In der Bananenrepublik Omaica findet ein großes Pokerturnier statt. Am ersten Tag entdeckt der Turnierdirektor einen Cheater-Ring mit 19 Personen. Weil die Gesetze der noch jungen Republik sehr streng sind, werden die betreffenden Personen sofort lebenslänglich ins Staatsgefängnis verbracht.
Zunächst nochmals die Frage:
Einzelzellen und ein besonderer Raum
Weil dem Wärter nach zwei Jahren langweilig ist, denkt er sich ein perfides Spiel aus: Er sagt den 19 Gefangenen, dass sie von nun an in Einzelzellen einsitzen werden, in denen jedwede Kommunikation untereinander unmöglich ist. Die Gefangenen dürfen aber heute noch gemeinsam eine Strategie besprechen.
In dem Gefängnis gibt es einen Raum mit zwei Pokerchips, ein gelber und roter. Beide haben auf der Vorderseite ein Bild des Diktators von David Malmuthius und auf der Rückseite ein Bild des pompösen Casinos, der Stolz der jungen Republik. Am Anfang liegen beide Chips mit dem Bild des Diktators David Malmuthius nach oben.
Der Wärter sagt den Gefangenen: Ab morgen werde ich nach dem Zufallsprinzip jeden Tag jeweils einen Gefangenen in den Raum führen und er muss einen der beiden Pokerchips umdrehen. Er kann nicht beide Chips umdrehen und er muss wenigstens einen umdrehen. Zeichen irgendwelcher Art können in dem Raum nicht gemacht werden. Danach kommt er in seine Zelle zurück.
Auswahl nach dem Zufallsprinzip
Mit einem Grinsen und einem Hinweis auf die Varianz, die den Gefangenen als Pokerspieler ja hinlänglich bekannt sein müsste fügt er hinzu: Ich werde zufällig Gefangene für die Prozedur aussuchen, es kann also sein, dass einer 5 oder auch 20 Mal hintereinander in den Raum kommt. Irgendwann wird aber jeder von euch den Raum wenigstens einmal besucht haben. Ich mache keine fiesen Tricks, werde also nicht einen Gefangenen niemals in den Raum führen.
Irgendwann kann einer von euch mitteilen, dass alle den Raum jetzt wenigstens einmal besucht haben. Stimmt es, werdet ihr freigelassen. Stimmt es nicht, werden wir Robert DeNiro einfliegen lassen, der euch alle tötet.
Frage
Gibt es eine Strategie, mit welcher die Gefangenen das Gefängnis vorzeitig lebend verlassen können? Wenn ja, wie sieht diese Strategie aus?
Lösung
Ja, es gibt natürlich eine Strategie für die armen Cheater-Gefangenen:
1. Die Gefangenen bestimmen unter sich einen Zähler und 18 Nenner. Dazu bestimmen sie einen wichtigen Zählerchip, z. B. den gelben und einen unwichtigen Chip, z. B. den roten.
2. Betritt ein Nenner zum ersten Mal den Raum und findet den gelben Zählerchip mit dem Diktator nach oben, dreht er ihn auf Casino um. Hat er den Raum schon einmal zuvor betreten oder liegt der gelbe Zählerchip bereits auf Casino, dreht er den unwichtigen roten Chip um.
3. Wenn der Zähler den Raum betritt, guckt er, ob der wichtige Zählerchip auf Casino liegt. Er dreht ihn dann wieder um auf Diktator und weiß, dass ein Gefangener zum ersten Mal den Raum betreten hat. Nur der Zähler darf den Zählerchip von Casino auf Diktator drehen und jedes Mal addiert er einen Gefangenen hinzu. Zeigt der gelbe Zählerchip den Diktator, dreht er nur den unwichtigen roten Chip um.
4. Hat der Zähler 18 Mal den gelben Zählerchip von Casino auf Diktator gedreht, sagt er dem Aufseher Bescheid und alle kommen frei.
