Was ist Fold-Equity eigentlich, wie rechnet man diese aus und wie viel bringt einem diese am Tisch? Etwas Mathematik, viele Beispiele und einen Rechner gibt es hier.
Was ist Fold-Equity eigentlich?
Mit Fold-Equity bezeichnet man die schlicht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gegner auf einen Bluff foldet. Der Begriff “Equity” wird hierbei verwendet, da ein Semi-Bluff (z.B. ein Raise mit einem Flushdraw) durch die Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner foldet, an Wert gewinnt.
Ein einfaches Beispiel
Schauen wir uns zunächst ein einfaches Beispiel an: Ein Spieler callt preflop mit A J einen Raise in Position und spielt Heads-Up gegen einen Gegner. Der Flop kommt K 9 2 . In der Mitte liegen $100 und der Gegner setzt $80. Unser Protagonist callt und der Turn kommt 6 . Der Gegner checkt, im Pot liegen $260 und unser Protagonist hat noch $200 im Stack. Diese stellt er als Semi-Bluff All-In.
Er kann nun auf zwei Arten gewinnen – entweder sein Gegner foldet oder sein Gegner callt und der River bringt ein drittes Herz. Wenn unser Protagonist gecallt wird, hat er nur 9 Outs1 und damit ungefähr 20 Prozent Gewinnwahrscheinlichkeit (auch “Equity” genannt). Das klingt zunächst nicht nach sehr viel, doch arbeitet diese Gewinnwahrscheinlichkeit Hand in Hand mit der Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner eine Hand wie TT oder 88 foldet. Man kann ausrechnen, dass der Gegner nur in 21 Prozent der Fälle eine bessere Hand folden muss, damit ein All-In auf dem Turn profitabel wird. Wie genau man dies ausrechnet, wird dieser Artikel zeigen.
Wie rechnet man Fold-Equity aus?
Zunächst definiere ich die benötigten Größen:
s: Effektiver Rest-Stack
e: Equity (Gewinnwahrscheinlichkeit) falls der Gegner die Bet oder den Raise callt.
b: Falls der Gegner bereits eine Bet gebracht hat und man als (Semi)-Bluff raist, gibt b die Höhe der Bet an, ansonsten ist b Null.
f: Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner auf den (Semi)-Bluff foldet – die Fold-Equity.
Im Folgenden gehe ich immer davon aus, dass unserer (Semi)-Bluff ein All-In-Zug ist.
Wenn der Gegner auf das All-In foldet, beträgt der Gewinn den Betrag im Pot, plus die eventuelle Bet, die er bereits getätigt hat:
Wenn der Gegner callt, ist der Gewinn (bzw. Verlust) davon abhängig, wie groß die effektiven Stacks sind, wie groß die eigene Equity ist und wie viel im Pot ist. Die Formel dafür sieht so aus:
Der Fall, dass der Gegner foldet tritt mit der Wahrscheinlichkeit f ein, der Fall dass er nicht foldet entsprechend mit der Wahrscheinlichkeit 1 – f.
So ergibt sich für den Erwartungswert eines Bluffs folgende Formel:
Nun interessiert uns, wie groß die Fold-Equity f sein muss, damit der Erwartungswert größer als Null ist. Dafür stelle man obige Formel einfach nach f um, um die mindeste Fold-Equity für einen profitablen Push:
f > ( ( e * ( p + 2 * s ) – s ) / ( e * p ( p + 2 * s ) – s – b – p )
Dies gibt die minimale Fold-Equity an, die man benötigt, damit ein (Semi)-Bluff profitabel wird. Diese Formel sieht etwas monströs aus und kaum einer wird eine solche Formel auf die Schnelle im Kopf lösen können. Dafür gibt es aber unseren Fold-Equity Rechner.
Ein paar konkrete Bluff-Beispiele
Die folgenden Beispiele sind eher instruktiver Natur, um zu zeigen, wie man die benötigte Fold-Equity ausrechnet und wie viel Fold-Equity man in gewissen Situationen benötigt. Dies muss nicht unbedingt heißen, dass ein All-In-Bluff in allen Beispielen die korrekte oder beste Spielweise ist.
