Wie ich schon im letzten Artikel angekündigt habe, werden wir uns in den nächsten Wochen mit den „13 Geboten des Sun Tzu“, der erfolgreichen Kriegskunst befassen. Wenn man überlegt, dass nach diesen Geboten 80 Prozent der heutigen Top-Manager arbeiten, kann das ja fürs Pokern, wenn man das psychologisch umsetzt und erklärt, nur von Vorteil sein. Der erste Weg zum Erfolg ist die Erkenntnis über sich selbst. Sicher muss man hier unterscheiden zwischen Profi- und Hobbyspieler, gehen wir von Menschen aus die diesen Sport ernsthaft betreiben.
In keinem anderen Sport ist es so wichtig, sich mit sich selbst auseinander zu setzen, wie beim Pokern. Seine eigene Persönlichkeit zu analysieren und zu erkennen, wo meine Stärken und Schwächen sind, ist zugegeben das Schwierigste, aber unbedingt notwendig, um erfolgreich Poker spielen zu können. Am besten man setzt sich hin und schreibt auf, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen. Nennen wir diese Liste einfach „persönliche Arbeitsliste“. Die meisten Menschen wissen zwar, was ihre Stärken und Schwächen sind, aber wenn man es schwarz auf weiß hat und sich immer wieder vornehmen kann, hat man eine Kontrolle über seine Fortschritte, vorausgesetzt man setzt sich ernsthaft damit auseinander und arbeitet an sich. An dieser Stelle möchte ich noch mal das Thema „ guter Lauf, schlechter Lauf” aufgreifen. Wenn man in der falschen Situation ist, neigen wir dazu, an uns zu zweifeln und man hadert mit sich. Gerade an diesem Punkt spielt man eher mit seinen Schwächen, als mit seinen Stärken. Also sollte auf die Liste unbedingt der Punkt, “wie verhalte ich mich, wenn es mal nicht so gut läuft“. Wenn man sich vorher damit auseinander gesetzt hat und dies analysiert, geht man leichter damit um und besinnt sich wieder auf seine Stärken.
Der nächste Schritt ist zu schauen, ob ich Achtung und Respekt vor meinen Mitspielern habe. Wenn man jeden Spieler respektiert, sei er auch noch so schwach, vermeidet man, Gegner zu unterschätzen. Wir erwarten ja auch, dass wir von den Spielern am Tisch geachtet und respektiert werden. Manch ein Spieler wird es schon erlebt haben, dass man am Tisch den ein oder anderen Spieler hat, den man belächelt. Die Gefahr dabei ist, mache Einsätze zu machen, die man gegen einen vermeidlich starken Gegner nicht machen würde. Wenn man dann gegen einen solchen Spieler verliert, ist der Frust umso größer. Ich sollte mir einprägen, dass jeder Spieler mich vom Tisch holen kann.
Der nächste wichtige Punkt, dem wir uns zuwenden wollen und der zu jeder wichtigen Vorbereitung gehört, ist das Lernen, Entscheidungen vorzubereiten und neue Situationen zu berücksichtigen. Wie wichtig es ist, Entscheidungen zu treffen, weiß jeder Mensch. Tagtäglich sind wir zigmal in der Situation, welche Entscheidung treffe ich nun. Ist es die richtige oder könnte ich jetzt einen Fehler machen? Wichtig ist zu erkennen, welche Tragweiten Entscheidungen haben können. Genau aus diesem Grund treffen viele Menschen ungern oder gar keine Entscheidungen. Nur was gibt es schlimmeres, als keine Entscheidung zu treffen? Im alltäglichen Leben kann man ruhig mal sagen “ich schlafe mal drüber und morgen werde ich schon wissen was richtig oder falsch ist“. Das funktioniert im alltäglichen Leben, aber leider nicht am Pokertisch. Hier muss ich in Sekunden eine Situation erfassen, analysieren und überlegen, welche Konsequenzen die nächste Entscheidung hat. Die Frage ist: “Kann ich lernen, richtige Entscheidungen zu treffen?” Die Frage wird im Coaching sehr oft gestellt. Lernen kann man das sicher nicht, aber man kann lernen, mit den vermeintlich richtigen oder falschen Entscheidungen umzugehen. Das einfachste ist ja, wenn etwas nicht gelaufen ist, die Schuld bei meinem Gegenüber zu suchen. Wenn ich mich nach den Entscheidungen aber wirklich damit auseinander setze, ob sie nun richtig oder falsch waren, gehe ich gelassener damit um.
Lee IacoccaSun Tzu sagte dazu (für das westliche übersetzt):
„Natürlich können auch spontane und emotionale Entscheidungen durchaus erfolgreich sein. Je komplexer aber die zugrunde liegenden Tatbestände sind, desto eher werden solche Entscheidungen falsch sein. Vertrauen Sie also nicht ausschließlich auf Ihre Intuition oder Ihre Erfahrung, sondern seien Sie immer vorbereitet und treffen Sie keine Entscheidung unvorbereitet oder auf Basis eingefahrener Verhaltensmuster“
Natürlich gibt es kein Schema F, nach dem man vorgehen kann, und jede Entscheidung die ich treffe, von der ich überzeugt bin, dass sie die richtige ist, kann in der nächsten Sekunde schon die falsche sein. Wichtig ist, sich damit zu beschäftigen, um daraus zu lernen. Alles einfacher gesagt als getan. Natürlich ist das nicht einfach, aber ich bin davon überzeugt, dass erfolgreiche Spieler genau diese Eigenschaften besitzen. Sich jeden Tag damit auseinander zusetzen, was habe ich falsch und was habe ich richtig gemacht, auch das ist eine Entscheidung, die man getroffen hat.
In diesem Sinne….
Manfred Schuetz
Zitat
Man kann die raffiniertesten Computer der Welt benutzen und alle Diagramme und Zahlen parat haben, aber am Ende muss man alle Informationen auf einen Nenner bringen, muss einen Zeitplan machen und muss handeln.
Lee Iacocca (*1924), amerikanischer Topmanager, 1979-92 Präsident der Chrysler Corp
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 24.02.2007.