Seit über zehn Jahren ringt die deutsche Politik um eine Regulierung des Glücksspiels und der Anbieter im Land, konnte sich jedoch bis jetzt nicht auf eine europarechtskonforme Gesetzgebung einigen. Der jüngste Reformvorschlag des Glücksspielstaatsvertrags scheiterte Ende letzter Woche am Nein der Landesregierung Schleswig-Holsteins.
Der bislang gültige Glücksspielstaatsvertrag vom Jahr 2011 sieht weitestgehend ein Monopol für Glücksspielangebote durch den staatlichen Anbieter Oddset vor. Nur für den Sportwettenbereich sollte dieser Markt für maximal 20 freie Anbieter geöffnet werden.
Doch diese Öffnung im Sportwettenbereich stieß auf zwei Probleme. Beauftragt mit der Lizenzierung war das Bundesland Hessen und dort gingen weit mehr als 20 Lizenzanträge ein. Da es keine klaren Kriterien gab, die Anträge auf 20 zu begrenzen, drohte ein langwieriger Rechtsstreit, da Antragsteller in Aussicht stellten, klagen zu wollen, sollten ihre Anträge abgelehnt werden. Das zweite Problem war, dass der Europäische Gerichtshof mehrfach entschied, dass der Glücksspielstaatsvertrag gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt, wenn nur der Sportwettenmarkt geöffnet wird.
Es dauerte bis zum März des Jahres 2017, bis sich die Ministerpräsidenten der Länder auf einen Entwurf zum Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag einigten. Demnach sollte die Begrenzung der Lizenznehmer gestrichen werden, doch die Lizenzen weiterhin nur auf den Sportwettenbereich begrenzt werden.
Schleswig-Holstein sagt Nein zum Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag
Ende letzter Woche jedoch annoncierte die Landesregierung in Schleswig-Holstein, man werde den Glücksspieländerungsstaatsvertrag in dieser Form nicht unterzeichnen. Die Regierung, eine Schwarz-Gelb-Grüne Koalition, erklärte, dass der Vertrag weiterhin nicht europarechtskonform sei und dass man eine dauerhafte und tragfähige Lösung anstreben sollte.
Tatsächlich würde der Europäische Gerichtshof den Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kassieren, da dieser den Glücksspielmarkt für Online-Casino-Spieler und Online-Poker weiterhin unreguliert belässt.
Der Fraktionschef der FDP in Schleswig-Holstein, Wolfang Kubicki erklärte hierzu: „Ein Staatsvertrag nützt doch keinem etwas, wenn wir am Ende einen komplett deregulierten Glücksspielmarkt vorfinden, weil der Staatsvertrag nicht europafest ist.“
Nach Einschätzung der Kieler Landesregierung wurden im Jahr 2015 im unregulierten Online-Glücksspielmarkt in Deutschland Umsätze (Differenz auf Einzahlungen zu Auszahlungen) in Höhe von über 1,1 Milliarden Euro erzielt, wobei mit deutlichen Steigerungen in den Folgejahren gerechnet wird.
Schleswig-Holstein strebt einen Glücksspielstaatsvertrag an, der jedwedes Online-Glücksspiel in Deutschland reguliert, so dass Anbieter und Spieler deutsche Rechtssicherheit haben und der Staat die Anbieter zu Abgaben verpflichten kann. Tatsächlich ist Schleswig-Holstein, das einzige Bundesland, welches Ende 2011 eine eigene Regulierung beschloss und Lizenzen unter anderem an PokerStars vergab. Nennenswerte Konsequenzen hatte diese regionale Regulierung jedoch nicht.
Was ist die derzeitige legale Situation in Deutschland?
An der Rechtssituation für Anbieter und Spieler hat sich in Deutschland in der letzten Dekade nichts verändert. Das Angebot von Online-Glücksspiel ist aus Deutschland heraus verboten, doch werden Angebote ausländischer Anbieter stillschweigend toleriert. Die allermeisten in Deutschland verfügbaren Online-Poker und Casino-Anbieter verfügen über Lizenzen innerhalb der Europäischen Union, so dass die Anbieter und Spieler Rechtssicherheit über das EU-Recht genießen.
Die Teilnahme an Online-Glücksspielen ist deutschen Spielern nicht untersagt, in Rechtsfragen ist jedoch das jeweilige Land zuständig, bei der Anbieter lizenziert ist. Steuerlich jedoch können Spieler in Deutschland belangt werden, auch wenn Online-Poker nicht reguliert ist. Es gab bereits Präzedenzfälle, bei denen zugunsten einer Besteuerung der Gewinne von professionellen Pokerspielern entschieden wurde.
Sollte es in ferner Zukunft zu einer nationalen Regulierung in Deutschland kommen, würde sich diese wahrscheinlich am französischen Modell orientieren. Dort schottete man den Poker-Markt zunächst ab und taxierte die Anbieter. Derzeit schließen sich Frankreich, Italien, Spanien und Portugal zusammen, um einen gemeinsamen Spielerpool bieten zu können. Sollte es zu einer Regulierung in Deutschland kommen, dürfte den hiesigen Spielern zunächst auch eine Abschottung vom restlichen Markt drohen. Doch im Moment scheint es äußerst unwahrscheinlich, dass es innerhalb der nächsten Jahre zu einer neuen deutschen Gesetzgebung kommt.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 26.09.2017.