Spin-And-Go-Turniere sind die neue Modefom beim Online-Poker und machen jetzt schon einen substantiellen Teil des Umsatzes von PokerStars aus. Dabei sind sind die Turniere eine sehr spezielle Form des Pokerns: Hyper-Turbo (ca. 7 Minuten pro Turnier), Hyper-Zufall (Preispool zwischen doppeltem und 3.600-fachem Buy-In) und ziemlich teuer (zwischen 6,4 und 7,5 Prozent Rake).
Die Turniere sind trotz Turbo-Zufall-teuer langfristig schlagbar (wenn man sehr gut ist), weisen jedoch eine krasse Varianz auf. Eigentlich ist ein Spin-And-Go ein Turnier mit drei Mitspielern, eine Poker-Form, die ansonsten fast frei von langfristiger Varianz ist.
Aber die variablen Preispools bei den Spin-And-Gos sorgen für eine drastische Steigerung der Varianz. Wie genau diese aussieht und wie man damit umgeht, soll dieser Artikel nahebringen.
Varianz bei Spin-And-Go-Turnieren
Kann man Spin-And-Go-Turniere mit regulären Turnieren vergleichen? Haben Spin-And-Gos mehr Varianz als andere herkömmliche MT-Turniere?
Schauen wir uns die Spin-And-Gos unter dem Gesichtspunkt der Varianz einmal genauer an und nehmen wir uns ein $15-Spin-And-Go. So wird bei diesem ausgezahlt:
Multiplikator | Siegprämie | Wahrscheinlichkeit | Kumulative Wahrscheinlichkeit |
---|---|---|---|
3.600 | $45.000 (2. und 3.:$4.500) | 0,001% | 0,001% |
240 | $3.000 (2. und 3.:$300) | 0,005% | 0,006% |
120 | $1.500 (2. und 3.:$150) | 0,01% | 0,016% |
25 | $375 | 0,1% | 0,12% |
10 | $150 | 0,5% | 0,62% |
6 | $90 | 7,5% | 8,12% |
4 | $60 | 21,4% | 29,5% |
2 | $30 | 70,5% | 100% |
Nehmen wir mal an, wir haben einen Spieler, der diese Turniere langfristig mit einem ROI von 5% schlägt. Dieser Spieler gewinnt im Schnitt 0,75 Dollar pro Turnier. Damit er dies schafft, muss er 36,86 Prozent aller Spin-And-Gos gewinnen (wie ROI und Gewinn-Quote zusammenhängen haben wir » hier bereits erklärt).
Das heißt, der Erwartungswert für einen 5%-ROI-Spieler liegt bei $0,75 pro Turnier.
Mit etwas Mühe oder einem Programm wie Excel kann man nun die Varianz bei dieser Auszahlung berechnen. Wir haben das einmal gemacht und die Varianz liegt bei 7.666. Die Standardabweichung, die Wurzel aus der Varianz, liegt in diesem Fall bei $88.
Varianz bei Spin-And-Gos im Vergleich zu anderen Turnieren
Ein $15-Spin-And-Go hat also eine Standardabweichung von $88 – was heißt denn das?
Das heißt, dass wir das Turnier nun mit anderen Turnieren vergleichen können. Wir schauen uns einfach mal ein $15-Freeze-Out-Turnier mit regulärer Auszahlung an und berechnen da die Standardabweichung.
Nehmen wir zum Beispiel ein reguläres 9-Mann-Sit-And-Go mit einem Buy-In von $15. Bei einem 5%-ROI hat ein Spieler ebenfalls einen Erwartungswert von $0,75 – allerdings liegt seine Standardabweichung nur bei $22.
Dies die Kennwerte für einige weitere Turniere (jeweils $15 Buy-In, $5 ROI, reguläre Auszahlungsstruktur):
Turnier | EV | Standardabweichung |
---|---|---|
9-Mann-Turnier | $0,75 | $23 |
100-Mann-Turnier | $0,75 | $51 |
500-Mann-Turnier | $0,75 | $88 |
Spin-and-Go | $0,75 | $88 |
Diese Werte lassen sich zum Beispiel mit dem Turnier-Simulator von PokerDope.com ausrechnen
Diese Tabelle zeigt: Ein Spin-And-Go ist bezüglich der Varianz mit einem 500-Mann-Turnier vergleichbar.
Das ist schon allerhand – die kleinen 3-Mann-Spin-And-Gos haben die gleiche Varianz wie ein ausgewachsenes, großes MTT.
Der Grund für die hohe Varianz ist ein einfacher: Die absurd hohen Auszahlungen auf der höchsten Stufe der Spin-And-Gos stellen eine krasse Abweichung dar und sorgen für die vergleichsweise hohe Varianz.
Spin-And-Go-Varianz in Bildern
Wir haben hier einmal zehn Spin-And-Go-Spieler mit einem ROI von 5% über 10.000 Turniere simuliert und deren Gewinnentwicklung sah wie folgt aus:
Das sieht alles ziemlich wild aus. Die Samples liegen zwar allesamt über Null, aber umspannen Gewinne zwischen 760 und 9.400 Dollar. Der arme simulierte Spieler H konnte nach 6.500 Turnieren keinen Gewinn vorweisen und lag zwischenzeitlich gar über 1.000 Dollar (fast 70 Buy-Ins) in den Miesen.
