Daniel Negreanu im großen PokerOlymp Interview. Götz Schrage stellt sonderbare Fragen und Daniel Negreanu, den wohl nichts aus der Fassung bringen kann, gibt gute Antworten. Lesen Sie Interessantes zu großen Pots und kleinen Pillen und erfahren Sie mehr über die scheinbare Schönheit hässlicher japanischer Autos.
18.00 Uhr MEZ
Götz Schrage: „Mr.Negreanu, so schön, dass ich Sie endlich erreiche. Mein Name ist Götz Schrage. Ich arbeite für PokerOlymp und würde gerne….“
Daniel Negreanu: „Ja hallo, ich weiß alles. Ich weiß fast alles. Ich weiß nur nicht wie spät es ist.“
Götz Schrage: „Entschuldigen Sie vielmals, wenn ich störe. Man hat mir gesagt, ich solle exakt um die Zeit anrufen, aber wenn…“
Daniel Negreanu: (unterbricht mich) „Es ist alles ok, ich weiß von dem Termin. Ich finde nur meine Uhr nicht. Haben Sie irgendeinen Verdacht, wie spät es bei mir sein könnte?“
Götz Schrage: „Selbstverständlich. – Wir haben in Europa 18.00Uhr plus neun Stunden macht 3.00Uhr denke ich.“
Daniel Negreanu: „Das kann ich ausschließen. Für 3.00Uhr habe ich ein Alibi, weil….“
Götz Schrage: (unterbricht aufgeregt) „Minus neun Stunden! Minus neun Stunden natürlich. Entschuldigen Sie, Mr.Negreanu. Bei Ihnen ist es 9.00Uhr am Morgen und Herr Stiel von Pokerstars hat mir gesagt…“
Daniel Negreanu: „Alles in Ordnung. Bitte geben Sie mir noch zwei Stunden. Nur zwei Stunden und dann rufen Sie wieder an. Könnte das sich einrichten lassen ohne Probleme?“
Götz Schrage: „Selbstverständlich, Mr.Negreanu. Selbstverständlich. Ich melde mich dann.“
zwei Stunden später – 20.05 Uhr MEZ
Götz Schrage: „Mein Name ist Götz Schrage. Ich hoffe, ich rufe jetzt zur rechten Zeit…“
Daniel Negreanu: (unterbricht mich – immer noch hörbar verschlafen) „Sie könnten mir nicht vielleicht einen Gefallen tun?“.
Götz Schrage: „Gerne! Was soll ich tun? Brötchen holen, Kaffee kochen?“
Daniel Negreanu: (röchelndes Lachen, gefolgt von gefährlich klingendem Husten) „Nein! Ich habe dann einen ganz wichtigen Termin. Sie lassen mich jetzt doch noch 90 Minuten schlafen und dann wecken Sie mich bitte pünktlich, wenn das für Sie in Ordnung ist? Oder ist es dann bei Ihnen drüben zu spät?“
Götz Schrage: „Kein Problem – Ich wecke Sie pünktlich nach Ihrer Zeit. – - – Moment wir haben jetzt hier 20.10Uhr. Minus neun Stunden minus 90 Minuten – - oder plus 90 Minuten? – - Egal, ich rufe dann pünktlich an jedenfalls.“
21.40 Uhr MEZ
Daniel Negreanu: „Gut, dass Sie anrufen. Vielen Dank. Ich bin schon wach und muss mich ein wenig beeilen. Kommen wir gleich zur Sache bitte!“
Götz Schrage: „Ok – gleich zur Sache. Ich möchte Ihnen eine $100.000 Investition vorschlagen und ich würde gerne ab jetzt Ihr österreichischer Cousin sein dürfen. – Natürlich nur wenn es Ihnen keine Umstände bereitet?“
Daniel Negreanu: (hörbar irritiert und plötzlich hellwach) „ Mein österreichischer Cousin?! – Was soll das werden in Gottes Namen?“
Götz Schrage: „Ich habe mich auf dieses Interview vorbereitet. Wenn man bei Youtube-Suche die Wörter „Interview“ und „Daniel Negreanu“ eingibt, kommt als erster Clip „Paul Negreanu – the Cousin of Daniel Negreanu“ – Der ist da in einer Talkshow, gibt ein Interview, verkauft Kappen. Ich will mich auch gerade beruflich verändern. – Mein Boss kann mich nicht leiden und ich hasse ihn. Vielleicht wäre dieser Cousin-Job genau der richtige für mich. – Ich wecke Sie dann auch jeden Tag, wenn Sie wollen als kleine Gegenleistung.“
