Jackpot-Turniere sind bei allen Anbietern die ganz große Mode. PokerStars, Partypoker, 888 und iPoker haben die kurzweiligen Sit-And-Gos mit zufällig ausgelosten Preispools im Programm und die Lotterie-ähnlichen Hyper-Turbo-Turniere machen inzwischen einen beträchtlichen Anteil der Umsätze der Pokeranbieter aus.
Der erste Anbieter mit diesen Turnieren war iPoker mit den Twister-Sit-And-Gos, doch schnell zog auch PokerStars mit Spin and Gos nach und auch 888 und Partypoker bieten mit Blast und Hero Sit and Gos diese Turniere an.
Was sind Jackpot-Turniere?
Die Funktionsweise der Turniere ist jeweils ähnlich: 3 oder 4 Spieler (auf PokerStars neuerdings bis zu 8) melden sich an, es wird zufällig ein Preispool (zwischen doppeltem bis zu mehr als zehntausendfachem Buy-In) ausgelost und im Hyper-Turbo-Modus gespielt. Auf PartyPoker gibt es eine Bounty-Option und auf 888 und PokerStars wird das Turnier nach einer bestimmten Zeit (oder Zahl von Händen) auf Auto-All-In umgestellt. Sprich, die Turniere sind äußerst fix und bieten das Potential auf extrem hohe Auszahlungen (bis zu 1.000.000 Dollar), spielen jedoch in den allermeisten Fällen nur einen sehr niedrigen Multiplikator aus.
Nachdem PokerStars 2014 mit den den Spin and Gos Jackpot-Turniere massentauglich machte, stellte sich die Frage, ob man diese Turniere langfristig überhaupt schlagen könnte. Die Rake war sehr hoch (zwischen 5 und 9 Prozent), die Varianz aberwitzig und die Dauer eines Spin and Gos sehr kurz. Nichtsdestominder schafften es im Laufe der Zeit, einige Spieler, diese Turniere langfristig zu schlagen und machten dabei teilweise sogar ganz ordentliche Gewinne. Ein Spieler namens Bighusla schaffte es Anfang 2015 die $30 Spin and Gos über 5.000 Turniere mit einem ROI von 8,8 Prozent zu schlagen. Vor Rakeback und Boni gewann er über 11.000 Dollar, wobei er kein einziges Mal einen besonders hohen Multiplikator traf.
Damit galt zumindest damals: Spin and Gos sind – wenn man gut genug ist – langfristig schlagbar. Inzwischen haben sich die Spiele etwas gewandelt. Die Spieler sind besser geworden, weniger Fische sind im Pool und es sind neue Varianten hinzugekommen.
Ich will hier einen Blick auf die verschiedenen Angebote von PokerStars, 888 und Partypoker werfen und diese auf effektive Rake und Spieldauer untersuchen und dabei die Frage beantworten: Welche Edge braucht man, um die Turniere langfristig zu schlagen?
Rake bei Jackpot-Turnieren
Rake wird bei Jackpotturnieren nicht direkt entnommen, sondern kommt dadurch zustande, dass der Erwartungswert aller möglichen Gewinnausschüttungen etwas unterhalb der Summe der Buy-Ins liegt. Bei den $15 Spin And Gos auf PokerStars wird zum Beispiel ein zufällig ausgeloster Preispool zwischen 30 Dollar und 180.000 Dollar ausgespielt. Im Durchschnitt werden pro Turnier 42,30 Dollar ausgespielt – 45 Dollar wurden von den Spielern eingezahlt. Das ergibt eine Rake von $2,70 oder 90 Cent pro Spieler. Effektiv nehmen die Teilnehmer also an einem $14,10-Turnier teil, welches zusätzlich 90 Cent Rake kostet – das entspricht 6,4% Gebühr.
Unisono geben alle Anbieter in den Aufschlüsselungen nur an, wie viel Prozent des gesamten Preispools für Rake verwendet wird. Bei den $15-Spin-And-Gos steht etwa 6%, eine niedrigere Zahl als die effektive Rake.
Je niedriger das Buy-In, desto mehr Rake nehmen die Anbieter. Auf niedrigsten Limits sind es sowohl bei Stars als auch bei Party 8,70% effektive Rake. 888 ist noch teurer – hier gehen gleich 9,89% Rake an den Anbieter. Die teureren Turniere werden etwas günstiger – 5,26% bei Stars und Party, 6,52% bei 888.
