Vor einigen Jahren spielte ich ein Online-Poker-Turnier und nachdem ich ziemlich weit gekommen war, habe ich mich entschlossen, mein Ego zu befriedigen und postete dies in meinem sozialen Netzwerk.
Innerhalb einer Stunde kontaktierte mich einer meiner Freunde, ein professioneller Spieler, über Skype und wir sprachen miteinander, während ich in dem Turnier weiter und weiter kam.
Das selbe Ego, welches die Welt wissen lassen wollte, wie weit ich in dem Turnier schon gekommen war, wollte auch, dass ich das Turnier alleine gewinne. Entsprechend wollte ich anfänglich nicht, dass mein Freund mir bei meinen Entscheidungen hilft.
Aber das änderte sich allerdings: Ich ließ mich von der Gier verführen.
Habe ich betrogen?
Zunächst habe ich nur um Hilfe gefragt, als ich in einer schwierigen Situation war. Später habe ich immer häufiger meine Hand mitgeteilt und es gab mehr Ratschläge.
In meinem Kopf hatte ich schon angefangen, die Gewinne auszugeben. Ich befolgte die Ratschläge buchstabengetreu und gewann das Turnier. Habe ich also betrogen?
Ich habe lange darüber nachgedacht und ich glaube nicht. Die Karten mit Jemandem teilen, um eine bessere Entscheidung zu treffen ist nichts anderes als jede andere Form des Trainings in der Welt des Sports.
Es ist das selbe wie ein Boxer, der jemanden in der Ringecke hat, der den Gegner schon einmal geschlagen hat. Alle drei Minuten bekommt man Ratschläge, wie man die Schwächen des Gegners ausnutzt. Was denkt Ihr darüber?
Ist das Betrug?
Gehen wir zurück zu dem ursprünglichen Szenario, doch jetzt hilft der Freund mir nicht nur, sondern sitzt im selben Turnier und wir kommen zusammen an den Final-Table.
Jetzt kann nicht nur er mir helfen, sondern ich auch ihm. Ich kann ihm sagen, welche Karten ich halte und er kann das Gleiche tun.
Man stelle sich vor, wie gewinnbringend diese Informationen wären, kämen wir unter die letzten Drei. Ist das Betrug?
Ich denke ja, aber wohl nur wenige Spieler würden einer solchen Form der Spielabsprache widerstehen können.
Poker ist ein Kampf Jeder gegen Jeden und Jeder ist ein Pit Bull, der Blut geleckt hat. Die meisten Spieler würden einen solchen Vorteil nicht ausschlagen.
Professionelles Poker ist eine teure Angelegenheit und die wenigsten Spieler sind ausschließlich mit ihrer eigenen Bankroll unterwegs. Man sieht viel mehr Syndikate, in der Regel Geldgeber und Spieler.
Stell Dir vor: Drei der letzten Vier teilen eine Bankroll
Was passiert wenn ein Geldgeber, sein Spieler und ein zufälliger Dritter die letzten Drei eines Turniers stellen?
Sind wir so naiv zu glauben, dass es in den Pausen keine Absprachen gibt, wie man am besten auf den ersten beiden Plätzen abschließt? Zu welchen Problemen führt das erst online?
Asia Millions Final-Table
Die andere Form des Syndikats sind Spieler, die eine Bankroll teilen. Anstatt eines Geldgebers und eines Spielers hat man eine Reihe von Top-Spielern, die praktisch aus dem selben Geldtopf spielen.
Insbesondere in den High-Roller-Turnieren, die neuerdings bei jedem größeren Turnier angeboten werden, herrscht derartiges vor.
Wie sieht die Dynamik aus, wenn drei der vier letzten Spieler mit der selben Bankroll spielen?
Aus zwei Gründen können solche Syndikate problematisch für das Spiel sein. Erstens: Die Preise sind riesig, wir sprechen hier von 7-stelligen Beträgen. Zweitens: Die Anzahl der Spieler ist niedrig und so ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass das angesprochene Szenario eintritt.
Was denkt ihr über Syndikate und deren Einflüsse auf das Spiel?
Lee Davy ist ein amerikanischer Pokerspieler und Journalist, der seit geraumer Zeit für PokerListings.com polarisierende Kommentare zu aktuellen Themen verfasst. Dieser Artikel ist auf englisch hier zu finden.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 09.11.2013.