Doyle Brunson, oft missverstandener Promotor der Suited Connectors, erklärt in seinen Anleitungen zu No-Limit-Holdem mehrmals, dass es schwer ist, mit A-K hohe Pots zu gewinnen. Die Präsenz von Assen und Königen im Board, nach erfolgtem Preflop-Raise, reduziert die Risikobereitschaft, motiviert die Gegner zu größter Vorsicht.
Und deswegen rät er selbst zum selektiven Einsatz spekulativer Karten, wie Suited Connectors, um durch den Überraschungseffekt entsprechend teure Calls zu erzielen. Diese Pots sollten hoch genug ausfallen, dass sich die regelmäßigen Verluste, wenn sich das spekulative Blatt weder verbessert noch der Bluff funktioniert, ohne weiteres kompensieren lassen, vorausgesetzt, die aggressive Spielweise wird entsprechend geschickt eingesetzt.
Wenn wir nun von Verlusten mit A-K sprechen, so mag auch ein psychologisches Problem involviert sein. Viele Spieler verfallen dem Fehler, dass beim Anblick der, so selten verteilten, Big Slicks die Gewinnerwartung einfach zu hoch steigt. Fällt dann noch dazu ein Ass oder ein König im Flop, wird es wirklich schwer, vom Pot los zu lassen.
Kürzlich passierte folgendes im Casino von Montreal, No-Limit 5/10:
Links von mir saß Jacky, ein ziemlich tight spielender Chinese. Zwar wartet er nicht auf die Nuts um anzugreifen, doch, sobald sich sein Blatt als deutlich überdurchschnittlich einstufen lässt, ist er bereit, gutes Geld darauf zu investieren. Der Erfolg gibt ihm Recht. Langfristig betrachtet, gehört er zu den Gewinnern.
Ich saß am Button mit 10 8 . Vor mir gab es einen einzigen Limper und so entschloss ich mich zu einem Position-Raise auf 30 Dollar. Jacky, am Small Blind, erhöhte auf 80. Big Blind und der Limper passten.
Ich warf einen Blick auf die Stacks. Jacky, der gerade an den Tisch gekommen war, hatte 900 Dollar vor sich. Mein Stack lag bei 1.500. Die direkten Odds für meinen Call waren keineswegs günstig, dafür aber die Implied Odds.
Wie gesagt, Jacky war ein sehr tighter Spieler. Es entsprach keineswegs seiner Angewohnheit, aus der schlechtesten Position mit spekulativem Blatt zurückzuschlagen. Ich konnte mir ziemlich sicher sein, dass er über ein Ass mit erstklassigem Kicker oder über ein Pocket-Pair von 7x 7x aufwärts verfügte. Sobald wir von einer derartigen Annahme ausgehen können, verfügen wir über wirklich wertvolle Information.
Jacky kannte aber auch meine durchaus aggressive Spielweise. Dass hinter meinem Button-Raise und dem Call seines Reraises nicht unbedingt ein gutes Blatt stecken musste, war ihm mit Sicherheit klar.
Und dann folgte ein Flop, der Jacky scheinbar ebenso gut gefiel wie mir:
10 8 K
Kurz entschlossen, brachte er ein Bet von 300 Dollar, mehr als 50% über Potsize.
Seine Kriterien bezüglich des Preflop-Reraises in Kombination mit diesem Overbet abwiegend, zeigten sich folgende Möglichkeiten: A-A, K-K, Q-Q, J-J, 10-10, 8-8, A-K und eventuell noch K-Q. Mit K-10 hätte er vor dem Flop cold gecallt. Das konnte ich somit ebenso ausschließen wie K-8. Nachdem ich selbst 10-8 vor mir liegen hatte, war die Wahrscheinlichkeit für 10-10 bzw. 8-8 natürlich äußerst gering. Hätte er mit K-K hier wirklich versucht, mich schon am Flop zu verdrängen? Am ehesten erwartete ich A-A oder A-K. In beiden Fällen war ich deutlicher Favorit.
