Könige sind beim Texas-Hold’em die zweitbeste Hand und jeder Spieler freut sich über sie. Aber dann und wann rennt man damit in Asse. Lässt sich das vermeiden?
Dieser Artikel soll der populär-strategischen Frage nach den Preflop-Folds von Königen beim Poker nachgehen und gibt eine einfache und eindeutige Antwort: Nein, wir folden unsere Könige nicht.
Wieso und warum, erklären wir nun:
1. Die haben ohnehin (fast) nie Asse
Angenommen, wir spielen No-Limit-Hold’em und haben Könige. Wie groß ist die nackte Wahrscheinlichkeit, dass einer unserer Gegner Asse hat?
Haben wir nur einen Gegner, kann dieser genau 50 * 49 / 2 = 1.225 mögliche Kombinationen auf der Hand haben. Davon sind 6 Kombinationen Asse. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit dass der eine Gegner Asse hat, liegt bei 6 / 1.225 = 0,5 Prozent – reichlich niedrig.
Bei mehr Gegnern erhöht sich diese Wahrscheinlichkeit. Sind es fünf Gegner, liegt sie bei 2,4 Prozent und bei 9 Gegnern bei 4,3 Prozent.
Sprich: Selbst an einem vollen Tisch mit 10 Mitspielern sind unsere Könige in rund 22 von 23 Fällen die beste Starthand.
De facto kann man sich nie so sicher sein, dass grade genau jetzt dieser eine von 23 Fällen eingetreten ist. Man kann sich nicht sicher genug sein, dass ein Gegner Asse hat und deswegen ein Fold von Königen der richtige Zug ist.
Ohne Frage, es kommt dann und wann vor, dass man mit Königen in Asse rennt. Man bekommt im Schnitt alle 221 Hände Könige und an einem Full-Ring-Tisch rennt man damit in 4,3% aller Fälle in Asse. Das heißt – wenn man sie nie vor dem Flop foldet – läuft man im Schnitt an einem Full-Ring-Tisch alle 5.100 Hände mit Königen in Asse.
Da führt kein Weg dran vorbei, aber das macht auch nichts, denn oft genug haben die Gegner eben keine Asse, sondern Damen, Ass-König oder eine andere Hand, die von Königen krass dominiert wird.
2. Und selbst wenn sie Asse haben…
Schauen wir uns ein lebenspraktisches Beispiel an und rechnen ein wenig mit Pot-Odds und Wahrscheinlichkeiten rum:
Wir haben beim €1/€2 No-Limit-Hold’em mit Königen am Cut-Off einen Raise auf €6 gebracht, hinter uns bringt der Spieler am Button eine 3-Bet auf €17 und die Blinds folden zu uns. Wir bringen jetzt eine 4-Bet auf €38 und nun geht unser Gegner für weitere €162 all-in.
Was hat unser Gegner und sollten wir unsere Könige folden?
Erst mal nachrechnen!Wir können uns sehr sicher sein, dass unser Gegner Asse haben kann, keine Frage – immerhin bringt er eine 5-Bet-All-In. Aber er kann eventuell auch noch andere Hände haben.
Schauen wir uns zunächst unsere Pot-Odds an: Wir müssen €162 zahlen, um rund €400 (Pot inklusive Blinds, abzüglich Rake) zu gewinnen. Das heißt, wir brauchen eine Gewinnwahrscheinlichkeit von mindesten 41%, um hier profitabel callen zu können.
Gegen Asse haben wir grade mal 18%, das reicht also nicht ganz. Aber gegen Damen hätten wir 82% Gewinnwahrscheinlichkeit, gegen Ass-König immer noch 69%. Im Schnitt haben wir damit gegen die Hände, die keine Asse sind, eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 75%.
Daraus folgt1, dass wir einen profitablen Call haben, wenn der Gegner in grade mal 40% aller Fälle keine Asse auf der Hand hat.
Wir wissen schon, dass sich die sechs Ass-Ass-Kombinationen mit Sicherheit in der Range des Gegners befinden. Wenn nur vier oder mehr Kombinationen einer anderen Hand vertreten sind, haben wir einen profitablen Call.
Es gibt insgesamt schon allein 18 Kombinationen von Ass-König oder Damen, die unser Gegner haben könnte. Unser Gegner muss also nur in 4 von 18 Fällen auf die Idee kommen, mit Ass-König oder Damen all-in zu gehen, und schon haben wir einen profitablen Call, auch wenn er immer mit Assen das All-In bringt.
Sprich: Selbst wenn wir uns vergleichsweise sicher sind, dass unser Gegner Asse hat, sollten wir Könige trotzdem preflop nicht folden. Denn: Schon wenn nur ein paar wenige andere Hände dann und wann in seiner Range sind, bekommen wir die richtigen Odds.
3. Man muss sich preflop nicht in zu komplizierte Situationen bringen
In der Regel manövrieren sich Spieler aus Unachtsamkeit oder weil sie sie nicht einmal einen halben Spielzug voraus denken, in die unangenehme Situation Könige überhaupt vor dem Flop folden zu wollen.
Siehe die Hand aus obigem Punkt zwei. Der Spieler bringt mit Königen eine 4-Bet und stellt ein knappes Fünftel seines Stacks in die Mitte. Wer das tut, sollte sich im Vorfeld dessen bewusst sein, dass er jetzt mit seinen Königen bis zum (eventuell bitteren) Ende gehen muss.
