Fabrice Soulier gehört seit Jahren zum Inventar des Turnierzirkus und ist einer der erfolgreichsten Pokerspieler Frankreichs. Dabei ist er mit seinen 44 Jahren inzwischen Teil der alten Garde.
Unser Kollege Fred Guillemot von PokerListings Frankreich hat Fabrice Soulier im Rahmen der Battle of Malta zu einem Interview getroffen. Hier erzählt Soulier, wie er in den ‘90 Jahren auf Korsika zum Pokern kam, warum er 2009 wie ein kleines Kind bei der WSOP weinte, warum er stolz auf seine Leistungen ist und wie PokerStars ihm ein Buy-In bei der EPT London klaute.
Auf französisch ist das Interview bei fr.pokerlistings.com zu finden. In Auszügen hier die deutsche Übersetzung:
Fabrice, was sind Deine Eindrücke von Malta und von der Battle of Malta?
Ich fühl mich hier durch PokerListings sehr willkommen und ich reise seit 2007 regelmäßig nach Malta. Das kam durch meinen Kontakt zu Chilipoker und Alex Dreyfus. Wir sind gute Freunde und arbeiten inzwischen zusammen. Ich denke sogar darüber nach, nach Malta zu ziehen.
Was in Malta hinsichtlich Poker passiert, kann ich nur begrüßen. Ich denke, es ist ein fantastischer Ort für Poker. Die Casinos sind entspannt und man kann sehen, wie gut ein Turnier wie die Battle of Malta organisiert ist – insbesondere wenn man bedenkt, wie viele Spieler hier sind.
Die EPT kommt im März auch hierher, aber ich würde eher die kleinen Touren unterstützen.
Ich meine, wir sollten das Monopol von PokerStars (und damit das der EPTs) brechen. In London hatte ich einige schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht. Mehr oder weniger haben die mir einfach ein Buy-In gestohlen. Ich hatte mich für ein Turnier angemeldet und wollte es absagen. Meine Chips waren noch nicht am Tisch und mein Geld noch nicht im Preispool. Aber man hat mir gesagt, dies sei nicht möglich. Ich spiele seit 10 Jahren EPTs und bin es nicht gewohnt, so behandelt zu werden. Mit den Side-Events spiele ich rund drei dutzend EPT-Turniere pro Jahr und ich denke, das ist keine Art und Weise mit einem Stammgast umzugehen.
Ich würde es gerne sehen, wenn kleinere Turniere nach vorne drängen. Das würde etwas Ausgleich in die Sache bringen und es wäre für alle besser.
Wie bist du zu Poker gekommen?
Ich habe Poker vor langer Zeit auf Korsika über einen Freund kennengelernt. Es war in den ‘90 Jahren und wir hatten mit Antoine gespielt – einem der ersten Pros, die ich je kennenlernte. Er war 17 oder 18 und hatte einfach eine Menge Spaß daran, die Freunde seines Vater auszunehmen.
Von dem Geld kaufte er sich coole Dinge wie Motorräder oder Urlaube und ein bisschen was legte er an. Ich konnte damals kaum glauben, das so etwas tatsächlich möglich war. Danach hatte ich Poker allerdings für ein paar Jahre wieder vergessen.
Also ich hatte schon recht jung, mit 16 oder 17 gespielt, kam aber erst fünf oder sechs Jahre wieder zurück zum Spiel. Ich komme ursprünglich aus dem Süden Frankreichs und zog nach Paris. Dort spielte ich in Pariser Runden. Damals spielte ich Stud, Calfifornia Lowball und solche Spiele – Zeug, dass es heute gar nicht mehr gibt. Aber es hatte mir damals viel beigebracht.
Rund fünf Jahre habe ich das gemacht und im Jahr 2000 gewann ich den Paris Grand Prix und hörte mit meiner regulären Arbeit auf. Seitdem habe ich nie zurückgeschaut und nie bereut – auch wenn ich sehr viele Stunden Zeit für sehr wenige Erfolge investiert habe.
Fabrice SoulierWürde ich Leuten heute noch empfehlen, Poker-Profi zu werden? Nein. Nur wenige Spieler schaffen es und es ist inzwischen fast so schwer wie das Ziel, Profi-Sportler zu werden. Höchstens einer von 100 Spielern schafft es, vom Poker zu leben.
Was mich angeht – solange Poker mich gut behandelt und es mir nicht über ist, solange ich bin mit dem Adrenalin umgehen kann und meine, gut genug zu sein, werde ich weiterspielen. Man schaue sich mal Doyle Brunson an – der spielt immer noch großartig. Wir werden sehen, vielleicht gründe ich irgendwann einen Pokerclub für Rentner.
Ein WSOP-Bracelet 2001, unzählige Cashes und Platz 3 in der französischen All-Time-Money-Liste – Deine Karriere ist sehr eindrucksvoll. Worauf bist du besonders stolz?
Mein kleines Mädchen, das grade sechs Monate alt wurde.
Und bezogen auf Poker? Ich denke am ehesten darauf, dass ich immer noch da bin. Eine Menge Spieler haben inzwischen aufgehört und es gibt immer wieder Leute, die sich über dich lustig machen, weil du eine Hand so oder so gespielt hast. Das sind Leute, die nicht zuhören, wenn man ihnen etwas sagt und irgendwann scheitern sie. Es freut mich nicht, dass sie scheitern, aber es freut mich auf jeden Fall, nicht zu diesen Leuten zu gehören; dass ich so lange überlebt habe und an der Seite von Alex Dreyfus meine Rolle in der Industrie einnehmen kann.
