Ein brisantes Urteil mit potentiell horrenden Folgen wurde vor kurzem vom Finanzgericht Münster gefällt. Demnach kann ein professioneller Pokerspieler mit seinen Gewinnen der Umsatzsteuer unterliegen.
Der Fall
Im konkreten Fall des Gerichtes ging es zu versteuernde Einnahmen und Umsätze des Pokerspielers Jens Vörtmann. Laut Urteil gab er gewonnene Preisgelder über einen Zeitraum von mehreren Jahren in seiner Steuererklärung nicht an.
Das Finanzamt schätzte daraufhin seine Umsätze und belegte dieser mit der in Deutschland üblichen Umsatzsteuer von 19 Prozent. Für 2006 setzte es Umsätze von 26.460 Euro und für 2007 von 61.000 Euro an.
Das Finanzgericht gab dem Finanzamt nun in erster Instanz Recht und bezog sich hierbei vor allem darauf, dass Vörtmann zu diesem Zeitpunkt professionell Poker spielte und deswegen als Unternehmer zu betrachten sei (Az. 15 K 798/11 U).
Explizit fasste das Finanzgericht in dem Urteil Live-Turniere und Online-Spiele zusammen, stellte allerdings auch fest, dass noch “nicht höchstrichterlich geklärt (ist), unter welchen Voraussetzungen ein Teilnehmer an Pokerspielen und Cash-Games sowie an im Internet durchgeführten Gewinnspielen als Unternehmer im Sinne des UStG zu qualifizieren ist”.
Brisanz des Urteils
Das vorliegende Urteil ist mehr als brisant. Der Kläger muss auf Pokergewinne Umsatzsteuer zahlen. Es geht also darum, dass jetzt möglicherweise auf Pokergewinne in Deutschland grundsätzlich auch noch Umsatzsteuer bezahlt werden muss. Das war vorher nie ein Thema.
Zu beachten ist auch, dass selbst für Gewinne im Ausland Umsatzsteuer abgeführt werden soll, da der Kläger laut Finanzgericht “sein Unternehmen vom Inland aus betrieben habe”.
Auch wenn jetzt nicht zwangsläufig jeder Pokerspieler, der mehr als nur hobbymäßig spielt, Umsatzsteuer auf die Gewinne zahlen muss, ist das Thema in der Welt – und das kann Pokerdeutschland im Moment nicht gebrauchen.
Gericht bejaht Unternehmereigenschaft
Der Kläger sei laut Gericht ein Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, da er “in einen Zeitraum von mindestens 9 Jahren, nämlich von spätestens 2004 bis mindestens Ende 2013, an Pokerturnieren sowie Cash-Games, ferner an Internet- und an Black-Jack-Veranstaltungen jeweils mit dem Ziel teilnahm, Entgelte zumindest in Form von „Preisgeldern“ zu erzielen”.
Eddie-Scharf-Urteil
Das Gericht argumentiert unter Bezugnahme auf das Eddie-Scharf-Urteil wie folgt: “Speziell im Pokerspiel verhielt sich der Kl. wie ein Profi, d.h. wie eine mit dieser Tätigkeit einen Beruf ausübende Person, in dem er bei Pokerturnieren anderen Spielern Unterbeteiligungen zukommen ließ, um auf diese Weise seine Chance, Einnahmen zu erzielen, zu erhöhen. Ein Pokerspieler, der wie der Kl. über jahrelange Erfahrung im Kartenspiel verfügt, weshalb er sich z.B. im Jahr 2008 im „…-Turnier“ gegen … Mitspieler und dabei auch gegen … durchsetzen konnte, ist nicht mehr als ein nichtunternehmerischer „Freizeitspieler“ bzw. als „Privatmann“ anzusehen, wie für die ertragsteuerliche Bewertung von Einkünften eines Pokerspielers das FG Köln in seinem Urteil vom 31.10.2012 12 K 1136/11 (EFG 2013, 612), Revision anhängig unter BFH X R 43/12, entschieden hat.
PokerOlymp-Interview in den Entscheidungsgründen
Anschließend bezieht sich das Gericht auf das PokerOlymp-Interview vom Juni 2008 kurz nach dem Gewinn des WSOP-$3.000-H.O.R.S.E-Bracelet des Klägers für 298.253 Dollar:
“In dem im Internet veröffentlichten Interview vom xx.xx.2008 bestätigte der Kl. die vorgenannte Einschätzung des Senats. Den Inhalt dieses Interviews, in dem der Kl. detailliert schilderte, dass er und auf welchem Weg er ein „…-Pro“ geworden sei, und wie er das „…-Turnier“ gewonnen habe, muss der Kl. gegen sich gelten lassen.”
Angebliches Schneeballsystem
Auch verwendet das Gericht, genau wie die Anklage in den USA beim Black Friday, den Begriff “Schneeballsystem” fälschlich:
“Abgerundet wird das gefundene Ergebnis durch die Höhe der vom FA für die Streitjahre ermittelten Umsätze des Kl. aus seiner Tätigkeit als Kartenspieler, die es dem Kl. erlaubten, die für seine unternehmerische Tätigkeit angefallenen Aufwendungen zu decken und mit den Einnahmen zumindest teilweise seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Bei einer Gesamtbetrachtung ist die Tätigkeit des Kl. vergleichbar mit der Beteiligung eines Spielers an einem auf dem Schneeballprinzip beruhenden Unternehmensspiel. Der Teilnehmer an einem solchen Spiel übt eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG aus (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 03.01.2008 16 K 356/07, DStRE 2009, 1388; bestätigt durch BFH, Beschluss vom 02.04.2009 V B 15/08, BFH/NV 2009, 1284).”
Revision zugelassen
Das Gericht erkennt die Tragweite seiner Entscheidung und hat deswegen eine Überprüfung durch den Bundesfinanzhof zugelassen. Eine Revision ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn sie durch das Finanzgericht ausdrücklich – wie hier geschehen – zugelassen wird. Es bleibt zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof dieses Urteil kassieren wird.
Links zum Thema
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Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 16.08.2014.