Jüngst hat PokerStars eine teilweise drastische Rake-Erhöhung bekannt gegeben. Wie wirkt sich diese auf das Poker-Ökosystem aus? Werden sich dadurch die Spiele verändern und wird es weniger Sharks und (anteilig) mehr Fische geben?
Alex Weldon hat auf PartTimePoker einen langen und fundierten Artikel zu dem Thema geschrieben. Unter dem Titel A Simple Poker Ecosystem Model: A Look at PokerStars Rake Increases versucht er anhand eines einfachen Modells nachzuvollziehen, welche Auswirkungen Rake-Erhöhungen auf das Poker-Ökosystem haben.
Wir greifen seinen Artikel hier auf, erklären die Methode, das Modell und die Ergebnisse:
Ergebnisse: Mehr Rake, mehr Fische
Gleich die zentralen Ergebnisse vorweg: Eine höhere Rake erhöht den Anteil der Fische teilweise drastisch, sorgt aber auch dafür, dass weniger Spieler an den Tischen aktiv sind.
Vorrangig betroffen von der erhöhten Rake sind Grinder und Sharks, die aufgrund der höheren Rake nicht mehr profitabel genug spielen können.
Insbesondere auf den Lowstakes, also den Limits, die die meisten Fische initial frequentieren, sorgt eine höhere Rake für ein massives Shark-Sterben. Dies wird aber teilweise dadurch aufgefangen, dass die höheren Limits etwas profitabler werden, da mehr Fische es dort hin schaffen.
Das Modell
Anhand eines Simulators und eines Modells hat Alex Weldon das Verhalten der Spieler und die Auswirkungen der Rake simuliert.
Wir haben seine Erklärung zu dem Modell und dem Simulator in groben Zügen übersetzt:
Das Modell funktioniert vergleichsweise simpel:
Es gibt nur zwei Tiers, die bespielt werden können: Lowstakes und Highstakes. Die Highstakes haben das 5-fache Buy-In. Alle Spiele sind Heads-Up-Turniere.
Für die Lowstakes und Highstakes gibt es jeweils eine unterschiedliche Rake.
Es gibt nur zwei Arten von Spielern: Sharks und Fische. Spieler aus der selben Gruppe haben eine 50/50 Gewinnchance gegeneinander. Die Gewinnquote der Sharks gegen die Fische ist einstellbar.
Pro Zyklus spielt jeder Spieler einmal gegen einen zufällig ausgewählten Gegner in seinem Tier.
Pro Zyklus kommen mit einer festen Rate neue Fische hinzu und fangen in den Lowstakes an. Wenn sie dort Glück haben und eine bestimmte Anzahl von Spielen gewinnen, rutschen sie in das Highstakes-Tier.
Wenn ein Fisch seine Bankroll verspielt, kauft er nur dann nach, wenn er zwischenzeitlich auf einem Heater war und seine Bankroll zumindest kurzzeitig um einen bestimmten Faktor vergrößert hatte.
So verhalten sich die Fische:
Verhalten der FischeDie Sharks auf der anderen Seite spielen nur dann wenn sie einen gewissen Mindest-Profit machen und wählen das Tier, welches den höchsten Profit verspricht. Gibt es zu viele Sharks, oder ist die Rake zu hoch, so dass dieser Mindest-Profit nicht mehr erreichbar ist, pausieren ein paar Sharks, bis sie wieder ihren Profit machen können.
Neben der Rake pro Tier können auch noch folgende Werte in dem Modell eingestellt werden:
Fish Influx: Anzahl der Fische, die pro Zyklus in den Lowstakes-Tier neu hinzukommen.
Fish Bankroll: Durchschnittliche Bankroll eines Fisches in Lowstakes-Buy-Ins
Fish Inertia: Anzahl der Spiele, die ein Fisch in Folge gewinnen muss, um in das Highstakes-Tier aufzusteigen.
Fish Aspirations: Ein Fisch ist nur dann zu weiteren Einzahlungen bereit, wenn seine initiale Bankroll zumindest einmal um diesen Faktor erhöht wurde.
Shark Profit: Wie viel Profit ein Shark auf 100 Spiele benötigt, um weiter zu spielen.
Shark Winrate vs. Fish: Wahrscheinlichkeit, dass ein Shark gegen einen Fisch gewinnt.
