In einem sehr langen Blog-Eintrag gibt Phil Galfond Einblick in seine Sichtweise auf Viktor “Isildur1” Blom, dessen Spiel und seine Stärken und Schwächen.
Seit 2009 ist Viktor Blom eines der größten Spektakel im Online-Poker und hat vielseitig Reaktionen hervorgerufen. Einer seiner ärgsten Konkurrenten, Phil Galfond hat nun in seinem Blog einen sehr langen Artikel zu Blom verfasst und erklärt seine Eindrücke, die er von dem jungen Schweden hat.
Im englischen Original ist der Blog » hier zu finden oder in Auszügen übersetzt bei uns zu lesen:
Bei jedem, der Online-Poker spielt oder verfolgt ruft der Name “Isildur1” eine starke emotionale Reaktion hervor. Er wurde zunächst bekannt dafür, den unglaublichsten Aufstieg und Fall in der Geschichte des Online-Pokers zu haben.
(…) 2010 nahm PokerStars Isildur1 unter Vertrag und kündigte an, seine Identität öffentlich zu machen. Kurz danach kannten wir alle den Namen Viktor Blom und sahen den Avatar eines jungen, gutaussehenden Schweden, dessen Blick ähnlich einschüchternd wirkt wie sein Spiel.
Seitdem habe ich mehr Hände gegen Viktor gespielt als gegen irgendeinen anderen Spieler in meiner Karriere – 6 bis 8 Tische Heads-Up addieren sich schnell zusammen.
Wie gut ist er?
Viktor Blom(…) Als ich die ersten Male gegen Viktor PLO auf Full Tilt gespielt hatte, war er schlecht. Er war kein schlechter Pokerspieler, er war schon Weltklasse im No-Limit-Hold’em, aber er hatte grade erst angefangen ein völlig anderes Spiel zu lernen und spielte gleich auf den höchsten Limits. Er überbewertete schwache Paar/Draw-Hände, schwache Two-Pair-Hände und all die anderen Hände, die NL-Spieler üblicherweise falsch spielen. Ich konnte durch tightes Spiel eine Menge Geld mit dominierenden Händen und Draws in die Mitte bringen.
Obwohl er so viele Fehler machte, zeigten sich schon viele Zeichen seiner Poker-Intelligenz. Ich konnte sehen, dass ich es mit einem sehr gerissenen Spieler zu tun hatte. (…)
Ende letzten Jahres spielten Viktor und ich erstmals auf Stars und ich war schockiert, wie sehr sich sein PLO-Spiel innerhalb so kurzer Zeit verbessert hatte. Nicht nur hatte er viele seiner Schwachstellen ausgemerzt, er spielte gleich einen ganz anderen Stil und zwang mich, über mein eigenes Spiel nachzudenken. Ich hatte deswegen viel über mein eigenes Spiel gelernt und es verbessert. Zwar hatte ich immer noch das Gefühl, einen Vorteil zu haben, aber ich ging davon aus, dass das nicht lange halten würde.
Ich behielt recht. Anfang 2012 war Viktor nicht nur sehr gut im PLO – er war der schwierigste Gegner, gegen den ich je gespielt hatte. Inzwischen ist er einer von nur drei Gegnern bei denen ich nicht weiß, ob ich besser bin als sie. (Die andern beiden behalte ich für mich.)
Die Person Viktor Blom
Diesen Sommer hatte ich in Vegas erstmals die Gelegenheit, Viktor zu treffen. (…) Zunächst fiel auf, wie groß er war. Außerdem wurde mein Bild von ihm (einschüchternder, aggressiver, unheimlicher Typ) völlig auf den Kopf gestellt. Sobald man ihn trifft, strahlt Viktor Fröhlichkeit und Liebenswürdigkeit aus. Er ist einer von den Typen, die sofort als wirklich angenehm und aufrichtig gute Person auffallen. Seine unbeschwerte Art macht es sehr schwer, nicht zu lächeln und es scheint als wolle er im Leben nichts anderes, als Spaß zu haben.(…)
Über die Zeit konnte ich etwas darüber lernen, wie er an das Pokerspiel herangeht: Viktor benutzt keine Datenbank oder HUD und er schaut keine Trainigs-Videos. Tatsächlich benutzt er keine der Ressourcen, die faktische alle anderen Online-Pros nutzen.
