Wenn Sie einmal eine Range für die Hand des Gegners auf dem Flop bestimmt haben, ist das Lesen der Hand auf dem Turn relativ leicht. Die Turn-Karte hat die Hand ihres Gegners entweder verbessert oder eben nicht. Hände können sich auf dem Turn auf folgende Art und Weise verbessern:
- Ein Draw kann sich vervollständigen.
- Ein geflopptes Paar kann zu Two-Pair oder Trips werden.
- Der Gegner kann ein Paar bekommen.
- Der Gegner kann einen zweiten Draw bekommen.
- Das Board kann ‘bricken’, also für eine fertige Hand ungefährlicher werden. Als Beispiel sei hier ein Turn 2 auf einem T98-Board mit KK auf der Hand genannt.
Es gibt noch andere Möglichkeiten, wie sich eine Hand auf dem Turn verbessern kann, das sollten aber die Hauptszenarien sein.
Tipp Nr. 14: Ein Spieler, der auf dem Flop gecallt hat und sich auf dem Turn verbessert hat, wird selten folden.
Die Sache ist einfach, intuitiv und meist sehr verlässlich: Jeder, der auf dem Flop callt und sich auf dem Turn verbessert, wird nochmals callen (oder raisen). Es gibt ein paar Ausnahmen. Wenn Sie eine massive Overbet machen, können Sie Gegner zum folden bringen, die eine ‘normale’ Wette noch mitgegangen wären. Auch ‘Nits’ , also sehr passive Spieler, die das Risiko scheuen, folden manchmal auf dem Turn wenn sie sich nur wenig verbessert haben. Als Beispiel sei hier eine Turn-card 6 mit 67 auf der Hand bei einem 982-Board genannt.
Im Allgemeinen gilt aber die Faustregel: Die Spieler callen oder raisen wenn sie sich verbessert haben. Wenn sie sich nicht verbessern, machen sie im Allgemeinen mit starken gefloppten Händen weiter, mit den Schwächeren folden sie. Beim Turn sollten Sie ungefähr wissen, wie viele Hände in der Range Ihres Gegners sich verbessert haben. Das sollte Ihnen eine Ahnung geben, wie die Gegner bei einer Erhöhung reagieren.
Hier ein Beispiel: In einem $1-$2-Game mit Stacks von $300 limpen zwei Spieler und Sie erhöhen vom Button auf $12. Die Big-Blind callt, genau wie einer von den Limpern. Im Pot sind $39, Sie haben noch $288 in ihrem Stack.
Der Flop kommt K 10 6 . Beide Spieler checken zu Ihnen. Sie setzen $30, die Big-Blind geht raus, der andere Spieler callt. Jetzt sind $99 im Pot und Sie haben noch $258 vor sich stehen. Wie sieht die Range Ihres Gegners aus?
Hier die Range, mit der ein durchschnittlicher Spieler open-limpt: 44-22, A7s-A2s, KTs-K9s, JTs-54s, QTs-75s, Q9s-96s, A9o-A2o, KJo-K9o, QJo-98o, QTo. Lassen Sie uns noch die Hände 77-55 zu der Range hinzuzählen und so die Möglichkeit eines gefloppten Sechser-Sets berücksichtigen. Wir dürfen natürlich nie vergessen, dass die Ranges in diesem Buch nur allgemein gehalten sein können. In der Realität müssen Sie diese natürlich genau dem Spiel ihres Gegners anpassen und Hände hinzufügen oder weglassen.