Sprich: Über einen Zeitraum von 10.000 Turnieren sind die Varianzausschläge sehr spürbar. Und 10.000 Turniere entsprechen einem Zeitaufwand von 250 Stunden (wenn man fünf Tische non-stop parallel spielt). Nur die allerwenigsten Spieler dürfte so viele Turniere in einem Monat schaffen.
Schauen wir uns nun einmal die gleiche Simulation über eine Stichprobe von je 100.000 Turnieren an:
Nach 100.000 Turnieren sieht alles schon ein gutes Stück linearer aus.
Die Sprünge, die Sample C, A und G machen, sind jeweils Siege bei einem Spin-And-Go mit maximaler Auszahlung – $45.000.
Aber auch ohne die höchste Auszahlungsstufe erreicht zu haben, machen alle simulierten Spieler mindesten 40.000 Dollar Gewinn.
Allerdings sehen wir in dem obigen Diagramm auch 100.000 Spin-And-Gos. Das ist verdammt viel – 2.500 Stunden Spiel.
Woher kommt die Varianz bei Spin-And-Gos?
Spin-And-Gos haben also eine hohe Varianz, wo genau kommt die her? Schauen wir uns dafür einmal die hohen Multiplikatoren an, die bei denen man tausende Dollar gewinnen kann.
Wir bleiben weiterhin bei den $15-Spin-And-Gos.
Im Schnitt wird man alle 100.000 Spin-And-Gos in Turnier mit einem 3.600'er-Multiplikator gedealt und gewinnt jedes Dritte davon. Das bedeutet, die höchste Gewinnstufe geht rechnerisch mit 15 Cent in den Erwartungswert eines $15-Turniers.
Nehmen wir einfach mal, wir würden niemals in der höchsten Gewinnstufe ein Spin-And-Go gewinnen – etwa weil wir bei einem so hohen Preispool viel zu aufgeregt sind und vor dem Rechner erstarren. In diesem Fall würde unser langfristiger ROI um rund 1 Prozent sinken.
Aber gleichzeitig würde die Varianz auch massiv sinken – aus der Standardabweichung von $88 pro Turnier würden $30 pro Turnier.
So viel macht die höchste Gewinnstufe aus: 1% ROI und fast dreifache Varianz!
Nun tun wir einfach einmal so als würde es die drei höchsten Gewinnstufen (120'er-Multiplikator oder mehr) gar nicht geben – die Wahrscheinlichkeit, eine dieser Stufen zu erreichen, liegt ohnehin nur bei 0,016%.
In diesem Fall reduziert sich der ROI um genau 3%. Die Varianz sinkt weiter – die Standardabweichung bei den $15-Spin-And-Gos läge bei nur noch $24 pro Turnier – das entspricht der Varianz bei einem normalen Sit-And-Go mit 9 Spielern.
Sprich: Tut man so, als gäbe es die drei höchsten Gewinnstufen nicht, reduzierte sich die Varianz bei den Spin-And-Gos drastisch und diese Gewinnstufen machen rund 3% ROI aus. Man erreicht eine der drei höchsten Gewinnstufen im Schnitt alle 6.250 Turniere.
Was Spin-And-Gos wirklich sind: Überteuerte Turbo-Turniere mit Jackpot-Potential
Aus den obigen Überlegungen zur Varianz leitet sich ab, wie man Spin-And-Gos realistisch betrachten sollte: Es sind teure Turbo-Sit-And-Gos mit einer kleinen Chance auf einen Jackpot-Gewinn.
Das heißt nicht, dass die Turniere automatisch unrentabel sind, aber es heißt, man sollte den Gewinn des Jackpots (also das Erreichen einer der drei höchsten Gewinnstufen) nicht einkalkulieren.
Wer die Spin-And-Gos mit einem ROI von 5% oder mehr schlägt, machte auch noch Gewinn, wenn es die drei höchsten Gewinnstufen gar nicht gäbe. Wird man dann doch in einen 120'er-Multiplikator (oder noch höher) gedealt, nimmt man das einfach als Bonus mit.
Was Spin-And-Gos (auch) sind: Eine Rake(back)-Maschine
Eine sehr relevante Anmerkung zum Abschluss: Die Summe der Rake bei den Spin-And-Go-Turnieren ist keineswegs zu unterschätzen. Spielt man zum Beispiel 5.000 $15-Spin-And-Gos in einem Monat, produziert man 3.750 Dollar Rake. Bei 30% Cashback (niedrigstes Supernova-Level) macht das über 1.100 Dollar pro Monat aus.
So machen im Moment die meisten Hardcore-Spin-And-Go-Grinder in erster Linie über das Cashback Profit.
Die Seite Spinlyzer.com trackt derzeit noch alle Spin-And-Go-Turniere und so sah für den Monat Juli die Liste der aktivsten Spieler aus (viel Rake, viel Rakeback und nur sehr wenige Jackpot-Sieger):
» Lohnen sich die Spin-And-Gos?
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.04.2016.