Bitte nicht die Könige verbrennen!Hat man so große Angst vor Assen bei einem Gegner, sollte man schon preflop den Pot eher klein halten und sich nicht unnötig der Gefahr aussetzen, vor einem gefühlt unbequemen All-In zu stehen.
Gegen 19 von 20 Gegnern hat man ohnehin nichts dagegen, wenn preflop der Stack mit Königen rein geht. Spielt man aber ausgerechnet gegen den einen quietsche-tighten Gegner, der nur einmal pro Tag überhaupt eine 3-Bet bringt, sollte man sich genau überlegen, ob man mit seinen Königen wirklich einen weiteren Raise bringen will, oder ob es nicht wesentlich profitabler und sinnvoller ist, die Setzrunde mit einem Call abzuschließen.
Also: Spielt man gegen den einen Gegner, gegen den man Bauchschmerzen mit Königen hat, bitte nicht den Pot preflop aufblähen!
4. So blöd kann man sich gar nicht fühlen
Wer immer noch meint, Könige vor dem Flop folden zu können, sei das Gütesiegel seines erstklassigen Spielers, schaue sich bitte folgendes Video der WSOP 2009 an:
Mit Königen in Asse rennen, ist ein reichlich undankbares Ereignis, aber immerhin klopft einem danach jeder auf die Schulter und sagt: “Da konntest du nichts machen!”
Wenn man aber Könige foldet und damit falsch liegt, wird dies einen horrend negativen Eindruck machen – auf die Mitspieler und vor allem auf einen selbst.
Stell dir vor, du foldest Könige, denkst du hättest den Fold des Jahres gemacht und dein Gegner zeigt dir danach Buben. Für die nächsten Stunden wirst du an nichts anderes mehr denken können, als die vielen Chips, die du eigentlich schon gewonnen hattest, aber aus Feigheit liegen gelassen hast.
Das dürfte wohl so ziemlich das schlechteste Gefühl sein, mit dem man am Pokertisch sitzen kann.
Ein Tipp am Rande: Wenn man schon unbedingt Könige preflop folden will, sollte man diese niemals zeigen. Damit gibt man den Mitspielern nur das krasse Signal: “Hey, bei mir könnt ihr stehlen, ich wehre mich garantiert nicht!” In Folge werden die Gegner über einen einfach nur so herfallen.
5. Und manchmal ist es doch völlig korrekt, Könige zu folden
Zum Abschluss eine Situation, in der es eben doch völlig korrekt ist, Könige zu folden. Aber diese Situation ist so spezifisch, dass sie nur in den allerwenigsten Fällen zutreffen wird.
Angenommen, wir spielen ein Satellite bei dem drei Pakete ausgespielt werden. Platz vier geht leer aus. Es sind noch vier Spieler im Turnier und wir sind zweitgrößter Stack. Es gibt einen Big-Stack und zwei Shorties. Geht nun der Big-Stack all-in, sollten wir tatsächlich unbedingt unsere Könige folden. Dabei spielt es nichtmal eine Rolle, welche Range unser Gegner haben könnte und tatsächlich wäre es sogar korrekt Asse in diese Situation zu folden.
Dies liegt an der speziellen ICM-Situation bei Satellite-Turnieren und daran, dass in Turnieren doppelt so viele Chips lange nicht doppelt so viel wert sind. Mehr dazu in Beispiel 3 des Artikels » ICM bei Pokerturnieren.
Fazit
Abgesehen von der äußerst speziellen Situation in Punkt 5 spricht praktisch nie etwas dafür, Könige für dem Flop zu folden.
Klar, es mag Ausnahmen geben, wenn man mit weit mehr 100 Big Blinds im Cashgame sitzt oder gegen einen extrem tighten Gegner antritt. Aber selbst dann kann und sollte man es vermeiden, überhaupt in die Gelegenheit zu kommen, dass man über einen Fold nachdenken muss. Sprich: Man sollte seine Gegner nicht so sehr unter Druck setzen, dass sie nur noch mit Assen weiterspielen wollen.
Aber in den allermeisten Fällen ist es völlig korrekt, Könige vor dem Flop genauso wie Asse zu behandeln und einem Preflop-All-In sollte man wohlgemut zustimmen.
An einem Full-Ring-Tisch läuft man im Schnitt alle 5.100 Hände in Asse. An einem 6-Max-Tisch immerhin noch alle 9.100 Hände. Das passiert eben und da kann man nichts gegen machen. Dafür trifft mit der gleichen statistischen Häufigkeit mit Assen auf Könige. Das ist doch ausgleichende Gerechtigkeit!
Einen großartigen Pokerspieler zeichnet nicht aus, dass er diese eine von 5.100 Situationen vermeiden kann, sondern dass er in den 5.099 anderen Situationen die bestmöglichen Entscheidungen trifft. Könige folden gehört einfach nicht dazu.
Einen ebenfalls ausführlichen Artikel zu diesem Thema hat Villains_Hero vor mehreren Jahren bei uns veröffentlicht: » Kann man Kings im Cashgame folden? und » Teil 2
1 Mit ein wenig Mathematik: 75% * x + 18% * (1-x) > 41%
x: Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner keine Asse hat
» umstellen nach x
x > 40%
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.04.2016.