Ein Sieg bei einem der Major-Turniere, das ist das, wovon viele Internetspieler träumen. Auch Alexander Meidinger hat einige Anläufe gebraucht, um es bis an den Platz an der Sonne zu schaffen, doch am vergangenen Sonntag war es so weit. Mehr als 3.500 Gegner ließ der Regensburger hinter sich und sicherte sich beim Warm-Up II die ungeteilte Siegprämie von knapp 120.000 Dollar.
Freundlicherweise nahm sich der glückliche Sieger und frisch gebackene Buchautor ein wenig Zeit, um PokerOlymp ein Interview zu geben. Dabei plaudert der Profi ein wenig aus dem Nähkästchen und gibt zu, dass er noch nicht weiß, ob er am Sonntag seinen Titel verteidigen wird.
PokerOlymp: Hi Alex, hast Du Deinen Sieg beim Warm-Up II am Sonntag schon verdaut?
Alex Meidinger: Hi Rainer! Naja noch nicht wirklich :) Man würde ja immer denken, man müsste nur schlechte Nachrichten verdauen, aber auch eine gute Nachricht braucht seine Zeit, um zu sacken :)
PokerOlymp: Für den Sieg gab es knapp 120.000 Dollar. Ich nehme mal an, dass dies Dein bisher größter Cash ist?
Alex Meidinger: Ja da hast Du Recht! Es ist in der Tat mein erster sechsstelliger Turniergewinn, wobei ich im Sunday Warm-Up schon einmal recht erfolgreich abschneiden konnte mit einem 5. Platz für ca. 68.000 $. Zudem habe ich live ein paar fünfstellige Gewinne verzeichnen können.
PokerOlymp: Vielleicht kannst Du ein wenig zum Turnierverlauf sagen. Die meisten unserer Leser haben noch nie ein solches Turnier mit über 3.800 Teilnehmern gewonnen und interessieren sich gewiss dafür, mit welcher Strategie du vorgegangen bist bzw. wie viel Glück nötig war?
Alex Meidinger: Ganz ehrlich, es ist gar nicht so einfach, bei einem so großen Turnier alle Schlüsselhände im Kopf zu behalten :) Solche Turniere sind Marathons, in denen es darauf ankommt, in Schlüsselsituationen kühlen Kopf zu bewahren und die Ranges der Gegner korrekt einzuschätzen. Zudem hier und da ein paar gute Steal Spots nutzen und – wie sollte es anders sein – man braucht eben auch abartig viel Glück dazu und das hatte ich in diesem Turnier nach langem Downswing wieder.
PokerOlymp: Als einziger Major-Sieger des vergangenen Sonntags hast Du vorher keinen Deal abgeschlossen. Waren Deine Gegner so schlecht?
Alex Meidinger: Nein, daran lag es sicherlich nicht :) Der Finaltisch war etwa durchschnittlich stark besetzt und ich war derjenige, der fivehanded als erster einen Deal vorschlug, weil ich davon ausging, dass der Deal mir als Chipleader zugute kommt, da Pokerstars nach Chipcount verteilt. Allerdings hatte ich im Nachhinein betrachtet das Glück, einen sehr arroganten Gegner zu haben, der nicht zu vernünftigen Konditionen dealen wollte, und somit war der Weg zum alleinigen Turnier-Ship bereitet :)
PokerOlymp: Seit knapp zwei Wochen ist Dein Buch „Sit ‘n Go Poker – Wie die Profis langfristig Geld verdienen“ erschienen. Siehst Du einen Zusammenhang zwischen Deinem jüngsten Erfolg und der Arbeit daran?
Alex Meidinger: Ja, den Zusammenhang gibt es sicherlich. Ich habe mich noch nie so intensiv mit meinem Spiel auseinandergesetzt wie während der Arbeit an diesem Buch und daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die ersten größeren Erfolge nun kommen, nachdem dieses Projekt erfolgreich abgeschlossen wurde!
PokerOlymp: Es ist ja fast generös, für vergleichsweise wenig Geld seine besten Tipps zu preiszugeben. Was war der Grund, die Geheimnisse des Sit ‘n Go Poker zu verraten, oder habt Ihr einige Infos zurück gehalten?
Alex Meidinger: Ich kann Dir versichern, dass wir im Buch kein Thema außen vor gelassen haben. Wenn man genug Zeit investiert, kann man es mit diesem Wissen bis auf die High Stakes schaffen. Aber ich gebe Dir natürlich Recht, dass es als Grinder relativ unprofitabel wäre, all seine Geheimnisse zu verraten. Allerdings sehe ich die Sache etwas anders: Meiner Ansicht nach durchlaufen fast alle Pokerspieler folgende Stufen: Anfänger – knapp profitabler Hobbyspieler – profitabler Grinder – starker Spieler mit Anpassungsfähigkeit an jeden Gegner. Da ich mich persönlich als starken Spieler sehe, mache ich mir keine Sorgen darüber, wenn meine Gegner wissen, wie ich spiele. Ich kann mich ja anpassen.
PokerOlymp: Euer Buch handelt ja explizit von Sit ‘n Gos. Jetzt hast Du ein riesiges MTT gewonnen und natürlich stellt sich die Frage, ob die Leser des Sit ‘n Go-Buchs durch die Lektüre auch bei ihrem Turnierspiel profitieren?
Alex Meidinger: Das Turnierspiel unterscheidet sich vom Sit ´n Go Poker, die beiden Varianten sind jedoch verwandt, d.h. Spieler, die die eine Variante gut spielen, werden bei Anpassungsfähigkeit auch in der anderen große Erfolge haben. Wir haben in unserem Buch ein ganzes Kapitel den Anpassungen, die man bei großen Turnieren treffen sollte, gewidmet. Dieses bietet einen guten Einstieg für Spieler, die zu den großen Turnieren wechseln möchten.
PokerOlymp: Eine Frage zur Zukunft des Onlinepoker. Wie hat sich das Turnierspiel aus Deiner Sicht seit dem Ausschluss der Amerikaner entwickelt und wie wird diese Entwicklung weitergehen?
Alex Meidinger: Meiner Meinung nach ist die durchschnittliche Spielstärke der Gegner seit dem Black Friday ein wenig gesunken, so dass Online Poker an sich profitabler sein müsste, denn ich gehe davon aus, dass der durchschnittliche Amerikaner sich mehr mit Poker auseinandersetzt als beispielsweise der durchschnittliche Europäer. Langfristig gehe ich davon aus, dass die durchschnittliche Spielstärke der Gegner sich aber wieder dem Niveau vor dem Black Friday annähern wird.
PokerOlymp: Zum Abschluss noch die Frage, was Du nächsten Sonntag um 17.00 Uhr machst?
Alex Meidinger: Eigentlich sollte ich jetzt sagen: “Eh klar. Titelverteidigung” :) aber es besteht eine gewisse Chance, dass ich am Sonntag in San Remo sein werde zur EPT, was bedeuten würde, dass ich den Titel kampflos dem nächsten großen Gewinner überlasse:)
PokerOlymp: Danke für das Interview!
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 18.10.2011.