Base Dropout Rate: Anzahl der Spieler, die unabhängig von ihrer Bankroll pro Zyklus aussteigen.
Ergebnisse im Detail
Mit 6% Lowstakes-Rake und 4% Highstakes-Rake kam das Modell am Ende auf 2.234 Spieler und 259 Einheiten Profit für die Seite pro Zyklus. 1.414 Spieler (63%) waren Fische.
Davon ausgehend kann man schauen, wie sich die Spielerpopulation mit der Rake verändert.
Setzt man die Rake deutlich niedriger (je 2% auf beiden Tiers) spielten pro Zyklus 2.471 Spieler (rund 11% mehr). Erhöht man die Rake deutlich (auf 8% in den Lowstakes und 6% in den Highstakes), nimmt die Zahl der Spieler ab. Dann sind spielen nur noch 2.108 Spieler (rund 6% weniger).
Erstaunlicherweise ist die Gesamtzahl der Spieler sehr robust gegenüber Veränderungen der Lowstakes-Rake. Teilweise führt eine höhere Lowstakes-Rake sogar zu mehr Spielern. Der Grund hierfür ist ein einfacher: Eine höhere Rake auf den Lowstakes bringt es mit sich, dass diese für die meisten Sharks keinen hinreichenden Profit mehr versprechen und sie diesem Limit den Rücken zukehren.
Mit einer höheren Rake auf den Lowstakes spielen die Fische größtenteils unter sich. Sie führen zwar mehr Abgaben an den Anbieter ab, aber das ist für ihre Bankroll immer noch besser, als ihr Geld an die Sharks abzutreten. Denn die Sharks nehmen Fische schneller aus, als es die Rake schafft.
Bei einer Rake von 3% auf den Lowstakes sind rund 77% aller dort aktiven Spieler Fische, bei einer Rake von 8% sind es gleich 97%. Sprich: eine drastisch erhöhte Rake auf den Lowstakes führt dazu, dass kaum noch ein Shark auf diesen Stakes spielt.
Ähnliches gilt auf den Highstakes: Je höher die Rake, desto geringer wird der Anteil der Sharks. Allerdings sind die Auswirkungen hier nicht so stark. Bei einer Highstakes-Rake von 2% sind rund 18% aller Highstakes-Spieler Fische. Mit einer Highstakes-Rake von 6% sind rund 32% aller Highstakes-Spieler Fische.
Grob zusammengefasst zeigt Alex Weldons Modell, dass eine höhere Rake zu weniger Spielern führt und die größte Stellschraube ist die Lowstakes-Rake. Egal auf welchem Tier man die Rake erhöht, führt eine Erhöhung immer dazu, dass der Anteil der Fische zunimmt, auch wenn in den meisten Fällen die absolute Zahl der Spieler leicht abnimmt.
Ergebnisse in Tabellenform:
Anzahl Spieler insgesamt
Dies ist die Anzahl der Spieler pro Zyklus je nach Rake in Weldons Modell. In Klammern ist der Anteil der Fisch-Spieler angegeben.
Rake Highstakes | |||||||
3% | 4% | 5% | 6% | 7% | 8% | ||
Rake Lowstakes | 2% | 2471 (55%) | 2467 (56%) | 2441 (57%) | 2457 (57%) | 2484 (57%) | 2515 (57%) |
3% | 2364 (58%) | 2359 (59%) | 2324 (60%) | 2348 (60%) | 2361 (61%) | 2364 (61%) | |
4% | 2272 (60%) | 2232 (61%) | 2245 (63%) | 2234 (63%) | 2254 (64%) | 2266 (64%) | |
5% | 2222 (62%) | 2148 (64%) | 2174 (65%) | 2167 (66%) | 2181 (66%) | 2221 (67%) | |
6% | 2161 (64%) | 2098 (66%) | 2113 (67%) | 2101 (68%) | 2098 (69%) | 2108 (70%) |
Anzahl der Spieler auf den Lowstakes
Dies ist die Anzahl der Lowstakes-Spieler pro Zyklus. In Klammern ist der Anteil der Fisch-Spieler auf den Lowstakes angegeben.