Mein Eindruck von ihm war, dass ihm das Geld wirklich egal ist – ihm geht es ausschließlich um das Spiel. (…) Er spielt Poker aus Spaß und weil er den Wettkampf liebt.
Stärken und Schwächen
Viktor BlomViktors Leidenschaft für das Spiel ist seine größte Stärke. Er hat mir gesagt, dass er am liebsten gegen die besten Spieler der Welt spielt – wenn man sich schon vor eine Herausforderung stellt, dann eben gleich vor eine richtige Herausforderung.
Ich bin mir sicher, dass Viktor von jedem Gegner, gegen den er spielt, lernt und das erklärt auch, warum sich sein Spiel so schnell entwickelt, obwohl er keines der üblichen Tools benutzt. (…)
Aber seine Leidenschaft ist gleichzeitig auch seine größte Schwäche. Da ihm das Geld egal ist, ist er sehr sorglos in seiner Spielauswahl. Zum einen meine ich damit seine Gegner-Auswahl – wenn man nur an schwierigen Tischen spielt, erhöht das die Varianz und das Risiko, Pleite zu gehen, enorm. Außerdem kann es vorkommen, dass man schwächer als die Gegner ist.
Zu anderen meine ich die Varianten, die er wählt. Er hat den Großteil seiner $6-Millionen-Bankroll beim PLO verloren, bevor er das Spiel wirklich kannte. Diesen Monat hat er die höchsten Limits beim O/8 und Triple-Draw gespielt. Diese beiden Spiele hat er diesen Sommer erstmals gespielt und er nimmt es gleich mit den Besten auf diesen Limits auf. Es ist faktisch sicher, dass er in diesen Spielen der schlechtere Spieler ist und wahrscheinlich, dass er pleite gehen wird. Aber das weiß er wahrscheinlich schon und hat wohl einfach zu viel Spaß.
Viktor muss auch noch ein ganzes Stück an seinem 6-Max-PLO-Spiel arbeiten. Er ist nach dem Flop sehr gut, aber seine Vorliebe, große Pots zu spielen, führt dazu, dass er preflop zu oft mit marginalen Händen zu viel Geld investiert. Beim 6-Max ist es eben sehr viel wahrscheinlicher, dass ein Gegner eine gute Hand hat und sein looses Verhalten bestraft.
Außerdem hat Viktor auch ein C-Game, in das er oft absteigt, wenn er einen großen Pot verliert. Wenn er in einem 6-max-Spiel (oder einem Heads-Up) tilted, schadet dies seinen Ergebnissen deutlich. Eine Stop-Loss-Strategie würde Viktor sehr helfen.
Die Legende
(…) Meiner Meinung nach hat Viktor Blom eindeutig mehr Poker-Talent als ich habe. Er beeindruckt mich auf jedem Level – nicht nur sein Spiel, auch sein Wetteifer, seine Liebe zum Poker und seine fröhliche Grundeinstellung. Wirklich, ich bin ein aufrichtiger Viktor-Blom-Fan. Jemandem, der sein Geld mit Poker verdient, aber die schwierigsten und höchsten Limits aus Spaß an der Freude spielt, muss man einfach Respekt zollen.
Wie sieht also Viktors Zukunft aus? Mit seinem Talent, seiner Unerschrockenheit und seiner Liebe zum Spiel – sind wir Zeugen einer der größten Poker-Legenden unserer Zeit? Ich persönlich glaube, dass Viktor das Zeug hat, der Beste zu werden, egal auf welches Spiel er sich konzentriert. Aber er muss an seiner Disziplin arbeiten, wenn er langfristige und große Erfolge haben will.
Das ist also die Frage: Kann er einige seiner Schwächen beseitigen, die ihm noch im Weg stehen? Kann er die Finger von Spielen lassen, von denen er noch keine Ahnung hat und auf niedrigen Limits üben? Kann er beim 6-Max-PLO-Spiel tighter werden? Kann er so etwas wie Bankroll-Management entwickeln und nicht ständig seine gesamte Bankroll auf den Tisch legen?
Die Antwort: Natürlich kann er – aber das klingt nicht grade nach Spaß.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 27.08.2012.