Denken Sie an die Zeit zurück, als Sie sehr wenig über Poker wussten. Einige von Ihnen brauchen dafür vielleicht gar nicht viel Phantasie. Sie gingen ins Casino. Sie jagten starke Hände Ihre Gegner, checkten mit besseren Händen nach Ihrem Gegner und hatten keine Idee von der gegnerischen Hand.
Was haben Sie seitdem gelernt? Vermutlich alle wichtigen Grundlagen. Sie haben gelernt, ohne Position nicht mit schwachen Händen zu limpen. Sie haben (mehr oder weniger) gelernt, hohe Bets von passiven Nuts-Spielern nicht auszuzahlen. Sie haben gelernt, in Position aggressiv zu spielen. Sie haben gelernt, auf dem Flop C-Bets zu bringen und auf dem Turn eine weitere Salve abzugeben, wenn Ihr Gegner nicht viel haben kann. Sie bringen mit Ihren guten Händen Value Bets und schaffen es vielleicht gelegentlich, eine gute knappe Value Bet vom Stapel zu lassen.
Sie sind ein Erbsenzähler oder sogar ein TAG und nehmen Spielern problemlos ihr Geld ab, die keine Hände analysieren können und daher ihre mittelstarken Hände in großen Pots überschätzen. Solange Sie in recht schwachen Partien spielen, werden Sie beim Poker für den Rest Ihres Lebens ein Gewinner sein.
Leider jedoch muss ich sagen, dass Sie noch nicht sehr gut sind. Um sehr gut zu sein, müssen Sie im Internet in einer Partie mit lauter guten Spielern antreten und dabei konstante Gewinne erzielen. Natürlich meine ich damit keine riesigen Gewinne, sondern eine konstante Gewinnrate.Vielleicht denken Sie nun, „Warum zum Teufel soll ich in einer Partie mit lauter soliden Spielern antreten, um dauerhaft eine schmale Gewinnrate zu erzielen?“ Denken Sie so, sollten Sie dies ändern. Darum geht es nicht. Der Grund, ein sehr guter Spieler zu werden, besteht darin, statt des Gewinns X in einer Partie X + Y zu gewinnen, wobei Y der Profit ist, den Sie den Stammspielern abnehmen. Dieses Y erlaubt Ihnen, Ihre Bankroll schneller aufzubauen und in den Limits aufzusteigen.
Wie schaffen Sie das? Der Prozess ist recht simpel, aber mühsam. Einfach ist er, weil Sie alle fünfzehn Minuten eine Situation vorfinden, bei der Sie gegen die Spieler Ihres Schlags einen Vorteil besitzen. Doch er ist mühsam, weil Sie ständig nach diesen Vorteilen suchen müssen und sie sich bewahren müssen, um aus Ihren TAG-Kollegen das Maximum herauszuholen.
Vor allem ist es viel Arbeit. Doch wenn Sie viel Poker spielen und Ihr Ziel lautet, mehr zu gewinnen oder aufzusteigen, lohnt sie sich. Was sollten Sie also tun?
Nehmen wir zunächst eine recht verbreitete Situation. Sie spielen online an einem Tisch mit Blinds von 0,50 $/1 $ und sechs Spielern. Ein Stammspieler mit 21/17 raist aus UTG auf 3 $. Sie sind auf dem Button und callen. Die Hand soll uns erstmal nicht kümmern. Die Blinds folden.Auf dem Flop kommen A 6 2 . Ihr Gegner setzt. Kommt diese Bet unerwartet?
Nein. Dies ist ein trockener Flop mit einem Ass, bei dem viele Stammspieler mit ihrem gesamten Spektrum setzen. Schließlich haben sie aus UTG tight geraist und können „das Ass repräsentieren“.
Wie sieht es aber in Wirklichkeit aus? Angenommen, der Spieler in UTG raist aus dieser Position 13 Prozent seiner Hände. Dann sieht sein Spektrum etwa so aus:
AA-22AKs-ATs, KQs-KTs, QJs-98s, QTsAKo-AJo, KQo
Das sind 13 Prozent seiner Hände. Was glauben Sie, wie oft er mit diesem Spektrum mindestens Top Pair gefloppt hat?