Rake Highstakes | |||||||
3% | 4% | 5% | 6% | 7% | 8% | ||
Rake Lowstakes | 2% | 1565 (77%) | 1469 (81%) | 1404 (85%) | 1341 (89%) | 1299 (93%) | 1244 (97%) |
3% | 1547 (77%) | 1472 (81%) | 1403 (85%) | 1347 (89%) | 1288 (93%) | 1231 (97%) | |
4% | 1539 (77%) | 1447 (81%) | 1407 (85%) | 1356 (89%) | 1299 (93%) | 1239 (97%) | |
5% | 1543 (77%) | 1446 (81%) | 1405 (85%) | 1342 (89%) | 1290 (93%) | 1260 (97%) | |
6% | 1537 (77%) | 1446 (81%) | 1407 (85%) | 1342 (89%) | 1286 (93%) | 1236 (97%) |
Anzahl der Spieler auf den Highstakes
Dies ist die Anzahl der Highstakes-Spieler pro Zyklus. In Klammern ist der Anteil der Fisch-Spieler auf den Highstakes angegeben.
Rake Highstakes | |||||||
3% | 4% | 5% | 6% | 7% | 8% | ||
Rake Lowstakes | 2% | 906 (18%) | 998 (19%) | 1037 (19%) | 1116 (19%) | 1185 (18%) | 1271 (18%) |
3% | 817 (22%) | 887 (22%) | 921 (22%) | 1001 (23%) | 1073 (23%) | 1133 (22%) | |
4% | 733 (25%) | 785 (25%) | 838 (25%) | 878 (24%) | 955 (25%) | 1027 (25%) | |
5% | 679 (29%) | 702 (28%) | 769 (28%) | 825 (28%) | 891 (29%) | 961 (29%) | |
6% | 624 (32%) | 652 (32%) | 706 (32%) | 759 (32%) | 812 (32%) | 872 (32%) |
Profit des Anbieters
Dies gibt den Profit des Anbieters in Einheiten pro Zyklus wieder:
Rake Highstakes | |||||||
3% | 4% | 5% | 6% | 7% | 8% | ||
Rake Lowstakes | 2% | 139 | 158 | 173 | 191 | 209 | 226 |
3% | 169 | 192 | 208 | 230 | 250 | 268 | |
4% | 192 | 214 | 237 | 259 | 283 | 305 | |
5% | 216 | 233 | 262 | 286 | 313 | 341 | |
6% | 233 | 253 | 282 | 308 | 333 | 360 |
Grenzen des Modells
Alex Weldon beschreibt selbst einige Grenzen und Probleme des Modells. Zum einen sind viele Parameter mehr oder weniger willkürlich gesetzt. Sie entspringen zwar einen gesunden Menschenverstand und Online-Poker-Verständnis, haben aber vergleichsweise starke Auswirkungen, wenn man sie ein wenig verändert.
Das Modell ist ferner – trotz der vielen Parameter – recht simpel. So gibt es keine Pokerseite, die nur zwei Tiers (Low- oder Highstakes) anbietet und es gibt nicht nur Fische und Sharks. Dazwischen gibt es alle Schattierungen.
Ferner ist in diesem Modell den Fischen die Rake völlig egal. Sie würden hier auch bei 50 oder 100% Rake spielen. In der wirklichen Welt sieht ein Fisch womöglich den Unterschied zwischen 4 und 5% Rake nicht, wohl aber den zwischen 4 und 20%.
Tilt und Multi-Tabling wird ebenfalls nicht erfasst.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kommt Weldon zu dem Schluss, dass eine Erhöhung der Rake auf den niedrigen Limits zwar nicht hilfreich für die Spieler im allgemeinen ist, aber eben auch nicht sonderlich schadhaft ist. Dies helfe den Seiten viel mehr, Sharks in die teureren Spiele zu schubsen. Einzig die Lowstakes-Shark-Spieler seien von den Änderungen zum Nachteil betroffen.
Abschließend vermutet Weldon, dass PokerStars seine Entscheidungen anhand eines ähnlichen, wahrscheinlich deutlich komplexeren Modells samt Nutzerdaten getroffen hat und schließt mit dem Satz: “Trotz des Aufschreis, bin ich mir ziemlich sicher, dass PokerStars ziemlich genau weiß, was sie machen und ihre Motivation beruht auf ähnlichen Prinzipien wie die hier aufgezeigten.”
Hoffen wir mal, dass er damit recht hat.
» A Simple Poker Ecosystem Model: A Look at PokerStars Rake Increases, englisch
» Rake-Simulator
» Rake-Erhöhung bei Pokerstars
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 20.11.2014.