Gus Hansen ist ein Phänomen auf Full Tilt. Der dänische Profi verliert seit Monaten Millionen, wird immer kurz vor der Pleite gesehen und ist dennoch einer der aktivsten Spieler auf der Seite.
Wie kommt es, dass ein dreimaliger WPT-Champion so konsistent so katastrophale Ergebnisse produziert und immer noch spielt?
Gus Hansen: Der Top-Verlierer auf den Online-Highstakes seit Mai 2009
Seit Mai 2009 kann man Gus Hansens Abstieg beobachten. Hier die Top-3 der Verlierer seit diesem Datum:
Platz | Spieler | Hände | Verlust |
1. | Gus Hansen (Gus Hansen) | 845.318 | $14.380.941 |
2. | samrostan (Andrew Cherng ?) | 105.564 | $4.505.690 |
3. | MalACEsia | 42.742 | $3.773.524 |
Aufteilung von Gus’ Performance nach Varianten
Schaut man sich an, wie Gus Hansen in den einzelnen Spielen abgeschnitten hat, ergibt sich folgendes Bild:
Variante | Hände | Gewinn / Verlust |
Horse | 198.425 | $1.149.767 |
Stud | 14.380 | $544.137 |
8-Game | 10.995 | $427.849 |
Mixed HA | 4.333 | -$412.837 |
Draw | 210.709 | -$3.235.712 |
Omaha-8 | 97.182 | -$5.734.510 |
PLO | 309.242 | -$7.128.367 |
Kombiniert | 845.266 | -$14.389.673 |
Dabei ist anzumerken, das Hansen praktisch keine reinen Hold’em-Tische gespielt hat und seine Verluste vor allem beim Omaha und Draw (größtenteils Triple-Draw) akkumulierte. Sobald viel oder nur Stud im Spiel vorkommt, gewinnt Gus – bei Spielen ohne Stud verliert er Millionen.
Legt man den einzelnen Spielen die durchschnittlich von Gus Hansen gespielten Limits ($1.000 / $2.000 für die Limit-Varianten und $400 / $800 für die Pot- und No-Limit-Varianten) zugrunde, kommt man auf eine kombinierte Winrate von -1,9 Big Blinds pro 100 Hände.
Woher hat Gus Hansen das Geld?
Schon Ende letzten Jahres wurde spekuliert, dass Gus Hansen praktisch pleite sein müsste, da er schon damals über 9 Millionen Dollar online verloren hatte.
Danach legte Hansen gehörig nach und spielte in den ersten zehn Monaten 2013 weitere 6,3 Millionen Dollar ab.
Tatsächlich dürfte Gus Hansen von der Pleite viele Millionen Dollar entfernt sein. In Pokerturnieren häufte der Däne über 11 Millionen Dollar Gewinn an und er war jahrelang halbwegs erfolgreich in hoch dotierten Live-Cashgames unterwegs.
2003 gründete er seine eigene Pokerseite, PokerChamps.com, welche 2005 für 15 Millionen Dollar an Betfair verkauft wurde. 2006 wurde er Mitglied im Team Full Tilt und wird auch darüber substantielle Beträge erhalten haben.
Sicherlich ist Gus Hansens Bankroll nicht mit der des einstigen Mega-Wals Guy Laliberté vergleichbar. Letzterer hat über 26 Millionen Dollar online versenkt und ist laut Forbes über 2,6 Milliarden Dollar schwer. Aber Gus Hansen wird noch genügend Rücklagen haben, um noch einige Zeit seiner Bankrollvernichtung zu frönen.
Gus Hansen
Warum spiel Gus überhaupt noch?
Gus Hansen beschreibt sich selbst als Zocker und wettet auf Alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.
Es dürfte ihm schlicht sehr schwer fallen, mit dem Pokern kürzer zu treten, schließlich hat er seit dem Jahr 2000 kaum etwas anderes gemacht.
Für Gus Hansen geht es nicht nur um die Befriedigung seiner anscheinenden Spielsucht, sondern auch darum, seinen Gegern zu zeigen, dass mit ihm noch zu rechnen ist und er sehr wohl noch in der Lage ist, die Spiele zu schlagen.
Dass dem sehr wahrscheinlich nicht mehr so ist, ist ihm wohl so lange egal, wie er noch genügend Geld auf dem Konto hat, um an den Spielen teilzunehmen.
Lässt sich Gus Hansens Lauf durch Varianz erklären?
