Das erste Mal, als Andy in unsere kleine Schlangengrube schlitterte, hatte er keine Chance. Das lag nicht daran, dass er wie jemand außer Gefecht gesetzt war, der seine Quaaludes mit Jack Daniels heruntergespült hatte oder kein grundsätzliches Gespür für Kartenspiele hatte. Man konnte einfach nicht sagen, ob er es besaß oder nicht, denn er spielte zum ersten Mal Poker um Geld.
Haben Sie den Abschnitt von Jesse Mays Shut Up and Deal gelesen, in dem er darüber spricht, dass Poker ein einfaches Spiel sei? Jesse macht klar, dass man um Poker spielen zu können aufgrund der Mithilfe der Dealer und Mitspieler lediglich nicht von seinem Stuhl fallen darf. Andy saß noch auf seinem Stuhl.
Schauen wir uns das Szenario an. Wir schreiben das Jahr 1991 und wir spielen 3 $/6 $ Limit Hold’em und Omaha in einer privaten Runde, die sich fast jeden Abend traf. Die beiden Varianten wurden nach jeder Runde gewechselt und Omaha wurde nicht Hi/Lo, sondern ausschließlich High Only Limit gespielt – eine Version, die eine ziemlich wüste Zockerei darstellt.
Außerdem durfte nicht gecheckt werden. Ja, sie haben richtig gelesen. Man konnte setzen, callen oder folden. Mehr nicht. Der einzige Name, der mir für diese Struktur bekannt ist, lautet „bet or get“, weil man als Erster am Zug nur setzen oder folden konnte. Diese Struktur war in unserer Gegend so verbreitet, dass Check-Raises vielen extrem rüde erschienen, als das Columbus Partien mit Checks einführte.
Die Partien verliefen loose. Wie loose, fragen Sie? Ich habe in Partien gespielt, in denen Folds sehr verpönt waren. Diese Gruppe von Spielern war so loose und liebevoll, dass einem echte Sympathie entgegengebracht wurde, wenn man vor Ende der Hand gefoldet hatte. Wenn Sie das Gefühl haben, diese Partien seien Schlachten gewesen, in denen die Chips förmlich auf den Tisch gekotzt wurden, haben Sie es genau richtig erfasst. Doch kommen wir zu Andy zurück…
Nach einigen Runden hatte Andy sich eine Setzstrategie angewöhnt, mit der jeder zufrieden war. Immer wenn er an der Reihe war, sagten wir Andy, wie viele Chips er für einen Call setzen musste und anschließend tat er dies. Er raiste und foldete nie. Andy brauchte etwas Zeit, um seine Chips zu setzen, daher warteten wir nicht auf die Beendigung seines Calls, bevor wir weiterspielten. Als Resultat war Andy ziemlich stark damit beschäftigt, während jeder Hand seine Chips in den Pot zu bringen. Ich saß direkt neben Andy und half ihm häufig bei den Einsätzen, beim Showdown, beim Trinkgeld usw.
Und dann kam es zu dieser Hand…
Wir spielten Omaha. Die Hand endete mit einer der spektakulärsten Setzrunden auf dem River, die ich je gesehen habe. Andy war als Letzter am Zug. Außer ihm waren noch zwei weitere Spieler in der Hand, nennen wir sie A und B. Spieler A war als Erster am Zug, daher musste er entweder 6 $ setzen oder folden. Er foldete. Spieler B war als Nächster dran. Spieler B war mit einem Gegner konfrontiert, der nur sehr gelegentlich eine vage Vorstellung von seiner Hand hatte. Spieler B foldete. Andy gewann den Pot ohne Showdown. Der Dealer schob Andy den Pot zu und und ein stolzes Lächeln breitete sich auf Andys Gesicht aus. Er grapschte eine seiner Karten vom Tisch. Er verbarg sie in seinen Händen und zeigte sie nur mir – das A . (Auf dem Board lagen weder Asse noch Herz-Karten, aber dennoch…)
Sofort setzte ein wildes Geheul an: “Show one, show all! Show one, show all!“ (Anm. d. Ü.: Dies kann im Englischen sowohl bedeuten „Zeigst du sie einem, musst du sie allen zeigen!” als auch “Zeigst du eine, musst du alle zeigen!”)
Natürlich hatte Andy noch nie von dieser geläufigen, uralten Regel gehört, die besagt: „Wenn Sie jemandem eine ungecallte Hand zeigen, dürfen alle anderen Spieler diese auch sehen, aber nur, nachdem diese verächtlich den „Show one, show all“-Gesang angestimmt haben.“
Verdutzt, aber immer noch des Englischen mächtig und wissend, dass er etwas furchtbar Schlimmes getan hatte, folgte Andy den Anweisungen. Er nahm seine anderen drei Karten auf und zeigte sie mir.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 22.05.2009.