Was waren die besten und schlimmsten Momente Deiner Karriere?
Das Bracelet wird wohl immer meine beste Erinnerung sein. Es gab danach noch andere französische Bracelet-Sieger, aber in dem Jahr sah es ziemlich dürr aus. Ich erinnere mich noch an die Final-Tables von ElkY und Elie Payan. Das konnte ich damals kaum glauben und als ich es mit einer massiven Führung (6:1) ins Heads-Up schaffte, war das ziemlich verrückt. Ich wusste, ich war so dicht vor dem Sieg, musste aber noch bis zum nächsten Morgen warten. Ich hatte mich die gesamte Nacht nur im Bett gewälzt.
Fabrice Soulier nach seinem Sieg bei der WSOPDer schlimmste Moment war mein Bust im Main-Event 2009 – zwei Jahre vor meinem Bracelet. Ich hatte Könige und so ein Typ ging mit Vieren all-in. Ich bekam meine 40 Big Blinds mit den Königen in die Mitte und er bekam prompt seine dritte Vier. Danach hatte ich noch 10 Big Blinds, verlor einen Coinflip und war raus.
Da hab ich geheult. Nach sieben Tagen scheidest du auf Platz 49 aus. Julien Brécard und ich fielen uns in die Arme und heulten wie zwei kleine Kinder.
Wir dachten, Du würdest Deinen zweiten Platz im Main-Event der WSOP-Europe nennen.
Nein, keineswegs. Klar, es ist ein gutes Ergebnis, Zweiter zu werden. Allerdings war ich mit meinem Spiel im Heads-Up gegen Adrian Mateos nicht sonderlich zufrieden. Er war einfach besser als ich. Es war mein höchstes Preisgeld, aber mit weniger Emotionen verbunden.
Gibt es etwas, das Du bereust?
Eigentlich nicht. Ich habe genügend dumme Dinge in meinem Leben getan und mache bestimmt immer noch einige. Aber insgesamt bin ich recht zufrieden. Fehler gehören zum Leben dazu und ich versuche stets, mich zu verbessern und ich denke, ich mache Fortschritte.
Trotz all des Ruhmes und Geldes scheinst Du auf dem Boden geblieben zu sein.
Ich denke, ich hatte verglichen mit den heutigen jungen Spielern Glück. Meine Erfolge kamen erst als ich in meinen späten Dreißigern war und da hatte ich schon eine Menge Lebenserfahrung. Ich hatte zehn Jahre beim Fernsehen gearbeitet – als Regisseur und Produzent. Ich wusste, was Geld wert ist und ich bin nicht abgehoben.
Wenn ich jungen Spielern an dieser Stelle einen Rat geben darf: Wenn man einen größeren Geldbetrag gewinnt, ist es egal wie sicher man ich ist, dass diese Strähne anhält. Das passiert so nicht und so funktioniert es nicht. Die Varianz schlägt immer zurück und man wird seine Trockenzeit haben. Man kann ausbrennen und niemand kann vorhersagen, was im Leben passiert. Deswegen muss man das beste aus seinem guten Lauf machen.
Fabrice SoulierWir alle sollten auf dem Boden bleiben, denn Karten lassen einen demütig werden. Man hat nicht immer dann Glück, wenn man es braucht.
Als ich mit dem Spiel anfing, war ich mehrmals pleite und einmal als Pro. Das will ich nie wieder erleben – insbesondere jetzt, da ich eine Familie habe.
Was sind jetzt Deine Ziele?
Ich habe meinen Vertrag bei Everest-Poker verlängert und ich will weiter live und mehr Highroller-Turniere spielen.
Nach meinem Sieg in Prag hatte ich nur das in Barcelona gespielt. In London war ich nicht dabei, weil es mir nicht gut ging aber ich würde gerne mehr spielen. Alles im Rahmen meiner Bankroll – 10k ja, 25k oder 50k vermutlich eher nicht.
Es freut mich, weiter mit Everest arbeiten zu können, denn es ist ein langfristig angelegtes Verhältnis und ich komme gut mit den Jungs aus.
Wenn Deine Tochter Dir irgendwann mitteilt, dass sie Pokerspielerin werden will, was sagst Du ihr?
Ich denke, wir werden ihr sehr früh das Pokerspiel beibringen. Poker ist eine gute Art und Weise, viele Dinge zu lernen und so sollte Poker auch wahrgenommen werden. Selbst große Unternehmen benutzen Poker, um ihren Mitarbeitern analytische Fähigkeiten, Fragen zum ROI und Risiko nahezubringen.
Am Ende ist es ein Spiel wie viele andere auch und dann kann man es auch lernen, wenn man jung ist.
Poker ist Teil einer eher jungen Welt und kann die ältere Generation ein wenig verängstigen. Meine Eltern zum Beispiel – es brauchte eine lange Zeit, bis ich ihnen sagte, dass ich Poker spiele. Das war vor 15 Jahren und damals wurde Poker noch als ein Mafia-Spiel gesehen. Ist ist faszinierend, wie schnell man vergisst, wie sehr sich die Dinge gewandelt haben.
Einige Leute haben immer noch Vorurteile und meinen etwa, ich müsste ja ständig lügen, da ich ein Pokerspieler bin. Aber das ist absurd. Abseits des Tisches lüge ich nie – ich bin sogar ein wenig zu ehrlich.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 03.12.2014.