Zum Vergleich: Richtige Turniere kosten bei den meisten Anbietern ebenfalls zwischen 10% und 5% Rake. Die Sunday Million zum Beispiel kommt mit 15 Dollar auf 200 Dollar Buy-In – 7,5%. Das Main-Event der WSOP kostet effektiv 6,38 Prozent Rake.
Übersicht der Rake von Jackpot Sit And Gos
Turnier | Buy-In | Max. Auszahlung | Buy-In + Gebühr | Effektive Rake |
Stars: Spin And Go | $0,25 | $2.500 | $0,23 + $0,02 | 8,70% |
Stars: Spin And Go | $1,00 | $10.000 | $0,92 + $0,08 | 8,70% |
Stars: Spin And Go | $3,00 | $30.000 | $2,76 + $0,24 | 8,70% |
Stars: Spin And Go | $7,00 | $70.000 | $6,51 + $0,49 | 7,53% |
Stars: Spin And Go | $15,00 | $150.000 | $14,10 + $0,90 | 6,38% |
Stars: Spin And Go | $30,00 | $300.000 | $28,20 + $1,80 | 6,38% |
Stars: Spin And Go | $60,00 | $600.000 | $57,00 + $3,00 | 5,26% |
Stars: Spin And Go | $100,00 | $1.000.000 | $95,00 + $5,00 | 5,26% |
Stars: Spin And Go Max | $1,00 | $10.000 | $0,91 + $0,09 | 9,89% |
Stars: Spin And Go Max | $3,00 | $30.000 | $2,73 + $0,27 | 9,89% |
Stars: Spin And Go Max | $7,00 | $70.000 | $6,44 + $0,56 | 8,70% |
Stars: Spin And Go Max | $15,00 | $150.000 | $13,95 + $1,05 | 7,53% |
Party: Hero SNG | $3,00 | $30.600 | $2,76 + $0,24 | 8,70% |
Party: Hero SNG | $50,00 | $500.040 | $47,50 + $2,50 | 5,26% |
Party: Hero SNG | $100,00 | $1.020.000 | $95,00 + $5,00 | 5,26% |
Party: Bounty Hero SNG | $1,00 | $8.500 | $0,93 + $0,07 | 7,53% |
Party: Bounty Hero SNG | $5,00 | $42.500 | $4,70 + $0,30 | 6,38% |
Party: Bounty Hero SNG | $10,00 | $85.000 | $9,50 + $0,50 | 5,26% |
Party: Bounty Hero SNG | $20,00 | $170.000 | $19,00 + $1,00 | 5,26% |
888: BLAST | $1,00 | $6.000 | $0,91 + $0,09 | 9,89% |
888: Turbo BLAST | $1,00 | $6.000 | $0,91 + $0,09 | 9,89% |
888: BLAST | $5,00 | $30.000 | $4,57 + $0,43 | 9,41% |
888: BLAST | $15,00 | $90.000 | $13,95 + $1,05 | 7,53% |
888: BLAST | $100,00 | $600.000 | $93,88 + $6,12 | 6,52% |
Spieldauer bei Jackpot Sit And Gos
Die Rake der Jackpot-Turniere ist mit denen normaler Online-MTTs vergleichbar. Doch ist die Spieldauer bei einem Jackpot-Turnier deutlich kürzer. Bei allen Anbietern beginnen die Spieler mit 25 bis 30 Big Blinds und die Blinds werden alle 2 oder 3 Minuten deutlich angehoben.
Bei den Blast-Turnieren auf 888 werden die Turniere je nach Höhe des Preispools nach 6 bis 12 Minuten beendet und der Sieger wird via All-In-Modus bestimmt. Die neuen Spin-And-Go-Max-Turniere auf Stars werden auf die selbe Art nach 15 bis 20 Händen beendet.
Bei einem regulären Spin and Go spielt man im Schnitt immerhin noch 30 bis 40 Hände, ebenso bei den Hero-SnGs auf Party. Auf 888 sind es bestenfalls 20 Hände, die man bei den Blast-Turnieren spielen kann.
Man vergleiche das einmal mit einem regulärem Turnier, wie etwa dem Sunday Storm auf PokerStars. Das $10+$1-Turnier geht über mehrere Stunden und im Schnitt wird ein Spieler circa 150 Hände pro Teilnahme spielen. In dem gleichen Zeitraum kann der Spieler zwischen 4 bis 10 Jackpot-Turniere spielen und so vier bis zehnmal Rake bezahlen.
Welche Edge braucht man, um Jackpot-Turniere schlagen zu können?
Vergleichsweise hohe Rake und sehr kurze Spieldauer – das wirft die Frage auf: Sind Jackpot-Turniere überhaupt (noch) schlagbar?