And the Winner is…
Lösungen, die ein Drehen der Chips im Uhrzeigersinn oder sonstige versteckte Mitteilungen durch unterschiedliches Platzieren der Chips vorsehen, scheitern streng genommen daran, dass keine Zeichen im Raum angebracht werden dürfen. Respekt aber für die Kreativität, die einige unserer Leser beim ‘cheaten’ an den Tag legten.
Richtig gelöst und nach dem Zufallsprinzip unter den richtigen Einsendungen gewonnen hat Colin1773, der sich über 15 Dollar auf seinem PokerStars-Account freuen darf. Auch seinen Lösungstext wollen wir unseren Lesern nicht vorenthalten:
Einer der (zurecht) eingesperrten Cheater-Gefangenen wird zum Zähler bestimmt, der letztendlich verkünden soll, dass jeder Knastvogel schon einmal die extra Sightseeing-Tour durch die nicht ganz so pompösen Räumlichkeiten mit den liebevoll gestalteten Pokerchips drehen durfte.
Um einer potentiellen Rot-Grün-Schwäche eines Gefangenen vorzubeugen, wird der Fokus nur auf den gelben Chip gelegt.
Wenn einer der 19 Langzeitbewohner der mit Gitterstäben dekorierten Räumlichkeiten, welcher nicht der bestimmte Zähler ist, den Chip-Raum betritt, macht er folgendes: Wenn er noch nie den gelben Chip umgedreht hat und der gelbe Chip immer noch das abscheuliche Antlitz D. Malmuthius’ mit seinen toten, bösartigen Augen zeigt, dreht er den Chip um, so dass dieser den Blick auf das Bildnis des Meisterwerkes der hiesigen Architekturkunst ermöglicht, des prunkvollen Casino Omaikas.
Hat er jedoch schon einmal den gelben Chip umgedreht oder zeigt dieser bereits die besagte Zockerbude, beschäftigt er sich mit anderen Dingen. Er kratzt sich am Hintern, rülpst eins, zwei Mal und dann, weil er schließlich gezwungenermaßen einen Chip umdrehen muss, wendet er sich dem nicht-gelben Chip zu, kramt seinen aus einer Zahnbürste und einer plattgeklopften Ratte zusammengebastelten selbstgebauten Pfannenwender hervor und dreht den Chip einmal um.
Der Gefangene mit dem Prestigeträchtigen Titel des Zählers (offiziell Senior Numbers-Administration Manager) hat dagegen einen etwas anderen Arbeitsablauf, er muss sich ja auch von der gemeinen Arbeiterschaft abheben können: Wenn der gelbe Chip das prunkvolle Bauwerk darbietet, dreht er den Chip wieder auf die entstellte Visage des diabolischen Diktators und zählt eine Zahl hoch, bei einem Startwert von 0.
Zeigt der gelbe Chip dagegen den patriarchischen Anführer Omaicas lässt er dagegen den nicht-gelben Chip von dem nächstbesten Gefängniswärter umdrehen, immerhin ist eine derartig überflüssige Betätigung unter dem Niveau von jemanden mit einem Manager-Titel.
Hat der Zähler irgendwann tatsächlich bis 18 gezählt, kann er stolz verkünden, dass bisher jeder der eingebuchteten Cheaterbande mindestens einmal den Raum betreten hat. Dadurch kann auch Omaica jede Menge Geld für das Anheuern von Robert DeNiro sparen, wofür sonst Malmuthius Fortsetzungen seiner Selbstverfassten Klassiker von “How to Make $100.000.000.000 a Year Oppressing for a Living” und “Small States Killing: Winning Big With Nuclear Play” schreiben müsste.
Warum es funktioniert: Jeder der Nicht-Zähler dreht genau einmal den gelben Chip um, der Zähler zählt es. Hat er alle 18 Nicht-Zähler erfasst, ist er gerade im Raum und war es sowieso schon mindestens 17 weitere Male drin also sind alle 19 komplett. Dadurch kommen die Gefangen im Schnitt nach 421 Tagen frei (Solange mein Simulationsprogramm korrekt ist)
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.03.2014.