Daniel Negreanu: „Oh Gott! Nicht schon wieder!. Solche Probleme habe ich öfters. Da hat einer zum Beispiel unter meinen Namen bei MySpace ein Profil angelegt und Coachingstunden verkauft und wir haben das längere Zeit nicht bemerkt. Sachen gibt es, unglaublich. – Aber Gegenfrage. Glaube Sie als mein „österreichischer Cousin“ hätten Sie genug zu tun?“
Götz Schrage: „Selbstverständlich. Sie sind sehr populär hier bei uns. Talkshows würden mich einladen usw.“
Daniel Negreanu: „ Ich werde darüber nachdenken. (lacht und dann zögerlich) Was war das andere mit den $100.000?“
Götz Schrage: „Keine Sorge, Mr.Negreanu. Keine $100.000. Auf meinem Pokerstars Account habe ich selbst $825. Es geht nur um die Differenz. Sie würden auch 50% des Profits bekommen. Und es gibt selbstverständlich kein Risiko.“
Daniel Negreanu: „ Selbstverständlich. Das gibt es ja in solchen Fällen nie.“
Götz Schrage: „Ich habe einen reichen russischen Freund, der zockt auf alles, was sich bewegt. Ich wette mit ihm, dass ich jedes scharfe, korrekt belichtete Foto von Ihnen auf Grund des Haarschnittes und dem Blondheitsfaktor von 1998 bis zum heutigen Tage datumsmäßig zuordnen kann. Und zwar Jahr und Jahreszeit. Also, ich sehe ein Bild von Ihnen und sage dann „2002 Sommer“ oder „Frühling 2006“.
Daniel Negreanu: „ Das hört sich verdammt imposant an und ehrt mich. Ich habe zum Beispiel nach der gestrigen Nacht nicht die geringste Ahnung, wie ich aussehe und ich weiß auch nicht, ob ich es wirklich wissen will. Ihr Freund ist Russe, sagten Sie.“
Götz Schrage: „Ja – Jude und Russe. Der hat mir auch erklärt, warum bei High Stakes Poker in der $500.000 Buy-in Folge keine Russen mitspielen. – Kennen Sie den Grund dafür?“
Daniel Negreanu: „ Ich nehme an, weil es bei uns in den Staaten zu wenige russische Spieler gibt oder weil die Freunde von High Stakes Poker einfach noch nicht auf die Idee gekommen sind, jemanden einzuladen.“
Götz Schrage: „Nein – der Grund, warum bei der $500.000 Folge keine Russen dabei sind, liegt darin, dass sie so ungern Low Limit spielen. Weil ohne Geld am Tisch kann man nicht genug Druck machen.“
Daniel Negreanu: „ Ich habe von diesen verdammt hohen Partien in Moskau natürlich gehört.“
Götz Schrage: „Wenn Sie möchten, könnte ich versuchen, Sie da einzuschleusen. Ich habe da nämlich einen Cousin – oder darf ich vielleicht sagen, wir zwei haben da einen Cousin?“
Daniel Negreanu: (lacht) „Na ja, reizen würde es mich schon. Ich habe noch nie in Moskau gespielt, allerdings habe ich schon einige Dinge gehört, die sich schon ein wenig furcht erregend anhören.“
Götz Schrage: „Egal – dann nehmen Sie halt Ihre Adrenalin-Blocker. – Wobei da hätte ich schon noch eine Frage. Ich habe eben, in einem Cardplayer Interview glaube ich, davon gelesen, dass Sie dieses Zeug nehmen. Ich meine, Sie sind doch einer der gefährlichsten Spieler der Welt! Sie sollten die Pillen Ihren Gegner geben, wenn Sie den Tisch entern.“
Daniel Negreanu: „ Danke für das Kompliment. Ich habe damit übrigens auch bald aufgehört und nur eine kurze Phase experimentiert und es wieder sein lassen.“
Götz Schrage: „Damals bei dem legendären Pot gegen Gus Hansen, welche Pillen haben Sie da nach dem Beat genommen?“
Daniel Negreanu: „ Keine. Glauben Sie mir bitte. Aber es war schon ein ziemlich verteufelter Pot.“
Götz Schrage: „Sind Sie da dann so wie alle Spieler und nehmen diesen Ein-Outer persönlich? Was ist Ihr erster Gedanken, wenn Sie diese Dealerin heute zufällig auf der Straße treffen?“
Daniel Negreanu: „ Ob Sie es mir glauben oder nicht, ich würde das Mädchen gar nicht mehr erkennen.“
Götz Schrage: „Das war auch nur ein Test. Es war ein Mann, der Gus Hansen den Poker gegen Ihr Fullhouse gegeben hat. – Ich glaube Ihnen also.“
