Der Turn ist bei No-Limit Hold’em häufig die Setzrunde, in der die ersten hohen Bets gebracht werden. Bets auf dem Flop sind in der Regel so klein, dass man mit einer spekulativen Hand und einer Abwartetaktik callen kann. Auf dem Turn ist dies zu teuer, es sei denn, der Gegner bringt zu kleine Bets.
Auf dem Turn sind die Einsätze nicht nur ziemlich hoch, sondern sind im Grunde aufgrund des Prinzips der Hebelwirkung sogar noch teurer. Mit einem Call auf dem Turn ist man noch nicht beim Showdown, sondern nur auf dem River, auf dem man für den Showdown eventuell eine noch höhere Bet callen muss. Setzt zum Beispiel jemand auf dem Turn 150 $ seiner 500 $, teilt er damit implizit mit: „Nun kostet es 150, aber auf dem River kommen noch einmal 350 hinterher.“ Wegen dieser Möglichkeit sind Bets auf dem Turn im Grunde höher als der nominale Betrag.
In der Praxis jedoch spielen viele auf Turn und River falsch und begreifen nicht, wie die Hebelwirkung funktioniert. Im Folgenden vier Tipps, wie Sie aus den gegnerischen Fehlern auf dem Turn Kapital schlagen können.
Tipp 1. Callen Sie auf dem Turn mit Position und schwachen Händen, um abzuwarten, was auf dem River passiert.
Im ersten Absatz schrieb ich, dass eine Abwartetaktik auf dem Turn zu teuer wäre, und nun rate ich Ihnen dazu. Was gilt denn jetzt?
Abzuwarten ist wegen der Hebelwirkung zu teuer. Sie können nicht mir nichts dir nichts Bets auf dem Turn callen, wenn Ihre Gegner häufig sehr hohe und unangenehme River-Bets hinterher schieben. Der Punkt ist aber, dass die meisten Gegner auf dem River nicht gut spielen. Sie spielen in dieser Setzrunde viel zu passiv, bluffen selten und setzen nur mit sehr starken Händen. Dadurch geht die Hebelwirkung auf dem Turn fast vollständig verloren, weil Sie kaum noch Angst vor einer hohen River-Bet haben müssen. Meistens werden Ihre Gegner auf dem River checken. Setzen diese aber (zumindest wenn sie viel setzen), haben sie ein Monster und Sie können bequem folden.
Aus dieser Passivität können Sie Kapital schlagen, indem Sie mit Händen wie Paaren, die Sie zum Showdown bringen wollen, oder sogar Flush- und Straight Draws callen. Mit Paaren sollten Sie callen, wenn Sie eine gute Chance sehen, dass Ihr Gegner mit einem Draw oder einem schwächeren Paar setzt. Checkt Ihr Gegner auf dem River, checken Sie auch. Unter den gleichen Voraussetzungen können Sie auch mit Draws callen, doch bei diesen besteht die Idee darin, einen großen Bluff auf dem River zu starten, wenn Sie nicht treffen und Ihr Gegner checkt.
Wären Ihre Gegner auf dem River aggressiver, würden sich diese marginalen Calls nicht lohnen. Sie wären auf dem River schlicht zu oft zum Fold gezwungen. Passive Gegner erlauben Ihnen aber, flexibler zu agieren und sich Pots zu schnappen, die Sie theoretisch nicht gewinnen dürften.
Tipp 2. Checken Sie mit Draws auf dem Turn, wenn Sie nicht bereit sind, auf dem River noch einmal zu setzen.
Dies ist die logische Konsequenz von Tipp 1. Machen Sie nicht den Dicken auf dem Turn, wenn Sie sich auf dem River in einen Angsthasen verwandeln.
Vielleicht haben Sie schon einen Spieler jammern gehört, dass der andere ohnehin nicht gefoldet hätte. „Du hättest auf dem Turn folden müssen!“, schimpft er, nachdem er seinen Draw verpasst hat und sein Gegner einen großen Pot mit Bottom Pair eingestrichen hat.
Der Spieler, der mit Bottom Pair gecallt hat, ist vermutlich schwach und callt gern auf dem Turn, um zu sehen, ob er sich auf dem River verbessert. Traut sich der Bluffer aber nicht, auf dem River kräftig nachzulegen, folgt der schwache Spieler mit seinem Call auf dem Turn unwissentlich Tipp 1.
Aggressive Spieler setzen mit ihren Draws auf dem Turn und legen auf dem River oft noch einmal nach, wenn sie nicht treffen. Sie setzen mit Draws nicht immer auf dem Turn und auch nicht immer auf dem River, wenn dieser nicht ankommt. Sie setzen aber oft genug, um aus der Hebelwirkung Kapital zu schlagen und andere Spieler zu bestrafen, die abwartende Calls auf dem Turn machen.
Tipp 3: Checken Sie gegen Erbsenzähler mit guten Händen auf dem Turn.
Erbsenzähler spielen tight und verlieren ohne sehr starke Hand nicht ihren Stack. Außerdem verstehen sie das Prinzip der Hebelwirkung. Sind sie mit einer Bet auf dem Turn konfrontiert, betrachten sie sich die restlichen Stacks und rechnen aus, wie viel sie verlieren können, wenn es schief geht.
Fast immer folden Erbsenzähler Top Pair, wenn jemand auf dem Turn viel setzt und die Stacks noch groß sind. Gegen einen loosen oder normalen Spieler sollten Sie mit einem Monster wie einem Set in der Regel dreimal setzen, um maximalen Gewinn zu erzielen. Gegen einen Erbsenzähler jedoch sollten Sie einen Check auf dem Turn in Betracht ziehen. Geben Sie ein wenig Schwäche vor. Ihre River-Bet ist immer noch furchteinflößend, aber vielleicht ist der Erbsenzähler stark genug, um zu callen.
Übertreiben Sie diese Spielweise nicht. Große Hände verdienen große Pots und die beste Methode, um einen großen Pot aufzubauen, ist eine Bet auf dem Turn. Auf manchen Boards führt eine Bet auf dem Turn aber nur dazu, einen sehr ängstlichen Gegner zu vertreiben. In diesen Fällen ist ein Check überlegenswert.
Tipp 4. Setzen Sie auf dem Turn.
Die meisten Live-Spieler sind auf dem River zu passiv, und das Gleiche gilt auch für den Turn. Die meisten müssen lernen, auf dem Turn zu setzen.Setzen Sie, wenn jemand Ihre Conti-Bet auf dem Flop callt und auf dem Turn eine Blank kommt.Setzen Sie, wenn Sie mit einem Flush Draw auf dem Flop semiblufften und dieser auf dem Turn nicht ankommt.Setzen Sie auf dem Turn wieder, wenn Sie Top Pair floppten und ein Gegner callte.Setzen Sie, wenn Ihr Gegner auf dem Flop setzte und nun checkt.
Natürlich ist es nicht ganz so einfach, dass man immer nur setzen sollte. Doch die meisten No-Limit-Spieler setzen nicht oft genug. Versuchen Sie, in diesen Situationen (und weiteren) zu setzen, und schauen, was passiert. Sie werden vermutlich freudig überrascht sein.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.02.2011.