Seit gut drei Jahren mischt der Re-Entry-Modus bei Poker-Turnieren die Szene auf und wird bei den Veranstaltern immer beliebter. Aber beileibe nicht jeder Spieler ist mit diesem Modus einverstanden.
Letzten Freitag meldete sich Turnierdirektor Matt Savage auf PokerNews.com zum Thema Re-Entries zu Wort. Er selbst zeichnet sich mit dafür verantwortlich, dass es diese Turniere überhaupt gibt, lief doch unter seiner Direktion 2010 eines der ersten großen Turniere in diesem Format – ein $335-Turnier mit einer Garantie von einer Million Dollar, mehreren Starttagen und eine Re-Entry-Option.
Inzwischen sieht Savage die Idee Re-Entries eher kritisch. Bevor es solche Turniere gegeben hätte, wären die Side-Games und andere Angebote eines Kasinos, welches ein großes Turnier ausrichtet, weit mehr genutzt worden. Mit dem Aufkommen der Re-Entry-Turniere seien die Cash-Games deutlich dünner besetzt, da Spieler ihr Geld jetzt zu größeren Teilen im Turnier ausgeben. Außerdem nehme man den Spielern zu schnell und womöglich zu viel Geld ab, so dass sie an späteren Turnieren nicht mehr teilnehmen wollen oder können.
Von den Rebuy-Turnieren zu den Re-Entries
Um Re-Entry-Turniere zu bewerten, sollte man zunächst einen Blick darauf werfen, wo diese überhaupt herkommen. Ihren Ursprung haben diese Turniere in den Rebuy-Turnieren. Bei Rebuy-Turnieren können Spieler in den ersten Stunden, wann immer ihr Stack kleiner oder gleich dem Startstack ist, ein Rebuy tätigen. Nach dem Ende der Rebuy-Phase ist es in der Regel noch gestattet, ein Add-On zu tätigen, welches zusätzliche Chips gibt.
Das tatsächlich bezahlte Startgeld ist bei den meisten Spielern um ein Vielfaches höher als das ausgewiesene Buy-In. Zum Rebuy gibt es einen schönen Artikel von Rainer Gottlieb, bei dem er von den krassen Auswüchsen berichtet, zu denen dieses Format führen kann.
Bis 2008 wurden auch bei der WSOP Rebuy-Turniere angeboten, doch auch diese nahmen am Ende absurde Ausmaße an. Einige Profis, die durch Wetten auf eigene Bracelets wesentlich mehr Geld verdienen konnten, als überhaupt im Preispool eines Turniers lag, waren während der Rebuy-Phase praktisch permanent all-in und zogen immer wieder neue Rebuys in der Hoffnung mit etwas Glück bis zum Ende der Phase einen monströsen Stack zu haben.
Voll auf Re-Entry: WPTAb 2009 wurde dieses Spektakel unterbunden und kaum ein großes Turnier kommt seitdem noch in diesem Rebuy-Modus daher.
Abgelöst wurden diese Turniere dann ab 2010 von den Re-Entry-Turnieren. Diese funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip, führen aber nicht zu so krassen Auswüchsen. Den Spielern ist es gestattet, nachdem sie an einem Starttag ausgeschieden sind, am nächsten Tag nochmals einzusteigen. Anders als bei den Rebuy-Turnieren wird hier bei jedem Re-Entry abermals die Turniergebühr entrichtet.
Inzwischen wird jede WPT im Re-Entry-Modus geführt und viele kleinere Serien haben diesen Modus ebenfalls adaptiert.
Was spricht für Re-Entry-Turniere?
Aus Sicht des Veranstalters sind Re-Entry-Turniere eine Sicherheit, ein garantiertes Preisgeld zu erreichen, im Allgemeinen mehr Geld in den Preispool zu bekommen und eine höhere, wenn auch etwas fiktive, Teilnehmerzahl zu erzielen.
Mehr Preisgeld durch Re-EntriesEs ist prinzipiell überhaupt nichts verkehrt daran, dass ein Veranstalter versucht, eine werbewirksame Garantie über ein Turnier zu setzen und dann über Re-Entry-Optionen halbwegs sicherstellt, dass diese auch erreicht wird. Ein €550-Turnier mit einem garantierten Preispool von einer halben Million Euro wird in der Regel deutlich mehr Spieler anziehen als ein gleiches Turnier ohne diese Garantie.
Auch für die Spieler sind Re-Entries sehr praktisch. Hat man sich zum Beispiel vier Tage freigenommen, um ein bestimmtes Turnier zu spielen, ist es sehr ärgerlich, wenn man nach wenigen Stunden an Tag 1A ausscheidet und dann womöglich die nächsten drei Tage nichts zu tun hat. So hat man die Möglichkeit, an Tag 1B wieder einzusteigen und sich ein weiteres Mal zu versuchen.
Der Mythos vom Nachteil für Spieler ohne Re-Entry
Eines der am häufigsten vorgebrachten Argumente gegen Re-Entry-Turniere ist, dass Gelegenheitsspieler, die kein Re-Entry vornehmen, benachteiligt werden.
Tatsächlich ist es so, dass Spieler, die auf diese Option verzichten, eine geringere Chance haben, in diesem Turnier weit zu kommen. Aber dafür zahlen sie auch weniger Startgeld.