Laut Flopzilla, einem kostenlosen, aber unbezahlbaren Programm, wenn Sie ein sehr guter Pokerspieler werden wollen, hat der Spieler in UTG in 31,6 Prozent der Fälle mit seinem Spektrum mindestens Top Pair bekommen. Das bedeutet, dass er in 68.4 Prozent der Fälle eine Hand hat, die er nach gegnerischem Druck vermutlich foldet.
Falls dies für Sie so langsam nach einer guten Gelegenheit für einen Bluff klingt, haben Sie es kapiert. Nehmen wir an, UTG verfolgt die sehr simple Strategie, auf dem Flop mit allen Händen eine C-Bet zu bringen (weil er es auf diesem Flop „muss“) und ohne ein Ass oder etwas Besseres anschließend aufzugeben. Dann können Sie seine C-Bet raisen und erzielen automatisch Gewinn. Vor dem Flop sind 7,50 $ im Pot. Er setzt auf dem Flop 4 $, womit 11,50 $ im Pot sind. Sie raisen mit beliebigen Karten auf 10 $. Sie riskieren 10 $, um 11,50 $ zu gewinnen. Foldet er tatsächlich in 68,4 Prozent der Fälle, ist dies extrem profitabel.
Haben Sie den Eindruck, dass Ihre täglichen Gegner auf Flops wie diesem genau so vorgehen, können Sie diese permanent raisen und automatisch Gewinn erzielen. Sie haben einen kleinen Schritt auf dem Weg zu einem sehr guten Pokerspieler gemacht. Danach finden Sie 200 weitere Situationen wie diese. Finden Sie jeden Tag zwei und machen Sie dies hundert Tage am Stück. Am Ende werden Sie ein absolutes Monster in Ihren täglichen Partien sein und Ihre Gewinnrate wird explodieren.
„Aber Ed,“ sagen Sie nun, „das klingt zwar einfach, ist es aber nicht. Raise ich auf solchen Flops immer mit Schrott, werden sich meine Gegner darauf einstellen und mich dafür bestrafen. Und dann bin ich derjenige, der Chips verschleudert.“
Nein, Nein und nochmals Nein. In dieser Denkweise stecken zwei grobe Fehler. Erstens sehen Sie Gespenster. Die meisten Spieler auf Ihrem Limit passen sich nicht so schnell an Gegner an, die Gegenmaßnahmen ergreifen. Viele spielen an 12 oder mehr Tischen und klicken alle ein oder zwei Sekunden einen Button. Glauben Sie wirklich, dass einer dieser Spieler zweimal nachdenkt, wenn er mit 88 oder KJ auf einem Flop mit einem Ass geraist wird? Nein, er foldet, und das tut er auch noch, wenn Sie dies in einem sehr kurzen Zeitraum mehrmals tun.
Zweitens sind Sie kein Roboter. Nehmen wir an, Sie werden gereraist. Wie sieht ein legitimes Reraise-Spektrum auf diesem Flop aus? Sets und vielleicht AK, oder? Eine dieser Hände hat Ihr Gegner in weniger als 15 Prozent aller Fälle. Sie werden sehr selten gereraist werden. Beginnt ein Spieler Sie zu reraisen, hat er sich vermutlich auf Sie eingestellt, und genau das sollten Sie nun mit ihm tun. Jetzt raisen Sie mit AJ und AT und werfen Ihren Schrott weg.
Meist jedoch funktioniert eine solche Spielweise, die sich am Gegner orientiert. Da Sie öfter funktioniert als fehlschlägt, machen Sie langfristig Gewinn. Erbsenzähler und TAGs LIEBEN es, zu setzen und zu folden. Gegen schlechte Spieler funktioniert diese Strategie ausgezeichnet, doch sie ist unausgewogen und ausnutzbar. Suchen Sie nach allen üblichen Situation, in denen Ihre Gegner setzen und folden, und raisen Sie. (Oder floaten Sie und bluffen, wenn der Gegner aufgibt.)
Gewiss, manchmal wird Ihnen diese Strategie um die Ohren fliegen und wenn es schlecht läuft, werden Sie sich wie ein Idiot fühlen. Doch nach 100.000 oder 200.000 Händen werden Sie vermutlich eine deutlich bessere Gewinnrate haben. Und Sie werden wissen, dass harte Arbeit Sie dorthin gebracht hat.
Steigen Sie auf und beginnen Sie, sich mit Ihren täglichen Gegnern neu auseinanderzusetzen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 13.12.2011.