“Varianz ist eine Schlampe”, lautet sehr wörtlich übersetzt einer der wichtigsten Merksprüche für angehende Poker-Profis. Kann es also sein, dass Gus Hansen in den letzten Jahren einfach nur immer wieder von Fortuna was auf den Deckel bekommen hat?
Im Folgenden wird die Varianz in Gus Hansens Spiel statistisch beleuchtet. Für die mathematisch weniger Interessierten, hier das Ergebnis vorweg: Die Wahrscheinlichkeit, dass Gus Hansen in Wirklichkeit mindestens ein Plus-Minus-Null-Spieler ist, beträgt 3,7 Prozent.
Sprich: Es kann zwar sein, dass Gus notorisch vom Pech verfolgt ist, aber Ockhams Rasiermesser legt nahe, dass er die Spiele tatsächlich nicht mehr schlägt.
Hier ein Graph von pokerdope.com, der die Varianz bei Gus Hansens Spiel veranschaulicht:
Mögliche Varianz eines Spielers mit Gus Hansens Winrate (-$1.700 / 100 Hände) und Standardabweichung ($92.000 / 100 Hände).
Gus Hansen Varianz erklärt
Man kann den einzelnen von Gus Hansen gespielten Varianten eine Standardabweichung beimessen und so errechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass Hansen einfach nur Pech hat und eigentlich zumindest +/- Null in den Spielen abschneiden sollte.
Legt man den Limit-Spielen eine Standardabweichung von 50 bb/100 und den No- und Pot-Limit-Spielen eine Standardabweichung 150 bb/100 zugrunde, ergeben sich folgende Werte:
Variante | Hände | Gewinn in bb | Winrate | STD | P(Profitabel) |
Horse | 198.425 | 1.150 bb | 0,6 bb/100 | 2.227 bb | 70% |
Stud | 14.380 | 544 bb | 3,8 bb/100 | 600 bb | 82% |
8-Game | 10.995 | 428 bb | 3,9 bb/100 | 524 bb | 79% |
Mixed HA | 4.333 | -516 bb | -11,9 bb/100 | 987 bb | 30% |
Draw | 210.709 | -3.236 bb | -1,5 bb/100 | 2.295 bb | 8% |
O-8 | 97.182 | -5.735 bb | -5,9 bb/100 | 1.559 bb | 0,01% |
PLO | 309.242 | -8.910 bb | -2,9 bb/100 | 8.341 bb | 14% |
Kombiniert | 845.266 | -16.275 bb | -1,9 bb/100 | 9.157 bb | 4% |
Die letzte Spalte in obiger Tabelle gibt an, wie wahrscheinlich es ist, dass Gus Hansen in den einzelnen Varianten das Spiel schlägt (also mindestens ein Plus-Minus-Null-Spieler ist).
Nimmt man Gus Hansens kombinierten Ergebnisse, lässt sich errechnen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass er eigentlich eine Winrate von X bb/100 hat:
Winrate | Wahrscheinlichkeit |
weniger als -6 bb/100 | 0,01% |
-6 bis -5 bb/100 | 0,22% |
-5 bis -4 bb/100 | 2,57% |
-4 bis -3 bb/100 | 13,40% |
-3 bis -2 bb/100 | 31,20% |
-2 bis -1 bb/100 | 33,10% |
-1 bis 0 bb/100 | 15,80% |
0 bis 1 bb/100 | 3,36% |
1 bis 2 bb/100 | 0,33% |
mehr als 2 bb/100 | 0,01% |
Es zeigt sich, dass Gus Hansen mit einer überwältigenden Wahrscheinlichkeit von 99,7% eine kombinierte Winrate von weniger als 1 bb/100 hat.
Es besteht zwar tatsächlich eine Wahrscheinlichkeit von 3,70%, dass Hansen eigentlich ein profitabler Spieler ist, der nur eine ganze Menge Pech hat, aber eine ganze Menge realistischer ist die Erklärung, dass er tatsächlich in etwa so schlecht spielt, wie es seine Ergebnisse vermuten lassen.
Aber immerhin: Einer von 27 Spielern, die eine Winrate von +/- Null haben, würde über 850.000 Hände auf Gus Hansens Limits ebenfalls einen Verlust von rund 14,4 Millionen Dollar anhäufen.
Vielleicht ist das für Gus ein tröstlicher Gedanke?
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 03.11.2013.