20 Prozent aller Spieler tätigen 80 Prozent aller Einzahlungen und nur 20 Prozent unserer Entscheidungen beim Spiel sind für 80 Prozent unserer Gewinne oder Verluste verantwortlich.
Die ökonomische 80-20-Faustregel, auch Paretoprinzip genannt, greift auch beim Pokerspiel. Was das ist und bedeutet, soll dieser Artikel erhellen.
Was ist das Paretoprinzip?
Die 80-20-Regel wurde erstmals von dem italienischen Ökonom Vilfredo Pareto beschrieben. Die Legende besagt, dass er bei der Gartenarbeit feststellte, dass 80 Prozent aller Erbsen aus nur 20 Prozent aller Hülsen kommen. Eine ebensolche Verteilung fand er auch bei den Bodenbesitzverhältnissen in Italien vor: 80 Prozent des Bodens wird von nur 20 Prozent der Bevölkerung besessen wird.
Auch bei vielen anderen Dingen findet man eine ähnliche Verteilung. So halten zum Beispiel die reichsten 20 Prozent der Weltbevölkerung etwas über 80 Prozent des Einkommens.
Aufgegriffen und benannt wurde das Paretoprinzip in den ‘40 Jahren vom amerikanischen Unternehmensberater Joseph Juran. Der fand diese 80-20-Regel bei zahlreichen Dingen bestätigt. Etwa: 80 Prozent der Umsätze eines Unternehmens kommen von 20 Prozent aller Produkte, 80 Prozent der Gewinne kommen von 20 Prozent der eingesetzten Zeit oder auch 80 Prozent aller Beschwerden kommen von 20 Prozent aller Kunden.
Pareto PrinzipAls Faustregel gilt das Paretoprinzip tatsächlich sehr weitreichend: 80 Prozent aller Wirkungen kommen von 20 Prozent aller Ursachen.
Paretoprinzip beim Poker
Kann man dieses Prinzip auch beim Poker finden? Natürlich kann man und es gibt viele Aspekte bei denen das Prinzip auftaucht:
Ein konkreter Blick auf die Highstakes: Auf den gesamten Januar 2015 gerechnet haben insgesamt rund 290 verschiedene Spieler Geld an den Online-Highstakes-Tischen gewonnen. Insgesamt wurden rund 9,9 Millionen Dollar gewonnen. Die Top-20-Prozent aller Gewinner räumten 8,5 Millionen Dollar ab – etwas unter 85 Prozent. Ähnlich die Zahlen bei den Verlierern: 20 Prozent aller Spieler sind für rund 84 Prozent aller Verluste verantwortlich.
Auch bei Preisgeldern bei Turnieren sieht man eine ähnliche Verteilung. Bei EPT-Turnieren zum Beispiel erhalten die Top-25 Prozent aller Spieler, die ins Geld kommen, rund 75 Prozent der Preisgelder.
Ebenso dürfte das Pareto-Prinzip bei dem Geldfluss in einem Casino gelten: 20 Prozent aller Kunden sind für 80 Prozent aller Einzahlungen verantwortlich. Mit diesen 20 Prozent sollten sich Casino und Mitspieler gut anfreunden. Online wiederum sorgen Pi mal Daumen 20 Prozent aller Spieler für 80 Prozent aller Rake.
Pokerstrategie und Pareto
Kann man nun mit dem sehr vage gehaltenen Paretoprinzip irgendetwas anfangen, um sein Pokerspiel zu verbessern? Ja, denn es hilft auf Fälle, den Fokus richtig zu legen.
Top 20 Prozent allerPokerhände
Nehmen wir zum Beispiel die Handauswahl bei einem Texas-Hold’em-Spiel. Gewisse Hände werden immer gespielt, etwa Asse; einige meistens, etwa Ass-Dame und viele andere nur sehr selten, etwa Sieben-Vier. Tatsächlich gilt mehr oder weniger: Nur 20 Prozent aller Starthände sind für über 80 Prozent des Umsatzes verantwortlich.
Das gleiche gilt bei vermeintlich spielentscheidenden Situationen: Bestenfalls 20 Prozent aller unserer Entscheidungen sind für 80 Prozent unserer Gewinne verantwortlich.
Zentral ist, dass wir diese wichtigen 20 Prozent unserer Entscheidungen finden und dort besser werden.
Wer etwa in einem Live-Casino erfolgreich sein will, sollte sich zum Beispiel darauf konzentrieren, gegen die loose-passiven Spieler optimal zu spielen, denn da kommt das Geld her. Es ist bestenfalls zweitrangig, ob wir die anderen guten Spieler am Tisch schlagen, so lange wir von den schwächeren Spielern genug gewinnen.
Und für Neuankömmlinge in der Pokerwelt hat die 80-20-Regel auch etwas Beruhigendes: Wenn man 20 Prozent aller wichtigen strategischen Pokerregeln beachtet, ist man schon zu mindestens 80 Prozent ein guter Pokerspieler.
Deswegen bläut man Pokerspielern am Anfang auch immer ein tight und aggressiv zu spielen. Denn das reicht für’s erste, auch wenn man sich dann und wann mit Implied Odds, Fold Equity oder dem Range-Merging vertun sollte.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 22.02.2015.