Unklare Verhältnisse hasse ich noch mehr als schief hängende Bilder. Fußball ist gut! Da ist alles waagrecht und ich kenne mich aus. Nur der Borderline Patient mit den großen Handschuhen hat die Ballanfassberechtigung. Der Tölpel mit der Pfeife darf fast alles außer mitspielen und wenn sich viele Männer mit öligen Haaren auf dem Boden wälzen, heißt der Gegner Italien.
Poker ist auch so eine berechenbare Parawissenschaft. Ich bin der, der gut spielt und Pech hat. Meine Gegner haben keine Ahnung, dafür aber immer Glück. Schuld ist der Totenvogel gegenüber, der mit einem höhnischen Lächeln auf der Fratze die übelsten aller Karten aus dem Deck zupft und dann noch Trinkgeld erwartet, wenn ihm diese absichtliche Versenkung ausnahmsweise mal misslingt. Brutal – aber ich kenne mich aus und weiß, wie das läuft.
PokerOlymp ist auch eine eigentlich annehmbare Konstruktion.
P O K E R O L Y M P – zehn Buchstaben, eine runde beruhigende Zahl. Dann die klare Rollenverteilung. Wir hier, die Redaktion, schrauben die Sätze, würzen mit leckeren Adjektiven (auf ausdrücklichen Leserwunsch und ohne Aufpreis auch mit Attributen). Kümmern uns um Syntax und Ductus und wer einen brauchbaren Okkasionalismus bildet, darf früher nach Hause gehen.
Auch der geschätzte PokerOlymp Leser hat in diesem Konstrukt seine soziale Rolle und Funktion. Er darf zustimmend nicken, verärgert schnaufen, sich ruhig mal auf die Schenkel klopfen oder seinem Trieb sich mitzuteilen folgend, kurze ungelenke Kommentare schreiben. Das war es dann aber auch bitte schön! Leser mit textlichen Talenten machen mich nachhaltig nervös. Fantasie und Kreativität möglichst bitte im Zaum halten, auch wenn es noch so schwer fällt und niemals irgendetwas irgendwo so läuft, wie ich gerne hätte.
Und obwohl schon der ehrwürdige Chefredakteur Goethe wusste, dass man die Leser, die man rief, nicht mehr so ohne weiteres los wird, haben wir uns in dieses Wagnis gestürzt und die redaktionelle Tür ein wenig geöffnet. Dutzende ja hunderte Leserzuschriften und so ungern ich auch zugebe – die gebildeten Sätzchen mit den vier vorgegebenen Versalien C A P T sind äußerst gut gelungen und versüßen uns den bitteren Arbeitsalltag. Allerdings was steckt dahinter? Wieso können Leser schreiben und wieso haben sie dabei auch noch Fantasie und Witz? Mir kommt das verdächtig vor und ich traue niemandem. Wer an meinem Sessel sägen will, muss den Krug schon in der goldenen Morgenstunde zum Brunnen tragen. Aber ich werde mich wehren mit transitiven Verben und es wirklich sein muss, auch mit intransitiven. Weil die Texthoheit hat hier immer noch die Redaktion. – Besonders warnen möchte ich folgende zwölf Leser:
Feind 1 – Markus Gruber: „Chinas Atomphysiker Pokern Täglich“
Feind 2 – Nils Hendrik Kröger: „Cashgame amüsiert professionelle Turnierspieler“
Feind 3 – Brandybock: „Catch a princess throne“
Feind 4 – Tuan: „Chance auf Poker Titel“.
Feind 5 – Raik Fischer: „Coaching Akademie Plant Telefontraining”
Feind 6 – Michael Gloning: „Cockerspaniel apportieren perfekt Tekanüsse”
Feind 7 – Markus Gögele: „Carlas Affe pantscht Traubensaft“
Feind 8 – Felix Blasshofer: „Chantals Allergie pigmentiert tüpfelweise“
Feind 9 – Thomas Schäfer: „Coinflips are progressive torture“
Feind 10 – Jessi Walter: „Caesar aß panierte Trauben”
Feind 11 – Marc Grüttner: „Chip – A Poker Titan“ (in Memoriam Chip Reese)
Feind 12 – Markus Gruber: „Cricket-Spieler aus Papua-Neuguinea triumphieren“
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 01.01.1970.