PokerStrategy war und ist die größte Pokerschule im Netz und die größte deutsche Gemeinschaft von Online-Spielern. Doch der raue Wind der Marktrealität bläst dem Portal und seinen Nutzern mit erschreckender Wucht ins Gesicht. Die Deals werden schlechter, Kooperationen abrupt beendet und die Kritik der Mitglieder an der Seite wird zunehmend lauter.
PokerStrategy gibt es inzwischen seit über acht Jahren und ein Großteil der deutschen Online-Spieler haben sich bei zumindest einem Raum über diese Seite angemeldet. Schließlich gab es jahrelang ein kostenloses Startkapital, Trainingseinheiten, Feedback, Videos und eine Menge lukrative Promotionen über das Portal.
Mir persönlich scheint es zwar, dass man sich bei PokerStrategy in eine Art Kindergarten für Teens und Twens begibt, die ausnahmslos jeden Artikel mit “Fürst” kommentieren, Aussagesätze am liebsten mit dem Wort “Wie” beginnen und Frauen sofort mit einer Wertung versehen (“höchstens eine 7,5”) – sprich, ein wenig unreif sind. Aber vermutlich sind diese Mitglieder nur die laute Minorität, denn tatsächlich hat PokerStrategy im Laufe der Jahre eine Menge professioneller Spieler hervorgebracht, die äußerst erfolgreich spielen.
Doch im Laufe des Jahres hat das Portal eine Menge Attraktivität eingebüßt. Die Angebote sind spartanischer geworden, die Kooperationspartner weniger und die Kommunikation irritierender.
Ende der Kooperationen
PokerStrategy hatte lange Zeit mit fast allen größeren PokerRäumen Kooperationen und bot verschiedenste, durchaus gehaltvolle Promotionen an. Doch im letzten Jahr sind eine signifikante Anzahl der Kooperationen beendet worden.
Kurz nach der Übernahme von Full Tilt durch PokerStars wurden sämtliche alten Full-Tilt-Affiliate-Verträge gekappt. Dies betraf alle Affiliates gleichermaßen – bei PokerStrategy waren rund eine halbe Million Spieler betroffen – Spieler, die bis zum Full-Tilt-Ausfall Ende Juni 2011, einen immensen Umsatz generierten.
Im Juli 2012 verkündete PokerStrategy mit einer Frist von 4 Tagen und ohne Begründung, dass die Partnerschaft mit 888 beendet sei.
Ende 2012 war es dann PartyPoker, welches als Kooperationspartner ausfiel. Diese Aufkündigung verlief äußerst unglücklich. Im November wurde noch ein exklusiver Reload-Bonus angeboten – Code-Name: Party more, Tilt less – um möglichst viele potentielle Full-Tilt-Spieler abzugreifen. Kurz nachdem dann Party und Bwin ihre Spielerpools zusammenlegten, wurde am 28.12. mitgeteilt, dass die Kooperation mit PartyPoker beendet sei. Ob ein kausaler Zusammenhaft besteht, ist unklar, denn auch hier wurden keine Gründe genannt. Zwar erhalten die über PartyPoker angemeldeten Spieler bis voraussichtlich Ende 2015 weiterhin Strategy-Points, um ihren Status zu halten, doch finden keine Promotionen mehr auf der Seite statt.
Damit sind innerhalb eines halben Jahres drei der fünf größten internationalen Pokerseiten für PokerStrategy-Spieler ausgefallen. Um Strategy-Points zu verdienen, seinen Status zu verbessern und Zugriff auf höherwertigen Content zu haben, können die Spieler sich noch für PokerStars, iPoker, MPN, Revolution, PKR oder International entscheiden. Im internationalen Ranking liegen diese Seiten und Netzwerke auf den Rängen 1, 4, 6, 7, 12 und 13. Für Promotionen kommt nur ein kleinerer Teil dieser Anbieter in Frage – insbesondere PokerStars-Spieler nehmen nicht teil.
Eingedampfte Promotionen
Die Promotionen bei PokerStrategy waren immer eines der großen Zugpferde des Portals. Insbesondere die monatliche Top-250-Promotion war für viele Spieler Anreiz, etwas mehr zu spielen. Im Jahr 2010 wurden allein über diese Promo monatlich 100.000 Dollar an die Spieler ausgeschüttet. Hinzu kamen mehrere exklusive Rake-Races auf einzelnen Seiten, die den Spielern insgesamt nochmals über 100.000 Dollar monatlich einbrachten.
Die Top-250-Promotion wurde Stück für Stück eingedampft und ist jetzt, Stand Januar 2013, bei einer Top-100-Promo mit 25.000 Dollar Preisgeld angelangt. Zwar ist mit der GemStone-Promo ein neues Angebot hinzugekommen, das zumindest im Jahr 2012 insgesamt rund 130.000 Dollar pro Monat an Vielspieler ausschüttete, doch dürfte dieser Betrag in diesem Jahr deutlich niedriger liegen, was insbesondere an der vergleichsweise kleinen Zahl der teilnehmenden Kooperationspartner liegt.
Für die Top-100-Promo werden nur iPoker, MPN, Revolution, PKR und International berücksichtigt, für die GemStones insgesamt nur 5 Skins auf diesen Netzwerken.
