Letzte Woche stellten wir unsere Leser vor vier Fragen nach der richtigen Strategie bei Spin-And-Go-Turnieren. Diese Woche wollen die Fragen so gut es geht auflösen und uns so der richtigen Spielweise bei diesen Turnieren mit sehr kleinen Stacks und schnell steigenden Blinds nähern.
Die Ausgangssituation
Wir haben uns für ein $5 Spin-And-Go angemeldet. Hierbei treten drei Spieler gegeneinander an und der Preispool wird zufällig bestimmt. Er kann zwischen 10 Dollar und einer Million Dollar liegen. Bei uns blieb das Rad auf $20 stehen und da es sich um Winner-Takes-All-Turniere handelt, müssen wir schon Erster werden, um den Preis zu bekommen.
Jeder Spieler startet mit 500 Chips (25 Big Blinds) und die Blinds steigen alle 3 Minuten. Unsere Mitspieler haben wir bis dato noch nie gesehen und entsprechend keine Ahnung, wie sie spielen.Wie spielen wir in folgenden Situationen?
1. Siebenen am Anfang
Wir sind am Button in der allerersten Hand. Die Blinds sind 10 / 20 und wir halten 7 7 und erhöhen auf t50. Der Big Blind callt. Im Pot liegen t110 und der Flop kommt 9 6 2 und es wird zu uns gecheckt. Was machen wir?
Das wollten unsere Leser machen:
Checken | 6% |
t60 setzen | 73% |
t100 setzen | 21% |
Hier ist die richtige Antwort sehr einfach gefunden: Wir setzen in etwa halben Pot, also einen Betrag zwischen 50 und 70 Chips.
Warum? Wir haben mit den Siebenen hier in der Regel die beste Hand und wollen von schlechteren Händen Chips bekommen. Der Big Blind könnte uns problemlos mit einer schwächeren Hand – zum Beispiel A 6 oder 5 5 callen. Gleichzeitig wollen wir dem Big Blind keine kostenlose Karte schenken, wenn er eine oder zwei Overcards hat.
Allerdings ist es übertrieben, hier Pot zu setzen. Zum einen ist unsere Hand nicht so stark und mit einer Bet in dieser Höhe isolieren wir uns gegen die Range, die uns geschlagen hat. Zum anderen sind die effektiven Stacks äußerst klein. Wenn wir hier t100 setzen und der Big Blind callt, liegen 310 Chips in der Mitte und wir haben noch 350 Chips in der Hinterhand – ein sehr ungünstiges Stack-zu-Pot-Verhältnis mit einer Hand, die eigentlich gerne zum Showdown möchte, ohne All-In zu sein. Deswegen ist eine kleinere Bet besser.
2. Widerstand!
Nachdem wir in voriger Hand auf dem Flop t60 gesetzt haben, erhöht der Big Blind auf t120. Was nun?
Das wollten unsere Leser machen:
Fold | 43% |
Call | 18% |
All-In | 39% |
Die Lager hier sind gespalten – ein Teil unserer Leser glaubt dem Big Blind nicht und geht all-in, der andere Teil hat Schiss und foldet.
Ohne Reads auf den Gegner (und diese haben wir in der ersten Hand eines Spin-And-Gos bestimmt nicht) ist der Weg des Schissers fast sicher der bessere.
Ja, es ist möglich, dass wir gegen einen aggressiven “Donk” spielen, der nur zufällig auf die Knöpfchen drückt – schließlich spielen wir hier ein 5-Dollar-Turnier – und es ist möglich, dass unsere Siebenen hier die beste Hand sind.
Aber es ist eben so gut möglich (und wahrscheinlicher), dass unser Gegner uns hier sehr deutlich geschlagen hat.
Wir haben bislang 110 Chips investiert und haben nach einem Fold immer noch einen gesunden Stack, weswegen es das sinnvollste ist, dem Gegner einfach zu glauben und die Hand aufzugeben.
Der Call ist übrigens die schwächste aller Optionen. Nach einem Call lägen 350 Chips in der Mitte, wir hätten noch 330 Chips übrig und unser Gegner hätte die Initiative auf dem Turn. Nur wenn unser Plan ist, auf quasi jedem Turn ein All-In zu callen, ist ein Call auf dem Flop überhaupt sinnvoll, ansonsten verschenken wir hier Chips. Aber es gibt überhaupt keinen Grund, in der ersten Hand gegen einen unbekannten Gegner so Harakiri zu spielen.
