2009 holte Jeff Lisandro drei Bracelts, 2010 Frank Kassela immerhin zwei und dieses Jahr schaffte Phil Hellmuth drei zweite Plätze. Hatten die Spieler einfach nur Glück?
Um die Antwort auf diese Frage gleich vorwegzunehmen: Ja, diese Spieler hatten eine Menge Glück. Aber wie kann es sein, dass es Jahr für Jahr diese glücklichen Spieler gibt, die so überdurchschnittlich abschneiden? Die Antwort hierauf ist recht einfach: Wenn viele Spieler viele Turniere spielen, ist es wahrscheinlich, dass es krasse statistische Ausreißer gibt. Für einen einzelnen Spieler ist es zwar unwahrscheinlich, dass er einen so überdurchschnittlichen Lauf erlebt, aber wenn sich tausende daran versuchen, ist es fast sicher, dass es irgendeinem gelingen wird.
Glück bei vielen Turnieren: Ein Beispiel
An einem vereinfachten Beispiel lässt sich dies leicht mathematisch zeigen. Angenommen, eine Gruppe von 2.000 Pokerspielern mit dem selben Können trägt 55 Turniere aus bei denen immer alle 2.000 Spieler teilnehmen. Dies entspricht ganz grob den Umständen einer WSOP-Serie. Zwar spielen dort deutlich mehr als nur 2.000 Spieler mit und nur die wenigsten dieser Spieler spielen überhaupt 30 oder mehr Turniere, aber als Annäherung reicht diese Simplifizierung aus.
Die Wahrscheinlichkeit, dass in dem vereinfachten Beispiel mit 2.000 Spielern und 55 Turnieren ein bestimmter Spieler mehr als ein Turnier gewinnt, liegt bei nur 0,04%. Das ist äußert unwahrscheinlich, aber diese Zahl betrachtet nur die Wahrscheinlichkeit für einen einzigen bestimmten Spieler.
Doppelsieg wahrscheinlich
Spannender ist die Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendeiner der 2.000 Spieler mehr als ein Turnier gewinnt? Die Wahrscheinlichkeit hierfür steigt enorm, da sich 2.000 Spieler daran versuchen. Tatsächlich zeigt die Mathematik, dass dieses Ereignis mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 52% eintritt und damit wahrscheinlicher als das Gegenereignis – alle 55 Turniere werden von unterschiedlichen Personen gewonnen – ist.Die Wahrscheinlichkeit, dass irgendein Spieler drei oder mehr Turniere gewinnt liegt übrigens bei 0,64%.
Mehrfach unter den besten Drei? Mit Sicherheit!
Dieses Gedankenspiel lässt sich noch weiter treiben: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendeiner der 2.000 Spieler mehr als einmal in die Top-3 eines Turniers kommt? Diese Wahrscheinlichkeit beträgt überwältigende 99,8%. Dieses Ereignis ist so gut wie sicher. Drei Top-3-Platzierungen ein und desselben Spielers erlebt man noch in über 15% der Fälle.
Die Wahrscheinlichkeit, dass irgendein Spieler die Top-9 (Final Table) mehrmals erreicht, stellt sich wie folgt dar: zwei Final Tables – 100%; drei Final Tables – 98%; vier Final Tables – 21%; fünf oder mehr Final Tables – 1%.
Diese Zahlen zeigen, dass es durchaus erwartbar ist, dass während einer WSOP-Saison ein oder sogar mehrere Spieler überdurchschnittliche Ergebnisse vorweisen werden. Anders als in dem vereinfachten Beispiel spielen bei den meisten WSOP-Turnieren teils deutlich weniger als 2.000 Spieler mit. Dadurch steigen die Wahrscheinlichkeiten für mehrfache Bracelet-Gewinne sogar noch an.
Um auf die Eingangsfrage nach dem Können oder Glück zurückzukommen: Das Können eines Spielers wirkt sich natürlich positiv auf die Wahrscheinlichkeit eines überdurchschnittlichen Abschneidens aus. Aber im Großen und Ganzen ist es eine statistische Blüte, dass wir regelmäßig bei der WSOP Mehrfach-Sieger und -Finalisten haben.
Insofern stellt übrigens die EPT schon fast eine Besonderheit dar: Bei bisher 70 Turnieren gelang es keinem Spieler, zwei Siege einzufahren. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Besonderheit fällt – das ist eine statistische Notwendigkeit.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 14. Juli 2011.
Autor: Arved Klöhn.