Position bietet einen enormen Vorteil. Um jedoch maximalen Vorteil aus ihr zu schlagen, müssen Sie eine Taktik anwenden, die ich doppelbödige Aggression nenne. Sie bringen in Position viele Bets und Raises. Manchmal verweisen diese auf eine starke Hand und künden weitere Bets und Raises an. In anderen Fällen handelt es sich dabei um Bluffs oder Semi-Bluffs. Und in anderen Fällen stellen sie nichts anderes dar als ein Arrangement mit einer im Grunde schwachen Hand.
Das Manöver zum Erreichen des kostenlosen Showdowns ist ein großartiges Instrument, das in die dritte Kategorie fällt – meist handelt es sich dabei um ein positionelles Arrangement. Und so funktioniert es: Sie sind im Heads-Up und haben auf dem Turn Position. Ihr Gegner setzt. Sie raisen mit der Absicht, kein weiteres Geld zu setzen. Nach einem Reraise geben Sie die Hand auf. Callt Ihr Gegner jedoch und checkt auf dem River, checken Sie auch. Callt er und setzt auf dem River, beabsichtigen Sie einen Fold, obwohl diese Entscheidung bisweilen schwierig sein kann. Das Manöver können Sie sowohl bei Limit als auch No-Limit anwenden, allerdings gibt es bei der Ausführung innerhalb der beiden Varianten leichte Unterschiede. Hier ein Beispiel für Limit Hold’em:
Sie haben 10 10 , raisen vor dem Flop und der Big Blind callt. Auf dem Flop kommen Q 9 5 , Ihr Gegner checkt, Sie setzen und er raist. Er spielt auf dem Flop aggressiv, daher bedeutet sein Check-Raise nicht zwangsläufig, dass Sie geschlagen sind. Sie gehen davon aus, dass Ihr Gegner mit jedem Paar und jedem Straight- oder Flush Draw raisen würde. Sie callen. Auf dem Turn kommt die 3 , Ihr Gegner setzt und Sie raisen. Hierbei handelt es sich um ein Manöver für einen kostenlosen Showdown, d.h. Sie beabsichtigen einen Fold auf einen Reraise bzw. einen Check behind auf dem River.
Wie jeder Spielzug beim Poker ist das Manöver für einen kostenlosen Showdown in einigen Situationen sehr gut geeignet und in anderen weniger. Es hat Stärken und Schwächen, und Sie sollten es dann anwenden, wenn seine Stärken zum Tragen kommen.
Der Nutzen
Das Manöver für einen kostenlosen Showdown hat zwei wesentliche Vorteile:
1. Sie gewinnen häufig das Maximum gegen einen Spieler, der semiblufft.
2. Manchmal gelingt es Ihnen, einen Gegner dazu zu bringen, eine bessere Hand zu folden.
Nehmen wir an, Sie haben eine bescheidene, aber akzeptable Hand, die wenig Chancen auf Verbesserung besitzt. Das Paar Zehnen im obigen Beispiel ist dafür typisch. In einer gewissen Anzahl von Fällen ist es die beste Hand, daher lohnt es sich vermutlich, zum Showdown zu gelangen. Liegt es aber zurück, ist der Rückstand groß, da Sie nur zwei Outs gegen jemanden mit einer Dame haben.
Die am häufigsten anzutreffende Spielweise mit dieser Hand wäre, sich der gegnerischen Aggression zu unterwerfen und zweimal – auf Turn und River – zu callen. Gegen viele Kontrahenten würden Sie nach einem Check auf dem River sogar betten.
Wie sieht es aber aus, wenn Ihr Gegner mit einem Flush- oder Straight Draw semiblufft? Er checkraist mit einem Semi-Bluff auf dem Flop und Sie callen. Dann setzt er auf dem Turn nach und hofft auf Ihren Fold. Sie callen jedoch, er verpasst seinen Draw und gibt auf dem River auf. Er checkt, Sie setzen und er foldet. Mit dieser Spielweise nehmen Sie Ihrem Gegner mit seinem Draw zwei Bets auf dem Flop und eine auf dem Turn ab.
