Letzte Woche ließen wir unsere Leser eine Ass-König-Hand durchspielen und wollten wissen, was sie vor und nach dem Flop mit der Hand so anstellen würden.
Hier wollen wir die die Fragen auflösen, also unsere Meinung dazu kundtun:
Ausgangssituation: Eine ganz normale Cash-Game-Hand
Unser Protagonist sitzt in einer lokalen Cashgame-Runde mit Blinds von €1 / €2. Das Spiel am Tisch ist im allgemeinen recht loose und passiv und Flops werden in der Regel von vielen Spielern gesehen. Bei unserem Protagonisten lief es bislang recht gut und er stapelt €450 vor sich. Dann kommt es zu folgender Hand:
Ass-König vor dem Flop
Am Button bekommt der Protagonist A K . Nach drei Limps erhöht der Spieler im Cut-Off auf €10. Der Cut-Off hat einen Stack von €210, spielt vergleichsweise aggressiv, packt die ganz großen Bets aber nur mit den Nuts aus. Was ist hier der beste Zug?
Das wollten unsere Leser machen:
Fold | 2% |
Call | 14% |
Reraise auf €25 | 61% |
Reraise auf €50 | 23% |
Ganz klar, ein Reraise ist hier der beste Spielzug. Ass-König dürfte deutlich besser sein als die Range, mit der der Cut-Off raist und mit dieser Hand hat man durchaus Interesse daran, die Zahl der Mitspieler zu reduzieren.
Mit Ass-König will man nicht Top-Pair treffen und dann gegen vier oder noch mehr Gegner antreten – denn mit so vielen Mitspielern ist es deutlich wahrscheinlicher, dass dieses Top-Pair geschlagen ist. Ein oder maximal zwei Gegner sind weit besser und machen die Hand deutlich profitabler und auch einfacher zu spielen.
Zur Höhe des Raises: Mit einem Raise auf €25 drückt man wahrscheinlich die Limper aus dem Pot raus, lädt aber den Cut-Off zu einem Call ein. Dies wäre eine sehr günstige Situation für den Protagonisten, denn dieser sähe dann in Position einen Flop mit einer Hand, die wahrscheinlich stärker ist als die seines Gegners.
Mit einem Raise auf €50 macht man es dem Cut-Off wesentlich schwerer mit einer Hand wie Ass-Zehn oder König-Dame zu callen. Aber mit genau diesen Hände will man ihn ja in den Pot locken, insofern besteht bei einem so großen Reraise die Gefahr, sich gegen die besseren Hände seiner Range zu isolieren.
Top-Pair zu viert
Der Protagonist entscheidet sich für einen Call. Die Spieler in den Blinds folden, aber zwei Limper (beide haben über €500 vor sich) callen. So sieht man zu viert einen Flop. In der Mitte liegen €43 und das Board fällt A 7 2 . Nach zwei Checks spielt der Cut-Off €25 an. Was sollte der Protagonist mit seinem Top-Pair nun machen?
Das wollten unsere Leser machen:
Fold | 2% |
Call | 48% |
Raise auf €50 | 23% |
Raise auf €100 | 27% |
Nachdem der Protagonist die ungünstige Option Call vor dem Flop gewählt hat, muss er sich mit seinem Top-Pair und drei Mitspielern rumschlagen.
Glücklicherweise ist das Board unglaublich trocken gekommen – es gibt keine realistischen Draws und nur sehr wenige Hände, die den Protagonisten schlagen.
Wenn er hinten liegt, dann weil einer seiner Gegner mit 77 oder 22 ein Set getroffen hat oder weil jemand Ass-Zwei oder Ass-Sieben spielt.
Wenn Ass-König hier die beste Hand ist (und in den meisten Fällen wird das so sein), haben die drei Gegner zusammen bestenfalls fünf bis zehn Outs. Sprich: In über 80% der Fälle ist Ass-König auch noch auf dem Turn die bessere Hand.
Deswegen spielt Schutz der Hand, auch gegen drei Gegner, eine nur sehr untergeordnete Rolle. Der Protagonist sollte viel eher sicherstellen, dass er von schwächere Hände ausgezahlt wird. Ein Raise auf dem Flop ist deswegen eher kontraproduktiv. Damit macht man es einem Gegner mit Ass-Zehn oder ähnlichen, schlechteren Top-Pair-Händen zu einfach, aus der Hand zu kommen.
