Einer der markantesten Unterschiede zwischen No-Limit Hold’em im Casino und No-Limit Hold’em im Internet ist die Häufigkeit von Reraises vor dem Flop. Im Internet scheint es häufig so, dass in jedem Pot gereraist wird, während man live manchmal eine Stunde warten muss, bis ein Reraise erfolgt.
Dieser Artikel ist eine Einführung in die Spielweise in gereraisten Pots, der auf das Live-Spiel abzielt. Heute spreche ich über die Spielweise nach einem gegnerischen Reraise und in einem späteren Artikel werde ich mich der Spielweise zuwenden, wenn Sie selbst der Reraiser sind.
Im Live-Spiel sind gereraiste Pots selten, weil viele Spieler nur mit ihren besten Händen so spielen und ein Reraise entweder ein Paar Asse oder Könige bedeutet. Manchmal geschieht er auch mit Damen oder Ax Kx . Für diese Situation, in der ein tighter Spieler reraist, habe ich vier Ratschläge:
Tipp 1: Werfen Sie Ihre Hand weg
In den meisten Fällen ist ein Fold Ihre beste Option. Wissen Sie, dass Ihr Gegner eine extrem starke Hand hat, kämpfen Sie gegen die Windmühlen. Sie werden ihn nicht häufig genug überholen können, damit ein Call vor dem Flop sich lohnt. Nehmen wir etwa an, Sie spielen 2 $/5 $ mit 500 $ Stacks und haben 9 9 . Zwei Spieler limpen und Sie raisen vom Button auf 30 $. Der Small Blind callt und der Big Blind reraist auf 150 $. Alle vor Ihnen folden. Folden Sie auch! Ein Call kostet 120 $ und es sind 220 $ im Pot. Vermutlich sind Sie mit einem höheren Paar konfrontiert, daher werden Sie ohne ein geflopptes Set fast nie gewinnen. Sie sind 7,5 zu 1 Außenseiter, ein Set zu floppen und Ihre maximale Hoffnung besteht darin, die 220 $ im Pot plus die 350 $ im gegnerischen Stack zu gewinnen. Das Risiko von 120 $, um als 7,5 zu 1 Außenseiter 570 $ zu gewinnen, ist schlicht nicht profitabel. Ein Paar Neunen ist eine gute Hand, aber in diesem Fall ist es ein klarer Fold.
Tipp 2: Greifen Sie auf gefährlichen Boards an
Manchmal sollten Sie vor dem Flop callen, obwohl Sie wissen, dass Ihr Gegner vermutlich ein hohes Paar hat. Entweder hat er so niedrig gereraist, dass Sie einen günstigen Preis bekommen, oder die Stacks sind so groß, dass Sie trotz der unterlegenen Hand profitabel weiterspielen können. Nehmen wir wieder an, Sie spielen 2 $/5 $ mit 500 $ Stacks und haben 9 9 . Zwei Spieler limpen und Sie raisen auf dem Button auf 30 $. Der Small Blind foldet und der Big Blind reraist auf 60 $. Die Limper folden, aber Sie sollten callen. Im Pot sind 102 $ und ein Call kostet 30 $. Zudem haben Sie ein recht klares Bild von der gegnerischen Hand und die effektiven Stacks betragen 440 $. Manchmal werden Sie mit einem gefloppten Set einen großen Pot gewinnen und manchmal gelingt es Ihnen auch, Ihren Gegner auf einem gefährlichen Board zum Fold zu zwingen.