Raisen Sie jedoch den Turn, muss er eine zusätzliche Bet bezahlen. Er kann auf dem River checken und folden, aber zuvor musste er zwei Bets auf dem Turn bezahlen. Das Manöver für einen kostenlosen Showdown kostet den Semibluffer mehr.
Setzt Ihr Gegner mit einer Made Hand, foldet er bisweilen. Das ist natürlich günstig für Sie, da er nicht auf seine Outs (in der Regel sind es fünf) drawen kann, zudem foldet er gelegentlich die bessere Hand.
Allgemein gesprochen funktioniert das Manöver für einen kostenlosen Showdown also gut gegen Spieler, die auf dem Flop ohne Position mit einem breiten Spektrum aggressiv vorgehen, aber zurückstecken, wenn sie auf dem Turn mit Aggression konfrontiert werden.
Die Nachteile
Der offensichtliche Nachteil dieser Spielweise besteht darin, dass Sie für 3-Bet-Bluffs auf dem Turn und einen letzten Bluff auf dem River anfällig werden. Sie ist darauf angelegt, dass Ihr Gegner fügsam wird, wenn Sie auf dem Turn die Muskeln spielen lassen. In vielen Partien, vor allem in Live-Casinos an Tischen mit mittleren Einsätzen, können Sie sich auf die gegnerische Reaktion recht gut verlassen. Aber im Internet, bei hohen Einsätzen und in vielen No-Limit-Partien ist diese nicht so verlässlich.
Ein Bluff-Reraise ist eine Katastrophe für das Manöver für einen kostenlosen Showdown. In der Regel wenden Sie es mit Händen an, mit denen Sie den Showdown sehen wollen. Das Ziel besteht vor allem in der Maximierung – mit der schlechteren Hand verlieren Sie ohnehin zwei Bets, gewinnen aber etwas mehr mit der besten Hand.
Das Manöver bietet Ihnen also einen leichten Zugewinn, wenn es funktioniert. Aus einem Gewinn wird ein etwas größerer Gewinn. Werden Sie aber durch einen Reraise aus der Hand geblufft, erleiden Sie einen großen Verlust und aus einem schmalen Gewinn wird eine herbe Einbuße. Damit das Manöver für einen kostenlosen Showdown gut funktioniert, darf ein Bluff-Reraise nur eine seltene Bedrohung sein.
Ähnlich verhält es sich mit der Drohung einer Bet Ihres Gegners auf dem River. Er setzt auf dem Turn, Sie reraisen und er callt. Auf dem River kommt eine Blank und er setzt. Oder einer der Draws kommt an, der andere aber nicht und Ihr Gegner setzt. Was nun? Häufig bietet der Pot verlockende Pot Odds und Ihre Entscheidung ist nicht eindeutig. Sie haben eine Hand, die Sie zum Showdown bringen wollten und eventuell lohnt sich dies immer noch. Heutzutage sind Ihre Gegner oft trickreich und mit Sicherheit ist es schon vorgekommen, dass Sie nach einem Raise auf dem Turn geblufft wurden.
In diesem Fall gibt es kein klares Erfolgsrezept. Manchmal sprechen die Pot Odds und die Wahrscheinlichkeit eines Bluffs eindeutig für einen Fold und manchmal eindeutig für einen Call. In den Fällen, in denen Sie sich zum Call verpflichtet sehen, ist Ihr Manöver für einen kostenlosen Showdown fehlgeschlagen, weil Sie statt zwei Bets drei bezahlen müssen. Dies ist die immanente Gefahr beim Manöver für einen kostenlosen Showdown und in der Regel müssen Sie jede Situation unabhängig bewerten. Je häufiger Ihr Gegner jedoch auf dem River setzt, desto seltener sollten Sie das Manöver für einen kostenlosen Showdown versuchen.
In meinem nächsten Artikel werde ich näher auf das Manöver für einen kostenlosen Showdown bei No-Limit eingehen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 24.11.2009.