Welche dieser Hände könnte einen K 10 6 -Flop getroffen haben? Antwort: 66, A6s, KTs-K9s, JTs-65s, QTs-86s, Q9s, T7s-96s, As7s, As5s-As2s, 5s4s, 7s5s, Js8s, A6o, KJo-K9o, QJo-98o und QTo. Auf diesem recht koordinierten Flop könnte der Gegner mit seiner Range also eine ganze Menge Hände getroffen haben. Beachten Sie, dass fast alle ‘connected Hands’ entweder ein Paar oder einen Gutshot auf dem Flop getroffen haben. Lassen Sie uns die Starthände in stark und schwach unterteilen:
Stark: 66, KTs-K9s, As7s, As5s-As2s, JsTs-8s7s, QsTs-9s7s, Qs9s, Ts7s, KJo-K9o, QJo
Schwach: A6s, JTs-65s, QTs-86s, Q9s, T7s-96s, 5s4s, 7s5s, Js8s, A6o, JTo-98o, QTo
Die schwachen Hände auf diesem Flop sind hauptsächlich drei Arten von Händen: Gefloppte Paare, die niedriger als Top-Pair sind, Gutshots und kleine Flush-Draws. Die starken Hände sind Top-Pair oder besser, Nut-Flush-Draws und Combo-Draws, also Straight- und Flush-Draws plus Paar- und Flush-Draws. Wie man sieht, ist die Anzahl der möglichen starken und schwachen Hände ungefähr gleich. Weil es recht viele schwache Hände gibt, wird die Turn-Card entscheidend dafür sein, ob Ihr Gegner den Turn callt oder eben nicht.
Sagen wir, die Turn-Card kommt 2 . Wie viele schwache Hände wird diese Karte verbessern? Keine. Wenn Sie auf dem Turn $70 in den $99-Pot setzen, sollten die Gegner demnach in den meisten Fällen folden.
Was wäre, wenn der Turn K kommt? Die gleiche Geschichte. Keine der schlechten Hände hat sich verbessert und wieder würde wohl in den meisten Fällen gefoldet werden.
Wie wäre es mit 5 auf dem Turn? Jetzt haben wir eine potentielle Verbesserung. Vor allem die folgenden schwächeren Hände haben dazugewonnen: 65s und J 8 . Man könnte auch an 87s (kein Pik) denken, hier gibt es einen Open-End-Straight-Draw. Allerdings ist fraglich, ob der Gegner hiermit eine Wette auf dem Turn mitgeht. 5 4 und 7 5 verschwinden von der Liste, da die 5 auf dem Board aufgetaucht ist.
Aber halt! Hat sich damit nicht auch jeder Flush-Draw gerade verbessert?
Klar. Aber weil der Flop ‘connected’ ist, ist fast jeder Flush-Draw in der Hand Ihres Gegners als stark zu qualifizieren. Sie sind entweder Nut-Flush-Draws oder Straight- und Flush-Combo-Draws oder eben Paar- und Flush-Draws. Während die Flush-Karte die allgemeine Stärke der Range Ihres Gegners verbessert hat, haben sich die eher schwächeren Hände kaum verbessert. Demnach kann die 5 eine gute Karte zum Bluffen sein.
Wie wäre es mit der 9 auf dem Turn? Das Board läge dann K 10 6 9 . Diese Karte verbessert die meisten der schwächeren Hände. 87s wird zur Straße. T9 (offsuit und suited) und 96s werden zu Two-Pair. JT, 98, 76s, QT, J9s-86s, Q9s und T7s verbessern sich alle zum Paar plus Gutshot. J 8 und 7 5 verbessern sich zu Combo-Draws. Nur wenige der schwächeren Hände haben sich nicht verbessert: A6, 65s und 5 4 . Da diese Karte so viele schwache Hände verbessert hat, sollten Sie auf Ihre Turn-Bet hier zumindest einen Call erwarten.
Tipp Nr. 15:Turn-Karten, die niedriger als die niedrigste Karte auf dem Board sind und Turn-Karten, die das Board paaren, verbessern in der Regel relativ wenige Hände. Turn-Karten, die drei Karten zu einer möglichen Straße machen, z. B. eine 9 auf einem KT6-Flop, verbessern wesentlichmehr Hand-Kombinationen.
Im obigen Beispiel verbessert die 9 so viele Hände, da sie sich mit KT und T6 auf dem Flop ‘verbindet’ und so viele Straßen ermöglicht. Demnach verbessern sich auch JT und 76 zu einem Paar plus Gutshot. Karten wie Q oder 7 würden auch einige Hände verbessern aber nicht in dem Maße wie die 9.
Dieser Text ist ein Auszug aus Ed Millers neuem Buch How To Read Hands At No-Limit Hold’em, das demnächst erscheinen wird.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 05.10.2011.