Viele Poker-Anfänger haben noch nie vom Konzept der Aggression im No Limit Texas Hold'em gehört, dafür bekommen sie es umso mehr am Tisch zu spüren.
Wir präsentieren heute einige Überlegungen zur Aggression im Poker, vor allem beim No-Limit. Viele Ratschläge sind dabei aus den Büchern Die Poker-Schule und Die Poker-Uni übernommen und richten sich hauptsächlich an Anfänger.
Ein penetranter Gegner
Ich erinnere mich an eine meiner ersten Runden im Poker überhaupt. Da war dieser penetrante Gegner, der ständig erhöhte und immer einen blöden Spruch auf den Lippen hatte.
Irgendwann war ich genervt, meine Chips waren mehr oder weniger weg und ich fühlte mich komplett überrumpelt.
Dabei war selbst mir als Anfänger klar, dass er rein statistisch nicht immer gute Hände haben konnte. Ich hatte aber meist auch nichts, um ihm Paroli zu bieten. Was war da los?
Das Konzept der Aggression im Poker
Bitte machen Sie sich klar, dass Aggression vor allem im No-Limit Poker eine sehr große Rolle spielt. Aggressiv zu spielen bedeutet, dass man relativ oft wettet oder erhöht.
Es bedeutet auch, dass man hoch setzt und erhöht. Schon im Limit Poker ist meist derjenige im Vorteil, der den Pot als erster aggressiv für sich beansprucht. Er gibt den anderen Spielern zu verstehen, dass er sich stark genug fühlt, die Hand zu gewinnen, sei es, weil er die bessere Hand hat oder weil er sich schlicht zutraut, den Pot auch mit einer schlechten Hand via Bluff abzuräumen.
Der aggressive Spieler agiert, während die anderen nur reagieren, er übernimmt die Kontrolle über den Tisch, hat das Momentum.
Eine Grundregel im Hold'em besagt, dass die Spieler den Flop meist verpassen, oft schlechte Starthände bekommen. Gerade deswegen kann man viele Pötte unabhängig von der eigenen Handstärke abstauben.
"Entweder Du verbreitest Angst oder Du bist Opfer der Angst"
Doyle Brunson, der das Konzept der Aggression im No-Limit in seinem Buch-Klassiker "Super System" erstmals formulierte, brachte es auf den Punkt:
"Es gibt immer Angst im Poker. Und gewöhnlich bist Du auf der einen oder der anderen Seite davon. Entweder Du verbreitest Angst oder Du bist Opfer der Angst."
Das Gap-Konzept
Hier spielt auch das Gap-Konzept, das ursprünglich vom Autor und Pokerspieler David Sklansky für Turniere formuliert wurde, eine große Rolle. Das Gap-Konzept besagt vereinfacht:
Man braucht in der Regel eine bessere Hand zum Mitgehen als zum Setzen.
Den Unterschied zwischen der Handstärke, die man zum Eröffnen benötigt, und der, die man zum mitgehen braucht, ist die Gap, zu Deutsch „Lücke“.
Das kommt daher, weil beim Wetten immer die Möglichkeit besteht, dass der andere aufgibt, und es so auf die eigene Handstärke nicht mehr ankommt. Beim Mitgehen spielt man seine Hand weiter und deshalb muss sie besser sein. Gerade in Turnieren, in denen die Spieler 'überleben' müssen, ist das wichtig.
Je tighter der Wettende spielt, desto größer die „Gap“ und desto besser muss die Hand sein, mit der man gegen ihn spielt.
Umgekehrt ist die Gap natürlich umso kleiner, je looser der Gegner ist, der eröffnet hat. Schließlich weiß ich dann, dass ich möglicherweise keine besonders gute Hand gegen mich habe.
Aggression im No Limit
Im No-Limit Texas Hold'em ist das Konzept der Aggression aus folgenden Gründen noch wichtiger als im Limit- oder im Pot-Limit Poker:
Man kann im No-Limit höher wetten als beim Pot-Limit oder beim Limit. Insofern kann man durch hohe Wetten oder Erhöhungen Gegner besser aus der Hand drängen.
Im No-Limit regiert häufig die oben erwähnte Angst am Tisch. Theoretisch kann man in jeder Hand all seine Chips verlieren, oft sind die Gegner money-scared und spielen höher, als sie es sich leisten können. Die Spieler werden es sich daher oft zweimal überlegen, ob sie mitgehen und so in späteren Wettrunden viel riskieren.
Das aggressive Image
Wenn man im No-Limit ein aggressives Image aufgebaut hat, funktioniert das Konzept noch besser. Nur wenige Spieler werden sich trauen, gegen Sie zu spielen, wenn sie wissen, dass sie jederzeit damit rechnen können, All-In gesetzt zu werden.
Sie sehen also, dass es im No-Limit Texas Hold'em sehr wichtig ist, die Initiative zu ergreifen und zu wetten oder zu erhöhen.
Natürlich ist es ein Fehler, mit jeder Hand zu setzen. Ein wenig „Rückendeckung“ müssen Sie schon haben, dazu ein Gespür für die richtigen Spots, die Position, Chipcounts der Gegner und die Psychologie am Tisch.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.04.2016.