Vor einigen Wochen kam heraus, dass Daniel Negreanu und Antonio Esfandiari bei Choice Center aktiv sind. Auf der Website der Organisation prangen deren Gesichter und Negreanu macht mittlerweile in seinem Videoblog und in Interviews mehr oder weniger offen Werbung für die Organisation. Was steckt dahinter und wie gefährlich sind Zusammenschlüsse wie das Choice Center?
USA vs. Deutschland
Grundsätzlich ist bei uns in Deutschland die Toleranz gegenüber Organisationen wie Scientology, Choice Center und anderen sektenähnlichen Organisationen wesentlich geringer ist als in den USA. Aus dem Selbstverständnis der USA heraus wird die Glaubensfreiheit traditionell großgeschrieben, immerhin sind viele Vorfahren der Amerikaner Glaubensflüchtlinge aus Europa. Von daher ist es wichtig zu verstehen, dass Daniels Fürsprache in den USA keine große Sache ist.
Choice Center und die Pokercommunity
So weit, so gut. Was macht Choice Center eigentlich? Im Wesentlichen zahlen in dieser “Leadership University” Menschen Geld und besuchen Kurse zur Verbesserung ihrer Persönlichkeit. Diese Menschen werben dann wiederum andere, die ihrerseits Geld bezahlen. Die Werbung wird recht aggressiv betrieben, auf der Website von Choice Center sind der kostenpflichtige Enroll-Button und der Donate-Button die prominentesten Links.
In der Organisation gibt es – wie bei Scientology – unterschiedliche Level, die man erreichen kann, indem man kostenpflichtige Seminare besucht und andere Menschen wirbt. Die billigsten Kurse kosten über 2.500 Dollar, angeblich kosten die teuersten Kurse mehrere hunderttausend Dollar. Böse Zungen bezeichnen Choice Center trotz der hohen Preise auch als “Scientology für Arme”.
Nach Informationen von donkdown.com sind auch die Pokerspieler Theo Tran, Sorel Mizzi, Gavin Smith, Erick Lindgren, David Williams, Nick Helmuth, Mike & Nick Binger, Jeff Gross, Mathew Waxman, Brian Ballsbaugh und Adam Junglen bei Choice Center aktiv.
Man kann darüber streiten ob Choice Center bei Erick Lindgren viel gebracht hat, Negreanu unterlässt aber bei fast keiner Gelegenheit, zu erwähnen, dass Antonio Esfandiari seinen spektakulären Erfolg beim Big One for One Drop kurz nach einem Seminar bei Choice-Center erzielt hat. Das ist objektiv aggressive Werbung.
Dazu hat Negreanu seine Teilnahme beim NBC Heads-Up Championship abgesagt, da er den Kurs zur Persönlichkeitsverbesserung bei Choice Center absolvieren wollte. Gerüchte besagen, dass Negreanu mittlerweile mit einer Person dort liiert ist. Das sind aber nur Gerüchte, die mit absoluter Vorsicht zu genießen sind.
Antonio Esfandiari beim Big One – Erfolg durch Choice-Center-Persönlichkeitsverbesserung?Fazit
Ohne jetzt stark zu werten: das Fischen von Rekruten für eine sektenähnliche Organisation im Pool der Pokerspieler ist grundsätzlich nicht zu befürworten. Es mag Leute geben, denen eine solche Organisation tatsächlich etwas bringt. Immer wieder gibt es aber auch ernstzunehmende Berichte von Personen, die durch solche Organisationen Schaden erlitten haben, seelischen wie finanziellen.
Nicht jeder hat das Geld und die Persönlichkeit eines Daniel Negreanu. Insofern sollte sich Negreanu mit der Werbung für eine Sache, die ihm möglicherweise viel gebracht hat, aber für andere potentiell weniger gut ist, zurückhalten. Auch bei Scientology werben Hollywood-Stars wie Tom Cruise und John Travolta und auch dort wird das Engagement weitgehend kritisch bewertet.
Ob bei Choice Center nun Gehirnwäsche mit stark ausgeprägter Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund steht, wie Kritiker immer wieder behaupten, oder nicht. Negreanu sollte sich in der Öffentlichkeitsarbeit auf Poker konzentrieren und nicht versuchen, andere zu seinem “Glauben” zu bekehren.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 13.03.2013.