Die GemStone-Promo ist ohnehin ein äußerst zweischneidiges Schwert. Zwar bekommen die Spieler für jeden Monat, den sie eine gewisse Rake erspielen, GemStones, die bis zu 10% zusätzlichem Rakeback wert sind. Doch verpflichten sich die Spieler bis zum Ende des Jahres durchzuspielen. Sobald ein Spieler in zwei aufeinanderfolgenden Monaten eine Mindestmenge Rake nicht erreicht (absolutes Minimum: $500 Rake), verfällt seine gesamte bisherige Jahresbilanz. Das kann man als Ansporn zu kontinuierlichem Spiel interpretieren. Man kann es aber auch als Hintertür von PokerStrategy verstehen, um am Ende des Jahres möglichst viele Spieler nicht auszahlen zu müssen.
Verwirrende Kommunikation
Ein Kritikpunkt, den viele Mitglieder von PokerStrategy wiederholt vorbringen, ist die kurzfristige und teilweise enorm schönende Kommunikation seitens des Portals. Dass Kooperationen beendet werden und dass angesichts eines allgemein sehr rauen Klimas im Online-Poker-Business die Promotionen kleiner werden, ist nachvollziehbar. Am Ende muss man als Nutzer trotzdem anerkennen, dass PokerStrategy immer noch einen Mehrwert bietet.
Doch werden Mitteilungen über beendete Kooperationen in der Regel fast fristlos nach dem Motto “Augen zu und durch” vollzogen und über die Gründe tappen die Spieler im Dunkeln. Das hinterlässt einen äußerst faden Beigeschmack, muss man doch davon ausgehen, dass PokerStrategy weiterhin an den bereits getrackten Spielern verdient (abgesehen vom Fall Full Tilt). Ferner ist ein Großteil des Programms von PokerStrategy und den Kooperationspartnern auf längere Frist angelegt. Vielspieler planen in der Regel ihr Volumen mit einer gewissen Vorlaufzeit und – siehe GemStones – ebendieses wird auch gefordert. Wenn sich der Anbieter nun aber das Recht nimmt, die Konditionen kurzerhand zu ändern oder gleich zur Gänze auszusteigen, fühlt man sich als Spieler im Mindesten ungerecht behandelt und muss im schlimmeren Fall auf potentielle Einnahmen verzichten.
Dass dieser Ausstieg aus Kooperationen fast immer nur einseitig erfolgen kann, tut sein Übriges zu dem Ungleichgewicht zwischen PokerStrategy und seinen Spielern. Ein Spieler kann nicht einfach aus einem Affiliate-Vertrag aussteigen. Einmal getrackt, immer getrackt.
Was ferner an der Kommunikation seitens PokerStrategy aufstößt, ist die Art und Weise mit der Verschlechterungen des Programms als Verbesserung verkauft werden. Es gehört schon eine Menge Chuzpe dazu, die Verringerung des Preisgeldes der Top-250/Top-100 Promotion von 80.000 auf 25.000 Dollar als Verbesserung zu verkaufen, da sie nun “softer” sei. Ernst genommen, fühlt sich nach so einer Ansage wohl kein Mitglied von PokerStrategy.
Es wäre wünschenswert, wenn die Seite in der offiziellen Kommunikation hin und wieder das Visier offen ließe und den Mitgliedern auf Augenhöhe begegnete. Wenn die vormaligen Ansprüche der Realität nicht mehr entsprechen, sollte man zumindest so ehrlich sein, die Realität nicht umzudichten.
Ein wenig absurd wirkt in diesem Zusammenhang auch die Selbstdarstellung der Seite: “Der größte Affiliate-Partner aller großen Pokerräume zu sein bedeutet, dass wir die besten Deals für unsere Member aushandeln können und in der Lage sind, die Probleme zu lösen, an denen andere scheitern.” Die für Promos relevanten Seiten und Netzwerke machen nur noch rund 14% des internationalen Pokermarktes aus.
Unbenommen, PokerStrategy bietet seinen Mitgliedern weiterhin einen Mehrwert und viele Vorteile. Doch steht die Gefahr ins Haus, die noch vorhandene Führungsposition in einem sich konsolidierenden Markt zu verlieren, insbesondere wenn viele Mitglieder das Gefühl haben, von der Seite unaufrichtig behandelt zu werden und offizielle Stellungnahmen den Eindruck vermitteln, es gäbe seitens der Betreiber gar kein Problembewusstsein.
Mir (und PokerOlymp) ist es mit diesem Artikel keinesfalls ein Anliegen, das Schwert über einen unserer Konkurrenten zu brechen. Schlussendlich sind auch wir Affiliates und sitzen irgendwie im selben Boot. Dass der Markt nicht mehr boomt trifft alle Anbieter auf die eine oder andere Art und Weise. Doch wenn mit PokerStrategy die größte deutsche Spieler-Gemeinschaft mehr und mehr Missmut bei seinen Mitgliedern hervorruft und man als Außenstehender den Eindruck bekommt, dass die Seite mehr ein Getriebener als ein Moderator zwischen Spielern und Pokerräumen ist, wirft dies einen eher unheilvollen Schatten voraus. Der Goldrausch ist vorbei und wir täten alle gut daran, dies anzuerkennen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 20.01.2013.