Tilt ist ein oft unterschätzter Faktor an jedem Pokertisch. Stellen Sie sich vor, am Final Table eines großen MTTs sitzen sechs spielstarke Pros, die wenig bis keine Fehler machen. Was wird den Ausgang neben dem Kartenglück maßgeblich entscheiden? Richtig, wer die Nerven behält und eben nicht auf Tilt ist!
Ein Spieler, der mehrere Hände hintereinander verloren hat, läuft Gefahr, schlecht zu spielen. Er neigt dazu, das Glück herbeizwingen zu wollen, indem er unprofitablen Draws hinterherjagt, sein Blatt überbewertet oder callt, wenn er nur minimale Gewinnchancen hat. Kurz: Er ist auf Tilt, er verfeuert sinnlos Geld.
Wir präsentieren heute 5 wirksame Tilt-Gegenmaßnahmen und bedienen uns dabei auch dem Denkansatz der Buddhisten. Viele Tipps sind dabei aus den Büchern Die Poker-Schule und Die Poker-Uni übernommen und richten sich hauptsächlich an Poker-Neulinge. Viel Spaß beim Lesen!
1. Erkennen Sie den Tilt
Leichter gesagt, als getan. Viele Spieler merken nicht einmal, dass sie tilten. Der erste Schritt zur Verhinderung ist die Identifikation. Meist zeigt schon das Verhalten, z. B. schimpfen, jammern, herumschreien, nervöse Tics und Schwitzen, dass ein Tilt-Zustand vorliegt. Auch vorausgegangene Bad-Beats sind ein guter Indikator. Seien Sie sich Ihrer Emotionen bewusst!
Wenn sie merken, dass ein anderer Spieler ‘steamt’, sollte Sie das ausnutzen. Sein Spiel ist aus dem Gleichgewicht geraten. Oft sind seine Einsätze nicht durch entsprechende Hände gedeckt, er macht vermeintliche ‘Hero-Calls’ wenn er wegwerfen sollte. Wenn Sie im Zweifel sind, auf welches Handspektrum Sie den Gegner setzen sollen, muss der Tilt-Faktor immer mitberücksichtigt werden.
2. Die Gesetze der Wahrscheinlichkeit sind unveränderbar
Machen Sie sich eines klar: Man kann nicht gegen die Gesetze der Stochastik ankämpfen. Es ist ein sinnloser Kampf, der mit riesigen Verlusten bestraft wird. Die Karten kommen – genau wie die Zahlen beim Roulette – gnadenlos wie die Guillotine und streng nach Stochastik. Anders als Personen, werden Sie sie mit ihrer Wut und ihrem Geschrei auch nicht ein Fitzelchen ändern.
Wenn Sie auf Tilt sind, versuchen Sie aber genau das. Das geht nicht, Sie müssen sich vielmehr in Geduld üben. Auch wenn Sie in Panik wegen ihres schwindenden Stacks geraten, bleiben die Chancen für einen Inside-Straight-Draw immer noch gleich gering.
3. Jede Hand ist eine neue Hand
Man muss versuchen, jede Hand neu zu spielen, egal was die Hände davor passiert ist. Die Karten wissen nichts von den Geldproblemen oder dem bösen One-Outer-Suckout, den Sie in der Runde zuvor verpasst bekamen. Die Karten kommen bei jeder Runde neu und danach müssen Sie Ihr Spiel ausrichten. Denken und spielen Sie nur in der Gegenwart!
Drücken Sie nach hohen Verlusten den inneren Rest-Schalter. Wenn Sie das nicht können, stehen Sie auf bzw. machen Sie ihren Rechner aus. Es bringt nichts mehr, mit diesem miesen “Tilt-Mindset” werden Sie ihr Geld nicht zurückgewinnen. Auch eine kurze Spielpause wirkt oft Wunder. Blenden Sie im Zweifel auch das Gerede der Mitspieler aus, die wollen Sie nur ärgern und freuen sich über jeden Tilt-Gegner. Vermeiden Sie auch zu langes Spielen und übermäßigen Konsum von Stimulanzien.
4. Don’t take your Problems to the Poker Table
Poker als Kompensation für die Probleme im Leben ist nicht immer sinnvoll. Wenn Sie schlechte Laune haben und quasi schon vor dem Beginn des Spiels auf Tilt sind, kann da nichts mehr draus werden. Lassen Sie es bleiben, morgen ist auch noch ein Tag. Auch wenn Sie keine Lust auf Poker haben, sollten sie den Tischen konsequent fernbleiben und sich nicht von Kumpels überreden lassen.
Wenn Sie doch spielen, legen Sie vorher eine kurze Meditation, ein Gebet ein oder eine ähnliche Zäsur ein. Vergessen Sie den Alltag und lassen Sie die Karten und das Spiel durch sich fließen – Zen oder die Kunst, Poker zu spielen…
5. Cool bleiben im Stochastik-Varianz-Gewitter
Die zwei Hauptauslöser für Tilt sind Bad-Beats, in denen sie mit viel Pech eine Menge Geld verlieren, und dauerhaft schlechte Karten, die Sie einfach nicht ins Spiel kommen lassen. Beide Phänomene sind aber normale Bestandteile des Pokerspiels.
Sagen Sie sich, dass die Karten nicht zielgerichtet gegen Sie arbeiten. Das können Sie gar nicht. Sie müssen mit den emotionalen Auswirkungen dieser Grundereignisse im Poker klarkommen. Die Buddhisten versuchen, nicht über Emotionen nachzudenken, um sie nicht zu verstärken. Im Poker ist es ähnlich: lassen Sie die Emotionen zu aber denken Sie nicht übermäßig darüber nach.
Die Karten kommen unpersönlich, herzlos, maschinell – so müssen auch Sie sein, wollen sie damit umgehen. Verluste minimieren, Gewinne maximieren und das im Stochastik-Varianz-Gewitter. Das ist Poker, Emotionen haben dabei nichts verloren.
Bilder: Wikipedia.com
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.02.2014.