Sie ist zweifache Mutter und eine der gefürchtetsten Spielerinnen im Pokerzirkus. Im Rahmen der Full Tilt Million Euro Challenge konnten wir mit Jennifer Harman ein Gespräch führen und einiges über ihre Zukunftspläne erfahren, aber auch über Phil Iveys Chancen bei den November Nine und Andy Beal erfahren.
Hallo Jennifer, vorher auf dem Podium sagtest Du, dass Du Hamburg und Deutschland liebst. Was sind Deine Eindrücke von dieser Veranstaltung?
Ich finde dieses Event großartig und die verantwortlichen Leute haben Fantastisches geleistet. Es ist einfach unglaublich und ich bin sehr stolz, hier zu sein.
Vor fünf Jahren war Poker in Deutschland eine Randsportart und niemand konnte diese Entwicklung absehen. Hättest Du sie für möglich gehalten?
Nun, in Amerika war Poker schon sehr populär, bevor ich geboren wurde. So gesehen bin ich nicht so überrascht, dass Poker auch in Deutschland so populär wurde.
Du hast beim Poker praktisch alles erreicht, was möglich ist. Hast Du noch Ziele oder ist es manchmal schwer, Dich zu motivieren?
Nein, ich habe nicht alles erreicht, ich habe das Main Event der WSOP noch nicht gewonnen. Außerdem mache ich immer noch Fehler und möchte mein Spiel stetig verbessern. Natürlich möchte jeder das Main Event gewinnen, aber ich möchte außerdem mehr Turniere in Europa spielen, etwa bei der WSOPE und der EPT. Das ist mit zwei kleinen Kindern natürlich nicht einfach, aber sie werden älter und so ergeben sich wahrscheinlich mehr Möglichkeiten. Ich möchte Turniere gewinnen, aber dafür muss ich welche spielen.
Vorher auf dem Podium stand das gesamte Full Tilt Team, es bestand aus lauter Männern und Jennifer Harman. Kannst Du es etwas über Deine Rolle als Frau in einer männerdominierten Welt erzählen?
Ehrlich gesagt hatte ich nie Probleme in dieser Welt. Ich habe dort viele Freunde gewonnen und konnte mich immer leicht umstellen. Ich fühle mich am Pokertisch nicht als Frau, sondern als guter Spieler, der mit anderen konkurriert.
Aber Deine Familie war nicht sonderlich begeistert von Deinem Entschluss, Pokerspielerin zu werden.
Nun, zunächst nicht, aber als ich erfolgreich war, haben sie meinen Entschluss nicht nur akzeptiert, sondern sogar begrüßt. Sie haben zunächst gedacht, Poker sei ein Glücksspiel, aber mittlerweile verstanden, dass es dabei auf Können ankommt.
Jennifer Harman mitten im GesprächViele halten Dich für einen der besten, wenn nicht sogar den besten Limit-Hold’em-Spieler der Welt. Was fasziniert Dich an dieser Variante, die heutzutage viele für langweilig halten.
Viele denken, dass Limit Hold’em besonders einfach sei und es keinen Spaß macht. Aber das stimmt nicht, Limit Hold’em kann sehr viel Spaß machen und manche Entscheidungen sind wirklich schwierig. Manchmal wäre es mir lieber, wenn Limit Hold’em einfacher wäre.
Spielst Du lieber Cash Game oder Turniere?
Ich bevorzuge auf jeden Fall Cash Games, wenngleich es bei Turnieren mehr zu gewinnen gibt. Bei Chris Ferguson ist es genau umgekehrt, aber er hat auch mehr Zeit als ich. Ich möchte zwar in Zukunft mehr Turniere spielen, aber mein Hauptbetätigungsfeld bleiben die Cash Games.
Unsere Leser lieben die Berichte über die High Stakes Action auf Full Tilt, bei denen es um astronomische Summen geht. Was glaubst Du, ist das „Limit der Limits?“
Es scheint tatsächlich immer weiter nach oben zu gehen und immer teurer zu werden, aber ich persönlich glaube, dass es erst einmal wieder nach unten gehen wird. Das ist eigentlich das, was in der Regel passiert. Vielleicht spielen sie bis zu ihrem Lebensende so, aber dies hängt davon ab, wer das Geld hat.
Auch Hansi darf mal…Kämen solche Einsätze für Dich auch dauerhaft in Frage?
Bestimmt nicht bei PLO, da ich dort meines Erachtens meine größten Schwächen habe. Außerdem habe ich eine junge Familie, die ich ernähren muss und die viele meiner Entscheidungen beeinflusst. Eine davon lautet, kein PLO um Millionen zu spielen. Für meine Familie trage ich die Verantwortung und möchte nicht das Risiko eingehen, auf der Straße betteln zu müssen.
Eine Frage noch zu Andy Beal. Spielt er noch?
Hm, soweit ich weiß, hat er seit der letzten Challenge ein wenig gespielt, aber bei weitem nicht mehr so hoch. Er ist ein großartiger Mann, er kam und hat uns, die Besten, ohne viel Erfahrung herausgefordert. Er ist sehr intelligent, geradezu brillant und wäre ein sehr guter Spieler geworden, wenn er sich zu einer Pokerkarriere entschlossen hätte. Wir mussten uns damals entscheiden, ob wir um diese hohen Einsätze spielen wollten. Andy hätte unsere Bankrolls und damit unsere Karrieren zerstören können. Einmal habe ich bei Limits von 100.000/200.000 in wenigen Minuten 6 Millionen gewonnen, aber es hätte auch andersherum laufen können.
Letzte Frage. Wer gewinnt das Main Event? Hat Phil Ivey eine Chance?
Phil hat definitiv genug Chips, um dieses Turnier zu gewinnen. Er ist ein brillanter Spieler, er hat die psychische Basis und den absoluten Willen, diesen Titel zu holen. Ich bin absolut überzeugt, dass er eine gute Chance hat und würde mich sehr freuen, wenn er dieses Turnier gewinnt.
Vielen Dank für das Interview.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 07.09.2009.