„Um drei Uhr morgens ist der Geruch nach Parfüm, Rauch und Schweiß betäubend.Der Nervenverschleiß, den das Spielen um hohe Einsätze mit sich bringt und dersich aus der Summierung von Gier, Angst und nervöser Spannung ergibt, wirdum diese Zeit unerträglich, und die Sinne erwachen und revoltieren dagegen.“
Was klingt wie der aktuelle Blog eines High-Rollers in Vegas, ist in Wirklichkeit der Anfang des ersten James Bond Romans von Ian Fleming von 1953. Der Titel lautet „Casino Royale“, genau wie der letzte Bond-Streifen mit Daniel Craig. James Bond spielt im Buch Baccara, im Film, wie wir alle wissen, Poker.
Die Wahl fiel im Film wohl deswegen auf Poker, da alle Bond Filme ein Spiegel ihrer Zeit sind, quasi eine Photographie des flüchtigen Zeitgeistes des jeweiligen Entstehungsjahrs. Bonds Pokerszenen waren die Antwort auf den Pokerboom. Daher auch die rasante Parcour Szene und andere Sequenzen, die sich an der “Mode” orientieren.
Der aktuelle Film „Quantum of Solace“ trägt übrigens den Namen einer Kurzgeschichte von Fleming aus dem Jahr 1959, hat aber inhaltlich mit ihr so gut wie nichts gemein.
Ian FlemingFleming zeichnet seinen James Bond, ganz im Gegensatz zu den später folgenden Verfilmungen, als sensiblen Charakter, den sein Job, der brutal, anstrengend und psychisch belastend ist, sehr stark mitnimmt. Vorbild für die Figur James Bond war übrigens der Marineoffizier Patrick Dalzel-Job, der im Zweiten Weltkrieg erfolgreich hinter den feindlichen Linien operierte.
Ob dieser Offizier spielte, ist mir nicht bekannt, aber James Bond tut es. Und zwar ausgiebig. Immer im feinen Zwirn, immer im Casino. Mir fällt es, ehrlich gesagt, gar nicht mehr auf, wenn Bond spielt. Es ist für mich quasi das “Default-Setting“ eines Bond-Films. Dass Bond nach dem Casino die beste Frau des Casinos abzieht, ist auch selbstverständlich. Auch dass die Frau anschließend stirbt. Bahn frei für die nächste Frau.
Scarne on CardsDie Bücher „Casino Royale“ und „Moonraker“ haben Kartenspielszenen als zentrale Elemente des Spannungsbogens. Im Buch Moonraker wird Bond von M sogar gebeten, zu prüfen, ob ein Mitglied von Ms Club beim Kartenspielen betrügt. Bond besorgt sich hierzu eine Ausgabe des berühmten Buches „Scarne on Cards“ und lernt über Tricks, die bis heute zum Einsatz kommen: Mechanic’s Grip, Palming und das Annullieren des Abhebens. Auch hier gilt: Wenn man sich mit dem Teufel einlässt, verändert sich nicht der Teufel. Bond aber deswegen als Schummler zu bezeichnen, ginge wohl zu weit.
Fragt sich, ob Bond, der ja meist mit dem Geld von anderen, vornehmlich vom Staat, spielt, auch als Privatmann mal broke war. Wahrscheinlich schon. Nicht jeder Casinobesuch und jede Liebschaft wird vom Staat finanziert. Damit ist er aber immer noch um Längen besser als all die Investmentbanker, die die derzeitige Bankenkrise verschuldet haben.
Ob er spielsüchtig ist oder war? Keine Ahnung. Er würde sich dann wohl mit: “My Name ist Bond, James Bond and i’m a compulsive Gambler” vorstellen müssen. Naja, wollen wir hier mal keine Blasphemie betreiben. Bond spielt nur für King and Country. Basta.
