständlich deutlich schlechter als die vorigen beide Modelle, wohingegen aggressive, aktive und loose Spieler am besten entlohnt werden.
Inzwischen wird das Modell der Full Contributed-Rake-Berechnung von den meisten Seiten eingesetzt.
4. Essence-Rake
Bisher bietet nur ein Anbieter das Essence-System an: Das onGame-Netzwerk. Dieses funktioniert ähnlich wie das Modell der Full Contributed-Rake, allerdings werden die verteilten Treuepunkte zusätzlich mit einem Multiplikator versehen, der für jeden Spieler von seinen bisherigen Ergebnissen und seinem Gegner in der betreffenden Hand abhängt. Die genauen Multiplikatoren sind nicht öffentlich zugänglich, so dass dieses System von onGame äußerst intransparent ist. Sicher ist, dass bei diesem System erfolgreiche Spieler zusätzlich benachteiligt werden, da sie einen tendenziell niedrigen Multiplikator erhalten, während schwache Spieler mit einem hohen Multiplikator belohnt werden.
Dieses Rake-Modell ist für jeden halbwegs professionellen Spieler indiskutabel, da erfolgreiche Spieler hierbei systematisch benachteiligt werden, egal wie viel Rake sie generieren.
Vergleich der Systeme an einem Beispiel
Mit einem wenig Rechenaufwand kann man alle Modelle vergleichen. Wir haben eine Grundmenge von 18.500 Händen an einem $0,50/$1,00 6-Max-NL-Tisch genommen. Über diese Hände spielte der Protagonist einen 19/17-Stil – war also nicht zu tight, aber noch keineswegs so loose wie einige der Gegner an den Tischen.
Für jede Hand kann man nun nach jedem Modell ausrechnen, wie viel Rake einem die Poker-Seite zugestanden hat – also als Berechnungsgrundlage für die Treue-Punkte galt. Dabei wurde mit den bislang handelsüblichen 5% Rake bei $3 Cap gerechnet.
Modell | Zugrundeliegende Rake |
Dealt-Rake | $727,90 |
Simple-Contributed | ~$670 |
Full-Contributed | $623,20 |
Essence | $440 – $650 |
Für das Essene-Modell mussten die Multiplikaktoren geschätzt werden – diese Zahlen sind also reichlich ungenau.
Die berechnete zugrundeliegende Rake hat übrigens nicht viel mit der tatsächlich gezahlten Rake zu tun, da tatsächliche Rake-Zahlungen nur stattfinden, wenn ein Pot gewonnen wird, aber Treuepunkte in jedem der Modelle auch vergeben werden, wenn ein Pot verloren wird.
Es zeigt sich allerdings, dass in dem Fall der zugrundeliegenden Hand-Menge dem Spieler über das Dealt-Modell knapp 17% mehr Rake (und entsprechend so viel mehr Treue-Punkte) zugesprochen werden, als über ein Full-Contributed-Modell.
Welche Poker-Seite bietet welches Modell an?
Seite | Modell |
888Poker | Full Contributed |
Bodog | Full Contributed |
Cake | Dealt |
Everest | Dealt |
iPoker | Simple Contributed (bis Ende Februar 2012) Full Contributed(ab März 2012) |
Merge | Full Contributed |
Microgaming | Full Contributed |
onGame | Essence |
PartyPoker | Full Contributed |
PokerStars | Full Contributed |
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 12.02.2012.