3. Mäßig Gutes im Small Blind
Eine Weile später im Turnier liegen die Blinds bei 20/50, wir haben noch 410 Chips und sitzen im Small Blind. Der Button foldet, wir halten J 7 und der Spieler hinter uns hat über 800 Chips. Was tun?
Das wollten unsere Leser machen:
Fold | 22% |
Call | 6% |
Raise auf t100 | 5% |
Raise auf t150 | 4% |
All-In | 63% |
Schließen wir zunächst ein paar Optionen aus: Wir haben nur 8 Big Blinds und keine Position, also werden wir hier nicht callen oder kleine Raises bringen. Es ist nicht unser Ziel, hier noch postflop Poker zu spielen.
Wir gehen entweder all-in, um die Blinds zu stehlen oder folden.
Es ist bei Turnieren dieser Art eine sehr häufige Situation, dass man im Small Blind sitzt, zu einem gefoldet wurde und man entweder all-in gehen oder folden sollte.
Eine gute Stütze, wann man mit welchen Händen bedenkenlos (und profitabel) all-in gehen kann, sind die sogenannten Sklansky-Chubukov-Tabellen.
Diese funktionieren nach einem einfachen Muster: Man tut so, als würde der Big Blind die eigene Hand kennen und als würde der Big Blind nur genau dann ein All-In callen, wenn seine Hand besser ist. Dann rechnet man einfach aus, ob man mit der eigenen Hand unter diesen Bedingungen profitabel pushen könnte.
Wenn man profitabel pushen kann, wenn die Big Blind die eigene Hand kennt, dann wird man erst recht profitabel pushen können, wenn er die Hand nicht kennt.
Für unsere Hand hier (Bube-Sieben-suited) ist ein All-In nach Sklansky-Chubukov genau dann profitabel, wenn es weniger als 8,6 Big Blinds kostet. Da wir nur 8 Big Blinds haben, ist das All-In also definitiv der beste Zug.
Wie genau diese Tabellen funktionieren, haben wir unter Korrektes Pushen nach Sklansky-Chubukov erklärt.
4. Der geht ja all-in?!
In den letzten Händen hatten wir ein wenig Glück, konnten einen Spieler eliminieren und sind nun im Heads-Up mit 1.000 zu 500 Chips in Führung. Bei Blinds von 40/80 sitzen wir im Big Blind und der Small Blind (der bislang halbwegs vernünftig spielte) geht all-in. Wir halten K 4 und …?
Das wollten unsere Leser machen:
Call | 28% |
Fold | 72% |
Schauen wir uns zunächst einmal unsere Pot-Odds an. Wir müssen 420 Chips nachzahlen, um insgesamt 1.000 Chips zu gewinnen. Sprich: wir brauchen nur 42% Equity (Gewinnwahrscheinlichkeit), um hier profitabel callen zu können.
Unser Gegner hat einen Stack von 500 Chips, was 6,25 Big Blinds entspricht. Ein halbwegs vernünftiger Spieler geht mit so einem Stack äußerst liberal all-in.
Schauen wir uns einmal an, welche Equity wir gegen verschiedene Ranges haben:
Man sieht, dass wir mit König-Vier dann profitabel callen können, wenn unser Gegner mit mindestens der Hälfte seiner Hände all-in geht.
Das ist mehr als wahrscheinlich, tatsächlich dürfte unser Gegner hier mit deutlich mehr Händen all-in gehen.
Im Buch “Mathematics of Poker” haben Bill Chen und Jerrod Ankenman eine optimale Push-Bot-Strategie durchgerechnet. Nach dieser kann man im Heads-Up mit bis zu 9 Big Blinds ein All-In mit König-Vier-Offsuit profitabel callen – gegeben, dass der Gegner nach der selben optimalen Pushbut-Strategie spielt.
Mehr zu » Pushbot-Tabellen nach Equilibrium-Strategien.
Nur wenn der Gegner in obiger Hand bislang den Eindruck gemacht haben sollte, sehr tight (und damit zu tight) zu spielen, kann man über einen Fold nachdenken. Aber man sollte sich auch darüber im klaren sein, dass König-Vier beim Spiel mit effektiv 6 Big Blinds eine vergleichsweise starke Hand ist und man den Gegner einlädt, einen herumzuschubsen, wenn man so starke Hände routinemäßig foldet.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 28.01.2015.