Daniel Negreanu: „ Wow. Sie haben mich also geblufft und das haben Sie sehr gut vorgetragen.“
Götz Schrage: „Das aus Ihrem Mund zu hören, ehrt mich sehr. Trotzdem muss ich Sie auf Ihren dunkelsten Punkt ansprechen. – Ihr Auto!“
Daniel Negreanu: „Mein Auto?“
Götz Schrage: „Jawohl, Ihr Auto, Mr.Negreanu – genau darum geht es. Ich meine, Sie sind Millionär und wenn Sie aus Moskau (lebend) zurückkommen, wahrscheinlich Milliardär. Wie kann ein Mann wie Sie dann seinen Lexus SC 430 als „größte Leidenschaft“ bezeichnen? Was machen Sie mit so einem japanischen Plastikbomber? Haben Sie bei der EPT in Dortmund nicht all die schönen Mercedes und Porsche gesehen?“
Daniel Negreanu: „Moment“ Aktuell fahre ich einen Wagen, den ich als „Spieler des Jahres“ gewonnen habe. Quasi eine Auszeichnung auf vier Rädern! Aber ich werde jetzt einen Eintausch machen und verkünde es mit Stolz – es wird wieder ein Lexus sein und das sage ich ohne irgendwie einen Deal mit der Firma zu haben.“
Götz Schrage: „Aber vielleicht für Europa dann ein richtiges Auto mit Kultur. Ohne jetzt nochmals alten Wunden aufreißen zu wollen, damals in dem Monsterpot gegen Gus Hansen. Am River laufen Sie doch in das Checkraise mit 4th Nuts. Immerhin $157.000 mussten Sie nachzahlen. Das wäre schon ein Mercedes der schnuckeligen S-Klasse gewesen. Nur so als Beispiel.“
Daniel Negreanu: „So habe ich das noch gar nicht gesehen. Aber gegen Gus Hansen war das ein ganz klarer Call. Da gab es kein Entrinnen!“
Götz Schrage: „Das verstehe sogar ich. Allerdings, was hätten Sie nach dem Checkraise etwa gegen Barry Greenstein oder Jennifer Harman gemacht? Call oder Fold?“
Daniel Negreanu: „Wirklich eine gute Frage. Lassen Sie mich einen Moment überlegen. – Wahrscheinlich hätte ich den Pot ganz anders gespielt vom Start weg, aber am River nach dem Checkraise wäre es mir bei Jennifer Harman als Gegnerin leichter gefallen, mein Hand zu folden. – Gegen Barry Greenstein hätte ich wohl mit viel Bauchweh bezahlt.“
Götz Schrage: „Apropos Barry Greenstein. Der war ja letztes Jahr bei uns in Baden. Sie kennen sicher auch das beste Seven Card Stud Turnier der Welt. Im Herbst ist es wieder soweit. Phil Hellmuth zum Beispiel hat dieses Turnier schon mal gewonnen und so gut sind Ihre Seven Card Stud Bilanzen nicht – bei allem Respekt, gerade mal ein Finaltisch bei der WSOP 2007, wenn ich mich richtig erinnere. Poker Europameister Daniel Negreanu. Das hätte einen guten Klang.“
Daniel Negreanu: „Natürlich habe ich schon viel von diesem Turnier gehört. Patrick Antonius hat mir zum Beispiel davon erzählt. Allerdings, dass mein Freund Phil Hellmuth bei Seven Card Stud ein Turnier gewinnt, spricht nicht gerade für die Struktur des Events.“ (lacht)
Götz Schrage: „Nun ja, Sie könnten es sich ja noch überlegen. Und für den Fall, dass Sie kommen, gebe ich ihnen die Adresse eines befreundeten Autohändlers. Da brauchen Sie nur meinen Namen zu erwähnen und Sie bekommen zu Ihrem Mercedes ein HiFi-Set gratis dazu. CD-Wechsler inklusive!.
Daniel Negreanu: „Wir werden sehen. Danke jedenfalls. – Oder wir machen das ganz anders. Sie geben Ihren Freund meine Handynummer und sobald Mercedes ein ordentliches Hybrid-Auto gebaut hat, soll er mich anrufen. – Aber bitte nicht so verdammt früh.“
Götz Schrage: „Das werde ich machen und ich bedanke mich auch herzlich für das Gespräch“.
Daniel Negreanu: „Ich danke Ihnen und vielleicht trifft man sich mal.“
Götz Schrage: „Das würde mich natürlich sehr freuen. – Auf Wiedersehen.“
Daniel Negreanu: „Auf Wiedersehen.“
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 08.02.2008.