Um die ernüchternde Antwort vorweg zu nehmen: Die meisten Jackpot-Sit-And-Gos sind so teuer taxiert, dass man sie inzwischen nicht mehr profitabel spielen kann, egal wie schwach die Mitspieler sind.
Was ist „Edge“ bei Turnieren überhaupt?
Ich will hier aufzeigen, welche Edge notwendig ist, um die Turniere überhaupt schlagen zu können. “Edge” ist erst einmal ein sehr schwammiger Begriff, den es zu definieren gilt. Ich orientiere mich deswegen erst einmal an Cashgames. Dort gibt es die sogenannte Winrate, eine Quote, die angibt, wie viele Big Blinds man auf 100 Hände gewinnt. Das ist ein sehr guter Indikator für die Edge eines Spielers. Bei Turnieren übersetze ich diese Edge auf den Stack und da absolute Größen bei Turnieren nichts aussagen, schauen wir uns den Stack an:
Die Edge gibt an, um wie viele Prozent man seinen Stack alle 100 Hände im Schnitt vergrößert.
Ein einfaches Beispiel: Ich spielte Heads-Up-Turniere, die im Schnitt 100 Hände andauern. Zwei Drittel der Turniere gewinne ich, ein Drittel verliere ich im Schnitt. Das heißt in zwei Dritteln aller Fälle erhöhe ich meinen Stack um 100%, in einem Drittel “erhöhe” ich meinen Stack um minus 100% (heißt, ich verliere alles). Beides zusammen ergibt eine Edge von 2/3 * 100% - 1/3 * 100% = 33%.
Edge bei Jackpot-Turnieren
Aus der Struktur der einzelnen Jackpot-Turniere kann man die minimale benötigte Edge herausrechnen, die man braucht, um die Turniere unter Berücksichtigung der Rake noch schlagen zu können. Wie das geht, will ich kurz an einem Beispiel erläutern. Wer an der etwas mathematischen Herleitung der Edge bei diesen Turnieren nicht interessiert ist, kann auch direkt zu den Ergebnissen scrollen.
Nehmen wir ein 3-Spieler-Spin-And-Go. Der Durchschnittsspieler gewinnt dies in 33% aller Fälle. Doch um die Rake zu schlagen, muss man schon 36,2% seiner gespielten Turniere gewinnen. Das heißt, die beiden Gegner gewinnen im Schnitt nur 31,9% ihrer Turniere. Das wiederum heißt, man spielt um den Faktor 1,14 (36,2 / 31,9) besser als die Mitspieler. Dieser Faktor ist äquvalent dazu, dass man über den Verlauf eines einzelnen Turniers seinen Stack im Schnitt um 14% erhöht. Ein 3-Spieler-Spin-And-Go dauert im Schnitt 35 Hände. Wenn man seinen Stack in 35 Händen um 14% erhöht, bedeutet dies, dass man seinen Stack über 100 Hände im Schnitt um den Faktor (1 + 14%) ^ (100 / 35) vergrößert. Das entspricht 44% und das ist die benötigte Edge in diesem Fall.
So kann man bei fast allen Jackpot-Turnieren (und tatsächlich von den meisten regulären Turnieren auch) die minimal benötigte Edge berechnen, die benötigt wird, um die Rake bei diesen Turnieren zu überkommen. Ich habe das für die regulären Spin & Go Turniere, die Hero SNGs auf Party und die BLAST-Turniere auf 888 einmal getan:
Turnier | Buy-In | Rake | Spieldauer (Ø Hände) | Nötige Edge |
Stars: Spin And Go | $0,25 | 8,70% | 35 | 44,09% |
Stars: Spin And Go | $1,00 | 8,70% | 35 | 44,09% |
Stars: Spin And Go | $3,00 | 8,70% | 35 | 44,09% |
Stars: Spin And Go | $7,00 | 7,53% | 35 | 37,29% |
Stars: Spin And Go | $15,00 | 6,38% | 35 | 30,93% |
Stars: Spin And Go | $30,00 | 6,38% | 35 | 30,93% |
Stars: Spin And Go | $60,00 | 5,26% | 35 | 24,95% |
Stars: Spin And Go | $100,00 | 5,26% | 35 | 24,95% |
Party: Hero SNG | $3,00 | 8,70% | 35 | 44,09% |
Party: Hero SNG | $50,00 | 5,26% | 35 | 24,95% |
Party: Hero SNG | $100,00 | 5,26% | 35 | 24,95% |
Party: Bounty Hero SNG | $1,00 | 7,53% | 32 | 35,82% |
Party: Bounty Hero SNG | $5,00 | 6,38% | 32 | 29,77% |
Party: Bounty Hero SNG | $10,00 | 5,26% | 32 | 24,06% |
Party: Bounty Hero SNG | $20,00 | 5,26% | 32 | 24,06% |
888: BLAST | $1,00 | 9,89% | 20 | 89,49% |
888: Turbo BLAST | $1,00 | 9,89% | 10 | 259,07% |
888: BLAST | $5,00 | 9,41% | 20 | 83,85% |
888: BLAST | $15,00 | 7,53% | 20 | 63,22% |
888: BLAST | $100,00 | 6,52% | 20 | 53,05% |
Die Zahlen für die im Schnitt gespielte Zahl an Händen sind grobe Schätzungen basierend auf Erfahrungswerten und den Level-Strukturen.