Das Kommando übernehmen?
Der Protagonist callt abermals und einer der Limper tut es ihm gleich. Bei ihm handelt es sich um einen sehr tight und passiv spielenden älteren Herren. Der Turn fällt J und es liegen €118 in der Mitte. Beide Mitspieler checken zu unserem Protagonisten. Was tun?
Das wollten unsere Leser machen:
Check | 45% |
Bet €50 | 35% |
Bet €100 | 20% |
Mit €118 in der Mitte und effektiven Rest-Stacks von €175 (gegen den CO) und €415 (gegen den Limper) ist der Protagonist nun auf dem Turn und hat die Möglichkeit, die Initiative zu übernehmen.
Prinzipiell gibt es keine Veranlassung zu vermuten, dass Top-Pair nicht mehr die beste Hand ist. Der Cut-Off scheint aufgegeben zu haben und der passive Limper hat auch noch nicht sonderlich viel Stärke gezeigt. Sein Call auf dem Flop (ohne Position und nachdem vor ihm schon jemand gecallt hatte) legt jedoch nahe, dass er irgendetwas halbwegs Interessantes hat.
Auch wenn der Limper tight spielt, sind sehr wahrscheinlich sehr viele Ass-X-Hände in seiner Range. Asse werden eben immer gespielt. Eine halbwegs realistische Range wäre etwa:
AQ bis A7, 77 und 22
Damit hätte der Limper bis hierher so gespielt und würde sehr wahrscheinlich auch eine moderate Bet auf dem Turn zahlen. Gegen diese Range liegt Ass-König gut vorne und gewinnt in 60% der Fälle. Entsprechend ist eine Bet profitabel.
Dazu kommt, dass man mit einer Bet von zufälligen Händen auch noch ein wenig Geld bekommen kann – etwa wenn der Cut-Off mit K Q auf einmal einen Draw aufgeschnappt haben sollte.
Eine Bet in Höhe von €50 bis €70 (ungefähr halber Pot) ist hier das sinnvollste. Damit lädt man schwächere Hände immer noch zu einem Call ein und lässt sich Optionen offen.
Da wehrt sich einer!
Der Protagonist entscheidet sich, €50 zu setzen. Daraufhin erhöht der Limper ohne lange nachzudenken auf €150. Der Cut-Off foldet und unser Protagonist ist etwas ratlos. Was sollte er tun?
Das wollten unsere Leser machen:
Fold | 75% |
Call | 15% |
All-In | 10% |
Ein Viertel unserer Leser begehen an dieser Stelle einen fundamentalen Fehler. Ein Fold ist die einzige sinnvolle Option nach dem Verlauf der Hand.
Der Grund ist ein einfacher: Top-Pair ist hier in mehr als 90% aller Fälle geschlagen und hat bestenfalls drei Outs gegen die Hand des Cut-Offs, ist aber wahrscheinlich komplett tot.
Ein tighter, passiver, älterer Herr wacht nicht auf einmal auf dem Turn auf und bugsiert dreistellige Beträge in den Pot, wenn er nicht eine bärenstarke Hand hat. Das heißt, eine Hand, die ganz dicht an den Nuts dran ist.
Ja, man sieht passive Spieler (auch tighte) bei Showdowns gerne mal mit dem merkwürdigsten Gemüse in riesigen Pötten, aber dann haben sie sich bis zum Showdown durchgecallt. Wenn ein Spieler, der nur einmal pro Stunde eine Hand raist, auf einmal die Initiative übernimmt, hat er praktisch immer ziemlich genau das, was er repräsentiert.
Übrigens: Nur weil es nach der Bet des Protagonisten auf dem Turn einen Raise gab, heißt das noch lange nicht, dass diese verkehrt war. Die Hand danach zu analysieren ist ergebnisorientiert und wenig zielführend. Die Bet auf dem Turn war völlig korrekt, dank des Raises hat der Protagonist neue Informationen, kann die Hand neu bewerten und foldet nun einfach.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 10.02.2015.