Beispiel 1 – Straightdraw auf dem Flop
Auf einem J 10 2 -Flop hat Spieler A 9 8 und nur einen Gegner, der bereits gecheckt hat. Im Pot sind $100 und Spieler A hat noch $150 über, sein Gegner hat mehr. Spieler A hat einen Straightdraw mit 8 Outs und damit ungefähr 32% Equity auf dem Flop. Setzt man p = 100, s = 150, e = 0,32 und b = 0 in obige Formel ein, kann man ausrechnen, dass Spieler A nur 18% Fold-Equity benötigt, damit er der auf dem Flop profitabel bluffen kann. Das heißt, wenn sein Gegner in etwas mehr als einem von fünf Fällen eine bessere Hand foldet, hat ein Bluff einen positiven Erwartungswert.
Beispiel 2 – Flushdraw auf dem Turn
Spieler A callt einen Preflop-Raise mit 5 4 in Position. Sein Gegner setzt den J 7 9 -Flop. Spieler A callt. Turn: A . Es liegen $70 in der Mitte und der Gegner spielt $40. Spieler A hat noch einen Stack von $160, sein Gegner hat ihn gecovert. Mit seinem Flushdraw hat Spieler A etwa 20% Gewinnwahrscheinlichkeit und bekommt nicht die richtigen Odds, um die Bet zu callen. Aber womöglich hat sein Gegner selbst keine gute Hand und muss auf einen All-In-Raise folden.
Setzt man in obige Formel die Werte p = 70, s = 160, e = 0,20 und b = 40 ein, sieht man, dass der Gegner in circa 43 Prozent der Fälle folden muss, damit ein All-In-Raise profitabel ist.
Beispiel 3 – Gutshot auf dem Flop
In diesem Beispiel callt Spieler A eine 3-Bet mit J 10 vor dem Flop in Position. Der Flop gibt ihm einen Gutshot: A Q 7 . Sein Gegner spielt $160 in einen $230-Pot an. Spieler A hat noch $890 übrig, sein Gegner hat ihn abermals gecovert. Ein All-In als Bluff-Raise auf diesem Flop kann den Gegner wahrscheinlich davon überzeugen, Hände wie 99 oder Qx zu folden. Wird Spieler A gecallt, hat er immernoch 4 Outs und damit eta 16 Prozent Equity. Nach obiger Formel benötigt er knapp 60% Fold-Equity, damit ein All-In profitabel wird.
Beispiel 4 – 5-Bet-Bluff vor dem Flop
Etwas, das online inzwischen sehr häufig vorkommt, sind Raise-Schlachten vor dem Flop. Folgendes Beispiel dazu: Ein sehr aggressiver Spieler raist beim $5/$10 NLH aus dem Cut-Off auf $25, Spieler A bringt mit A 3 eine 3-Bet auf $90 aus dem Small Blind. Sein Gegner bringt darauf eine kleine 4-Bet auf $190. Da viele Spieler solche kleinen 4-Bets als Bluff bringen, kann sich Spieler A durchaus eine gewisse Menge Fold-Equity ausrechnen, wenn er All-In geht. Wird er gecallt, kann er mit seinem Ass immerhin noch circa 30% Equity erwarten.
Die Größen für obige Formel sind in diesem Fall (wenn beide Spieler einen $1.000-Stack haben): p = 190, b = 100, s = 910, e = 0,3. Daraus ergibt sich, dass Spieler A eine Fold-Equity von 51% benötigt, damit er hier profitabel bluffen kann.
Fold-Equity Rechner
Leider ist es etwas mühsam die Fold-Equity während des Spiels auszurechnen, aber zumindest abseits des Tisches kann diese Rechnung nachvollzogen werden. Am einfachsten geht das mit unserem » Fold-Equity Rechner, der aus den gegeben Größen die benötigte Fold-Equity bestimmt.
1 Hin und wieder hat der Gegner ein Set, dann hat man nur 7 Outs. Dafür hat der Gegner aber hin und wieder auch eine Hand wie KQ, gegen die der Protagonist 12 Outs hat. Den Fall, dass der Gegner das All-In mit einer schlechteren Hand als Top-Pair callt, ignoriere ich der Einfachheit halber.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.04.2016.