Insgesamt zeigt sich, dass man im Schnitt eine Edge von 24 bis 44 Prozent benötigt, um die Rake bei den Turnieren auf Stars und Party zu schlagen. Bei 888 sind es gar bis zu 259 Prozent.
Diese Zahlen sind reichlich abenteuerlich. In einem Cashgame mit 100 Big Blinds sind zweistellige Winrates außer auf den allerniedrigsten Limits inzwischen ein Ding der Unmöglichkeit, Winrates jenseits der 24 Big Blinds auf 100 Hände kommen online über einen längeren Zeitraum de facto nicht mehr vor, dafür sind die Mitspieler inzwischen zu gut. Doch genau diese enorme Edge benötigt man, um bei den Jackpot-Turnieren allein die Rake zu schlagen.
Nun ist die Gegnerschaft bei diesen Turnieren tatsächlich eine ganze Spur schwächer als bei regulären Turnieren oder Cashgames, doch wird es nur den allerwenigsten Spielern gelingen, über einen längeren Zeitraum eine Edge von über 24 Prozent zu realisieren. Von den 44 Prozent bei den günstigeren Jackpot-Turnieren oder über 60 Prozent bei 888 braucht man gar nicht zu reden. Diese Turniere sind bestenfalls dann schlagbar, wenn die Gegner nicht am Spiel teilnehmen.
Vergleich mit regulären Turnieren
Zum Abschluss will ich die Jackpot-Turniere mit ein paar regulären Turnieren vergleichen. Auch bei diesen kann man anhand der Struktur und der Rake abschätzen, welche Edge benötigt wird, um die Rake bei den Turnieren langfristig zu schlagen:
Turnier | Buy-In | Rake | Spieldauer (Ø Hände) | Nötige Edge |
Sunday Million | $215,00 | 7,50% | 375 | 1,95% |
Sunday Storm | $11,00 | 10,00% | 225 | 4,33% |
Sunday Supersonic | $215,00 | 7,50% | 75 | 10,13% |
Main Event WSOP | $10.000,00 | 4,17% | 600 | 0,68% |
Die Zahl der im Schnitt gespielten Hände pro Turnier ist eine grobe Schätzung, die Größenordnung der benötigten Edge jedoch ist eindeutig. Bei regulären Turnieren, selbst bei Hyper-Turbo-MTTS wie dem Sunday-Supersonic, benötigt man eine deutlich kleinere Edge, um langfristig die Rake zu schlagen.
Der Vergleich mit diesen Turnieren zeigt auf, wie absurd teuer Spin & Go & Co. eigentlich sind. Eine Taxierung mit einer effektiven Rake von 1 bis 2 Prozent würde bei den Jackpot-Turnieren fair sein. Dann zumindest hätten mehr Spieler ein Chance, diese Turniere ernsthaft zu spielen. Mit der fünf bis zehnfachen Taxierung jedoch sind bestenfalls der teureren Turniere auf Stars und Party schlagbar und das auch nur für die wenigsten Spieler.
Auf Partypoker bekommt man immerhin noch bis zu 40% der gezahlten in Form von Cashback zurückerstattet, was die Kosten er Turniere auf ein etwas erträglicheres Maß drückt. Doch bei 888 ist das VIP-Programm seit jeher äußerst übersichtlich und bei PokerStars gibt es seit einigen Monaten nur noch – im Vergleich zum früheren Supernova-Programm – für Vielspieler wertlose Kisten. Wenn das Ziel des Spiels die Vergrößerung der Bankroll ist, sollten Vielspieler lieber andere Varianten suchen. Jackpot-Turniere lohnen sich leider praktisch gar nicht.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 30.08.2017.