Wie bezeichnete kürzlich ein No-Limit-Fan aus Hannover das Spiel mit festgesetzten Bets? Als „Poker für alte Männer“! Vielleicht hat er sogar recht damit. Nachdem bei der WPT ohne Limit gespielt wird, nachdem von den vielen Events der WSOP ebenfalls nur die Hold’em-No-Limit-Turniere für TV-Übertragungen ausgewählt werden, findet die junge Generation von Pokerspielern nichts anderes als No-Limit cool. Selbst in Nordamerika sind Fixed-Limit-Tische aus Clubs und Casinos weitgehend verschwunden.
Dass Doyle Brunson, Jennifer Harman, Phil Ivey, Daniel Negreanu, um nur einige zu nennen, in Bobby’s Room im Bellagio fast ausschließlich Limit-Poker spielen, drängt sich, mangels TV-Präsenz, auch nicht gerade in unser Bewusstsein.
Wer findet sich sonst noch auf den Limit-Tischen, insbesondere online und dort ganz speziell short-handed?
Grundsätzlich zwei völlig verschiedene Gruppen von Spielern. Die eine davon wären jene, die durch diszipliniertes Spiel, ohne sonderlich große Ausschläge der Bankroll, regelmäßige Einnahmen verzeichnen. Die andere Gruppe wird von denen gebildet, die Action suchen. Spieler, die sich am Pokertisch unterhalten wollen. Die sich nicht dafür interessieren, sich dem Stress des Multi-Tablings auszusetzen, die aber trotzdem regelmäßig an Pots beteiligt sein wollen. Und, an Limit-Tischen mit sechs Spielern, da wird oft und gerne wild gezockt.
Als erstes heißt es natürlich, herauszufinden, welcher Gegner zur Gruppe der Vernünftigen gehört. Gegen diese Spieler lässt sich auch solide Strategie anwenden. Und, antwortet einer von ihnen trotzdem mit einem Reraise, dann sparen wir sicher Geld, wenn wir ihm rasch den Pot überlassen, es sei denn, unser Blatt ist stark genug, um auch Top-Two-Pair zu schlagen.
Doch diese Gegner bescheren uns selten Profit. Wir sollten sie einfach respektieren, so wie sie uns rasch zu respektieren lernen. Das Geld kommt von den Zockern, und die finden sich am Limit-Tisch in wesentlich höherer Konzentration als ohne Limit.Auch wenn sich gelegentlich Magenkrämpfe einstellen, wenn wir von einem 3-Outer geschlagen werden, auch wenn ein vermeintlicher Bluff nur dann funktioniert, wenn unser Blatt ohnehin auch im Showdown gewonnen hätte, mit Freuden zahlen diese Leute weiter in Pots, in denen sie schon lange hilflos dominiert sind.
Allerdings, und dessen sollten wir uns deutlich bewusst sein, mit dem Einholen von Informationen, dem wichtigsten Instrument in der Kunst des Pokerspiels, gibt es gegen diese Art von Gegnern nennenswerte Probleme, was entweder daran liegt, dass sie mit den Grundzügen der Strategie überhaupt nicht vertraut sind oder, dass sie sich für so klug halten, uns regelmäßig in die Irre führen zu können.
Davon auszugehen, dass jemand mit 5-3 offsuite doch keine drei Raises callen würde, wäre bereits ein großer Fehler. Warum nicht, mag er sich denken. Any-Two can win! Es könnte ja, was für ein Wunder auch immer, geschehen. Mit 10-9 einen Flop von A-K-7 zu callen? Natürlich. Wer sagt denn, dass der Gegner ein Ass oder einen König vor sich hat. Außerdem, 10-9 könnte ja immer noch zur Straight werden.
So unglaubwürdig dies alles auch klingen mag, wer’s nicht glaubt, soll sich einmal auf Limit-Tischen umsehen, bis hin zu einer Einsatzebene von 10/20. Regelmäßiger geht es so wild natürlich auf den niedrigeren Tischen zu. Und das, was ich soeben beschrieben habe, wird oft sogar noch um einiges übertroffen.
Bluffs sollten, wenn überhaupt, nur äußerst selten, nur gegen maximal zwei Gegner und auch nur dann, wenn diese wirklich kein Interesse am Pot zeigen, angewandt werden. Die Zahl sollte deutlich niedriger liegen als sie in spieltheoretischen Konzepten ausgedrückt wird. Nachdem es ja immer nur einen Einsatz kostet, die Odds meistens bei über 4 zu 1 liegen, erfolgen Calls oft mit nichts besserem als Jack-High.
Und wie sieht es mit einem Raise zur Informationseinholung aus? Ich halte Kc-Qc in der Hand. Im Flop liegt Ad-Qh-2c. Der Gegner, der mein Button-Raise vom Small Blind aus gecallt hat, bringt ein Bet. Wie bereits erwähnt, würde es sich bei diesem Spieler um einen jener handeln, der bereits gewisse Vernunft unter Beweis gestellt hat, wäre ein Raise selbstverständlich angebracht, um, im Falle eines Calls oder Reraises, seine Konsequenzen daraus zu ziehen. Wie würde der klassische Limit-Zocker hier am Small Bind aber reagieren?
Ein Call wäre selbstverständlich, denn schließlich hat er ja schon einmal beobachtet, dass ein derartiges Raise auch einer reiner Bluff sein kann. Und, nachdem er auch schon irgendwann einmal vom „Raise zur Informationseinholung“ gehört oder gelesen hat, warum nicht gleich noch ein Raise anbringen, ungeachtet der Karten? Nur damit lässt sich Information verweigern. Natürlich, er könnte ein Ass verteidigen. Er könnte aber auch eine Queen mit schwächerem Kicker vor sich haben. Oder ein kleines Pocket-Pair. Oder einen Gut-Shot. Oder gar nichts.
Hat er gar nichts, versteht er unseren Cold Call um so mehr als Schwächezeichen. Natürlich lassen wir ihm seinen Gut-Shot billig kaufen oder gar die dritte Karte zum Pocket-Pair. Natürlich zahlen wir zweieinhalb Big Bets, wenn wir vom Ass ohnehin schon geschlagen sind. Aber, auch mit absolut nichts in der Hand, wird er am Turn weiter hämmern und am River wahrscheinlich noch einmal. Und fällt als letzte Karte vielleicht sogar eine zweite Queen, dann wird er mit 4-2 sogar unser Raise noch callen, denn bluffen lässt er sich mit Sicherheit nicht.
Ich muss zugeben, besonders spannend ist es nicht, gegen solche Gegner anzutreten. Wird der Gewinn zum erhebenden Erfolgserlebnis? Nein, nichts davon. Es ist einfach ein einfacher Weg der Geldbeschaffung. Und, wer letztendlich ja doch die Herausforderung im Pokersport sucht, der kann sich ja dann, mit dem gewonnenen Geld, an No-Limit- oder an Turnier-Tische begeben, um Bestätigung zu finden. Geld liegt zwar schon lange nicht mehr auf der Straße, dafür findet sich aber umso mehr davon beim Fixed-Limit.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 30.04.2009.