Warum fiel sein Einsatz aber so hoch aus? Hätte nicht Potsize oder sogar weniger völlig ausgereicht? Vermutlich wollte er mir zeigen, dass er über einen respektablen Treffer verfügte, und dass es sich keineswegs um ein gewöhnliches Continuation-Bet handelte.
Ich antwortete mit einem All-in.
Ich wollte ihn nicht verdrängen. Ich wollte seinen Call. Und was musste er in meiner Hand erwartet haben?
Von einem Glückstreffer, wie dem erfolgten, abgesehen, könnte durchaus ein guter Draw dahinter stecken, etwa ein klassischer 15-Outer mit Q J oder J 9 . Selbst zwei beliebige Kreuz, eine rund 40%ige Verbesserungschance, wären nicht auszuschließen. Ein aggressiver Move mit K-Q, K-J oder A-10 war zwar von mir nicht wirklich zu erwarten, doch so gut kannte Jacky mich nun auch wieder nicht.
Er brauchte jedenfalls nicht lange, um sich zu einem Call zu entschließen. Womit? Mit A K !
Die 7 im Turn gab ihm drei weitere Outs. Der River versagte ihm allerdings jegliche Hilfe. Es folgte die 3 und sein Stack wanderte zu mir.
War sein Call ein Fehler? Gegen einen tighten Spieler wäre er sicher nicht korrekt gewesen. Don’t go broke with one pair! Allerdings, so wie er mich schon davor hatte beobachten können, gab es durchaus Anlass zu diesem Call. Am Abend davor hatte er mich bei einem Board von K J 6 mit einem All-in antworten sehen. Während meine Gegnerin nach ihrem Call K Q zeigte, blieb mir nur die Hoffnung auf einen Draw. Ich hatte Q 10 (einen 15-Outer mit 54%iger Verbesserungschance – der Gewinn kam überraschend durch 10 und 10).
Was lässt sich an Doyle Brunsons Empfehlungen missverstehen, wie anfangs erwähnt, wenn es doch so leicht scheint, mit 10-8 offsuite einen ordentlichen Pot zu gewinnen, gar nicht zu reden von Suited Connectors mit wesentlich besserem Verbesserungspotential? Nun, der Fehler zeigt sich bei den Spielern, die kategorisch damit angreifen, die gerne so spielen würden wie Gus Hansen, ohne jedoch dabei zu bedenken, dass die Fernsehsender immer nur eine Auswahl zeigen und die wesentlich weniger spektakulären Konfrontationen einfach auslassen. Spekulieren ist so lange gewinnbringend, solange wir wissen wann, wie und gegen wen wir es tun.
Und wie lassen sich schmerzliche Verluste mit A-K vermeiden? Sollte ein Raise wirklich Anlass zum Passen sein, wenn wir über Top-Pair mit Top-Kicker verfügen?Unter bestimmten Voraussetzungen, ja! Sind wir damit konfrontiert, so ist die wichtigste Frage, die wir uns stellen, ob der Gegner, der nun mit einem Raise antwortet, mit Ass und schwächerem Kicker dazu fähig wäre.
Um auf Jacky, den Chinesen, zurückzukommen, sein Overbet hat das Wachsen den Pots beschleunigt. Das darauffolgende All-in konnte somit ebenso die Verteidigung des angenommen besseren Blattes bedeuten als auch einen Flush-Draw mit rund 40%iger Verbesserungschance. Hätte er bei einem Pot von 180 Dollar einen Einsatz von 120 – 150 Dollar gebracht, hätte er aus der Höhe des Raises wesentlich mehr Schlüsse ziehen können. Minimum-Raise oder knapp darüber, hätte dann – zumindest unter Umständen – für Ass mit schwächerem Kicker stehen können. Bei einem deutlich höheren Raise, gar nicht zu reden vom All-in, hätte er sich aber noch billig verabschieden können. Don’t go broke with one pair!
Alex Lauzon
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 15.05.2008.