Da bei James Bond immer meine administrative Ader pocht, habe ich mir von Wikipedia die Liste von allem und jedem, was Bond je gespielt hat, besorgt. Die kann ich Ihnen natürlich nicht vorenthalten:
BaccaraBond duelliert sich im Roman “Casino Royale” mit seinem Widersacher Le Chiffre beim Baccara, und ebenso mit Emilio Largo in “Feuerball”. Baccara, genauer die Variante Chemin de fer, ist offenbar Bonds Lieblingsspiel: “James Bond jagt Dr. No”, “Im Geheimdienst Ihrer Majestät”, “In tödlicher Mission” und “GoldenEye” enthalten ebenfalls Szenen, in denen Bond dieser Leidenschaft frönt.
BackgammonIm Film “Octopussy” betrügt Kamal Khan beim Backgammon, Bond durchschaut den Betrug und schlägt Kamal Khan mit dessen eigenen „Glückswürfeln“.
Black Jackkommt im Roman “Diamantenfieber” und im Film “Lizenz zum Töten” vor.
BridgeIm Roman “Moonraker” überführt Bond Sir Hugo Drax als Falschspieler beim Bridge; Bond betrügt besser und gewinnt die Partie (vgl. Duke of Cumberland Hand). Im Film gibt es nur einen kurzen Hinweis von Sir Frederick Gray, dass er mit Sir Hugo einmal Bridge gespielt habe. Hinweise auf Bridge finden sich auch in “Dr. No” und “Feuerball”.
Gerd Fröbe beim GinCanasta und Gin RummyIm Film “Goldfinger” betrügt Auric Goldfinger einen Herrn Simmons beim Gin Rummy. Goldfingers Sekretärin (dargestellt von Shirley Eaton) sieht aus einem Hotelzimmer mithilfe eines Teleskops Herrn Simmons in die Karten und teilt Goldfinger, der ein Hörgerät zu tragen scheint, die Werte per Funk mit. Bond entdeckt den Betrug und verführt die Sekretärin, die dann in einer der berühmtesten Filmszenen als goldüberzogene Leiche in Bonds Bett endet. Im Roman spielt Goldfinger mit einem Herrn Du Pont Canasta, was insofern weniger gut passt, als Canasta zwar auch zu zweit gespielt werden kann, aber eigentlich ein Spiel für vier Personen ist. Bei einer Bahnfahrt in “Leben und sterben lassen” vertreibt sich Bond die Zeit mit Solitaire u.a. bei einer Partie Gin Rummy.
Connery, Brandauer und BasingerComputerspielIn “Sag niemals nie” misst sich Bond mit Largo, gespielt von Klaus-Maria Brandauer, bei Domination, einem von Largo selbst erfundenen Computerspiel, dessen Ziel die Weltherrschaft ist. Bond verliert mehrere Spiele um einzelne Länder, siegt aber im Kampf um die gesamte Welt und gewinnt das Spiel.
GolfIan Fleming war ein begeisterter Golf-Spieler (er starb an einem Herzinfarkt, der ihn am Golfplatz traf) und so hat er auch dieses Spiel mit der Figur James Bonds verbunden: Auric Goldfinger betrügt beim Golf, doch Bond vertauscht Goldfingers Golfball mit einem anderen und gewinnt so die Partie.
Pferderennen und -wettenspielen im Roman “Diamantenfieber” und im Film “Im Angesicht des Todes” eine wichtige Rolle.
Der neue Bond beim Hold’emPokerIm Film “Casino Royale” spielen Bond und Le Chiffre Texas Hold’em anstelle von Baccara wie im Roman.
RouletteIm Roman “Diamantenfieber” spielt Bond in Las Vegas Roulette und gewinnt natürlich.
Schere, Stein, PapierIm Roman “Man lebt nur zweimal” schildert Fleming in einem Kapitel ein Schere-Stein-Papier-Match zwischen James Bond und Tiger Tanaka.
Sic Bo (Dai Siu)Um auf die Spur von Francisco Scaramanga, dem “Mann mit dem goldenen Colt”, zu kommen, begibt sich Bond im Film in ein Casino in Macao, wo er beim Sic Bo auf Miss Anders trifft.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 01.01.1970.