Seit gestern ist die neue Version des Pokertracker offiziell auf dem Markt und auf den ersten Blick kann man sich nur begeistert zeigen. Die Entwickler haben mit dem Pokertracker 4 ganze Arbeit geleistet und eine neue Dimension des Internetpoker erschlossen, doch haben sie den Pokerspielern damit auch einen Gefallen getan?
Kollege Arved Klöhn hat in seinem gestrigen Artikel und auch schon im März nach Erscheinen der Beta-Version ausgiebig davon berichtet, welche Wunderdinge diese Software zu leisten imstande ist, und tatsächlich wird niemand bestreiten, dass hier ausgezeichnete Arbeit geleistet wurde.
Nüchtern betrachtet, bedeutet der Pokertracker 4 aber zunächst nur eins. Wer im Internet profitabel pokern will, kommt um dieses Programm nicht herum, und das gilt schon ab recht niedrigen Limits wie NL50. Mithilfe des unverzichtbaren Programms entstehen geradezu gläserne Spieler, noch mehr Entscheidungen (vor allem vor dem Flop) werden durch die statistischen Vorgaben automatisiert und dadurch wird eine neue Definition von Spielstärke kreiert.
Sicher, Trackingsoftwares gab es schon länger und auch der Hold’em Manager soll hier nicht unerwähnt bleiben, doch die automatischen Notizen, die der Pokertracker 4 anfertigt, gehen über das hinaus, was der Pokerspieler wahrzunehmen imstande ist bzw. als Informationen überhaupt erhält. Waren früher Urteilsvermögen und Intuition gefragt, sind seit Pokertracker 4 mehr denn je Datenverwaltung und Dateninterpretation relevant.
Auch für die schwachen Spieler ist der Pokertracker 4 keine gute Neuigkeit. Sie gehen nun (ohne zu wissen, warum) noch schneller Pleite, da ihre Fehler noch offener zu Tage treten, und verlieren deshalb eventuell noch eher die Lust, ihr Geld unter die kreisenden Tracking-Geier zu verteilen. Übrig bleiben am Ende eines beschleunigten Darwinismus besagte Geier, die sich ihr Abendbrot dann untereinander suchen müssen, weil die vielzitierte Gattung Fisch längst ausgestorben ist.
Profitieren wird auf Dauer von Pokertracker 4 vor allem der Hersteller. Wer mithalten will, muss ihn kaufen – die potentiellen Gewinne im Internet werden dadurch aber langfristig nicht größer, sondern eher geringer.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 26.07.2012.