Nehmen wir ein krasses Beispiel, um dies zu illustrieren: 100 Spieler nehmen an einem €100-Turnier teil und 99 davon tätigen einen Re-Entry, nur ein Spieler verzichtet darauf. Dann hat das Turnier einen Preispool von €19.900, es werden 20 Plätze bezahlt und für den Sieger wird es rund €5.000 geben. Effektiv spielen die 99 Re-Entry-Spieler nun ein €200-Turnier und der eine Spieler ein €100-Turnier mit dem halben Stack. Schon aus ICM-Gründen ist der Erwartungswert dieses Spielers deutlich höher im Vergleich zum gleichen Turnier ohne Re-Entry-Option.
Dazu kommt, dass viele Spieler, die planen, im Falle eines Ausscheidens ein Re-Entry vorzunehmen, anfangs eher suboptimal spielen. Oftmals lassen sie sich auf marginal ungünstige Situationen ein, in der Erwartung entweder früh einen großen Stack aufzubauen oder anderenfalls nachzukaufen. Solche Gegner lassen sich leichter ausspielen und sind profitabel, auch wenn man selbst dafür ein gutes Stück mehr Varianz in Kauf nehmen muss.
Warum Re-Entry-Turniere problematisch sind
Das Bauchgefühl der Gelegenheitsspieler, dass Re-Entry-Turniere für sie nachteilig sind, mag zwar mathematisch falsch sein, aber man sollte diesem Gefühl dennoch ein hohes Gewicht beimessen. Am Ende leben die meisten Turniere eben nicht von den 50 (semi)professionellen Spielern, die teilnehmen, sondern von den 500 Amateuren, die meistens immer noch den größten Anteil unter den Spielern ausmachen.
Turniere sollten sich daran orientieren, was diese Spieler erleben wollen und wofür diese bereit sind, Zeit und Geld zu opfern.
Re-Entry-Turniere verzerren in der Berichterstattung stark die Teilnehmerzahl, denn die Anzahl der tatsächlichen Spieler und der getätigten Re-Entries wird nicht separat gezählt. Man nehme zum Beispiel die die jüngst abgeschlossene WPT in der Karibik. Als offizielle Teilnehmerzahl wird 192 geführt. Aber tatsächlich dürften nur rund 120 Spieler an dem Turnier teilgenommen haben.
Multi-Entry: Full TiltGanz absurd werden diese Zahlen online. Dort bietet vor allem Full Tilt nicht nur Re-Entry, sondern gleich Multi-Entry-Turniere an. Bei diesen spielt man mit mehreren Stacks parallel, bis am Ende nur noch einer übrig bleibt, oder diese zusammengelegt werden. Das Auftakt-Turnier der aktuell laufenden FTOPS XXIV verzeichnete 2.851 Spieler, aber die Zahl der verschiedenen Spieler dürfte eher bei rund 1.000 liegen, denn es war den Spielern möglich, sich bis zu 5 Mal parallel einzukaufen und anstatt der $215 bis zu $1.075 Buy-In zu entrichten.
Bei diesen Formaten erreichen in erster Linie Spieler mit der entsprechenden Bankroll die höheren Preisgeldränge. Dafür spielen diese eben auch ein $1.075-Turnier und kein $215-Turnier. Es ist evident, dass solche Formate für Gelegenheitsspieler eher abschrecken wirken.
Ein an Betrug grenzendes Ärgernis ist bei Live-Turnieren dann und wann zu beobachten: Die Ankündigung eines regulären Freeze-Out-Turniers mit einer beträchtlichen Garantie und das Umschwenken auf Re-Entry-Modus kurz vor dem Start des Turniers, weil die Veranstalter andernfalls die Garantie nicht erreichen. Hier haben sich die Spieler auf ein Turnier für ein festes Buy-In eingestellt, Startgelder entrichtet oder Satellites gespielt, nur um erst danach zu erfahren, dass das Turnier effektiv teurer wird.
Die Zukunft von Re-Entry-Turnieren
Weder die WPT noch die WSOP planen, zukünftig in großem Stil Re-Entry-Turniere anzubieten. Beide Serien bieten den Spielern auch neben dem Main-Event eine Vielzahl von anderen Turnieren und Cash-Games, so dass die Spieler in der Regel auch im Falle eines frühen Busts mit reichlich Action versorgt sind.
Im Bereich der kleineren Serien dürften sich Re-Entry-Turniere für die nächste Zeit als der Standard-Modus durchgesetzt haben und dagegen ist auch wenig einzuwenden, so lange die Veranstalter die Turniere offen und transparent als solche ausweisen und klare Regeln haben, wann und wie viele Re-Entries ein Spieler vornehmen darf.
Generell ist bei diesen Turnieren allerdings ein wenig mehr Transparenz wünschenswert: Wie viele verschiedene Spieler nehmen teil und wie viele tätigen Re-Entries? Full Tilt und die WPT würden sicherlich nicht daran zugrunde gehen, diese Daten offen anzugeben. Den Spielern machte es die Planung mit Sicherheit leichter, wenn sie abschätzen könnten, wie teuer ein Turnier, das sie spielen wollen, tatsächlich wird.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 26.11.2013.