Nehmen wir an, Sie callen die 30 $ mit 9 9 und auf dem Flop kommen A 8 7 . Der Big Blind checkt. Ihr Gegner ist ein schlichtes Gemüt, dessen niedriger Reraise vor dem Flop entweder ein Paar Asse oder Könige bedeutet. Mit einem Ass auf dem Flop ist es nun doppelt so wahrscheinlich, dass er Könige hat. Da er vermutlich eine schwächere Hand als Top Pair hält, sollten Sie einen Steal in Betracht ziehen.Häufig gewinnt eine Bet den Pot direkt. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, haben Sie in einem Pot mit 132 $ und 440 $ in den Stacks noch genug Zeit, um mehr Informationen zu bekommen, und genug Geld, um einen Fold zu erzwingen. Es können auch Boards mit drei Karten zu einer Straight kommen, die so gefährlich sind, dass Sie einem Gegner mit hohem Paar den Pot stehlen können. Zum Beispiel könnte nach einem Flop mit 9x 8x 7x jede Zehn, jeder Bube, jede Sechs oder jede Fünf dazu führen, dass Ihr Gegner foldet.
Tipp 3: Verlieren Sie nicht Ihren Stack mit Top Pair
Eigentlich ist es nicht nötig zu erwähnen, dass Sie zum Beispiel mit einem Paar Zehnen nicht Ihren Stack verlieren sollten, wenn Sie Ihren Gegner wegen seines Reraise vor dem Flop auf Asse oder Könige setzen. Doch in der Hitze des Gefechts verlassen uns bisweilen unsere sieben Sinne. Nehmen wir etwa an, ein Spieler limpt und Sie raisen in einer Partie mit Blinds von 2 $/5 $ und Stacks mit 800 $ vom Button mit J 10 auf 25 $. Der Big Blind reraist auf 50 $ und der Limper foldet. Sie callen wegen der Pot Odds trotz der Premium-Hand Ihres Gegners die 25 $. Auf dem Flop kommen 10 6 2 und der Big Blind setzt 50 $. Sie callen die moderate Bet wegen der Chance, einen Buben oder eine weitere Zehn treffen bzw. bei einem Ass eventuell den Pot gegen Könige zu stehlen. Auf dem Turn kommt die 5 . Ihr Gegner setzt 200 $. Folden Sie auf alle Fälle. Sie haben Ihren Gegner wegen seines Preflop-Raise auf ein hohes Paar gesetzt und er zeigt weiterhin Stärke. Ihr Top Pair ist nicht die beste Hand.
Tipp 4: Spielen Sie Asse nicht slow
Sie haben bei einem gegnerischen Reraise nicht oft Asse, doch wenn dies der Fall ist, sollten Sie diese Gelegenheit nicht verschwenden. Bringen Sie in dieser Situation einen hohen Reraise. Sie haben die Nuts und Ihr Gegner sitzt mit einer starken zweitbesten Hand (vermutlich Königen oder Damen) in der Falle.
Der einzige Nachteil dieser direkten Spielweise ist, dass Ihr Gegner eventuell nach fünfminütigem Zögern und Zaudern offen Könige foldet. Das wird aber nicht oft geschehen. Die meisten Gegner schieben mit Königen ihr Geld in die Mitte, obwohl sie „sicher“ sind, dass Sie Asse haben. Spielen Sie dagegen slow, riskieren Sie ein gefährliches Board wie in Tipp 2 und bekommen Probleme. Unterm Strich ist dieses Risiko höher als ein Fold Ihres Gegners vor dem Flop mit Königen. Spielen Sie generell aggressiv, halten die meisten Gegner mit Königen dagegen und ziehen einen Fold nicht in Betracht.
Es gibt Umstände, in denen es sinnvoll ist, Asse vor dem Flop slow zu spielen. Aber in Live-Partien sollten Sie gegen tighte Spieler Ihr Geld einfach unterbringen.
In diesem Artikel erörterte ich die Spielweise gegen Kontrahenten, die nur mit ultrastarken Händen wie Assen und Königen reraisen. Diese sind in Live-Partien mit niedrigen Einsätzen recht verbreitet, doch deren extrem tighte Strategie ist bei weitem nicht optimal. Sie können (und sollten) viel großzügiger reraisen, und im nächsten Artikel zeige ich Ihnen, warum.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.10.2010.