Ihre Gegner bei No-Limit Hold’em bluffen. Das mag Sie schockieren, aber es stimmt. Die entscheidende Frage ist aber vielmehr, ob Ihre Gegner damit durchkommen oder ob Sie etwas dagegen unternehmen.
Haben Sie keinen geeigneten Plan, um mit gegnerischen Bluffs zurecht zu kommen, sollten Sie diese vielleicht einfach zulassen. Zwar bluffen alle Spieler gelegentlich einmal, aber die wenigsten bluffen so oft, dass Sie diese mit zufälligen Calls zu Ehrlichkeit zwingen können. Suchen Sie Ihre Gelegenheiten für einen Call nicht mit Bedacht aus, sollten Sie Ihren Gegnern vermutlich deren gelegentliche Bluffs einfach gestatten.
Ein Plan gegen Bluffs
Da mich diese Einstellung aber nicht zufrieden stellt, möchte ich Ihnen dabei helfen, einen Plan zu entwickeln, durch den Ihre Gegner zumindest manchmal nicht mehr mit ihren Bluffs durchkommen.
Dazu das wichtigste Prinzip, um Bluffs zu entlarven: Ihre Gegner werden weitgehend nicht mit Händen bluffen, die Showdown Value besitzen, sondern nur mit Händen, die ihrer Meinung nach keine Chance haben, wenn die Karten aufgedeckt werden.
Mit anderen Worten werden Ihre Gegner mit 9 7 auf einem Board mit K 8 6 2 A vielleicht bluffen, wahrscheinlich aber nicht auf einem Board mit K 8 6 2 9 . In der zweiten Hand würden die meisten Spieler eher durchchecken.
Wenn Ihr Gegner ein breites Spektrum wertloser Hände haben kann, sollten Sie einen Bluff für möglich halten, aber eher nicht callen, wenn es dafür wenige Möglichkeiten gibt. Hierzu einige Beispielhände, in denen Sie mit dieser Technik mögliche Bluffs entlarven bzw. einen schlechten Call vermeiden können.
Beispiel 1: Bluff-Catcher mit Ass-König
In einer No-Limit-Partie mit Blinds von 2 $/ 5$ haben die meisten Spieler effektive Stacks von 500 $. Alle folden und Sie haben vier Plätze vor dem Button A K . Sie raisen auf 25 $, der loose Spieler auf dem Button callt und die Blinds folden.
Auf dem Flop kommen J 9 3 . Sie setzen 35 $ und er callt. Es sind 127 $ im Pot. Auf dem Turn kommt die 4 . Sie checken und Ihr Gegner checkt ebenfalls. Auf dem River kommt die 4 . Sie checken und Ihr Gegner setzt 100 $.
In diesem Fall können Sie einen Call in Betracht ziehen. Ich halte diesen nicht gegen jeden Spieler für selbstverständlich, aber diese Hand erfüllt das Kriterium „breites Spektrum wertloser Hände.“ Wieso?
Ihr Gegner ist loose und kann sich demzufolge den Flop mit Händen wie Qx 8x , Tx 7x , 5 2 und einigen mehr angesehen haben. Durch den Flop mit Jx 9x 3x und zwei Herz-Karten sind viele Draws möglich: Flush Draws und Straight Draws, die sich um Jx 9x ranken. Sehr häufig hat Ihr Gegner bei seinem Call auf dem Flop eine solche Hand, während er mit einem starken Blatt wie 3x 3x , Jx 9x oder Ax Jx womöglich geraist hätte. Selbst wenn er mit einem Call eine Falle stellen würde, sind die starken Hände von Natur aus unwahrscheinlicher. Ein Call weist daher mit größter Wahrscheinlichkeit auf einen Draw oder ein mittelstarkes Paar mit Jx 6x , 9x 7x oder vielleicht 5x 5x hin.Der Check Ihres Gegners auf dem Turn bestätigt fast sicher, dass er keine starke Hand hat. Schwache Paare und Draws sind weiterhin in seinem Spektrum.
Die Karte auf dem River verbessert praktisch keine Hand, mit der Ihr Gegner auf dem Flop gecallt haben konnte. Nur ein Zufallstreffer mit 7 4 wäre denkbar. Aus diesem Grund befinden sich in seinem Spektrum weiterhin die schwachen Händen und die Draws, von denen die meisten nun wertlos sind. Gemäß des Bluffs-Prinzips würde er mit Händen wie 9x 7x oder 5x 5x vermutlich checken, um sich den Showdown anzusehen, und demzufolge kann seine recht hohe Bet auf dem River durchaus ein Bluff sein.
Beispiel 2: Wann Ass-hoch nicht gut genug ist
Nun eine weitere Hand. Sie sind auf dem Button und halten A Q . Ein Spieler limpt und Sie raisen auf 25 $. Der Big Blind und der Limper callen.
Auf dem Flop kommen 10 5 5 . Ihre Gegner checken, Sie setzen 45 $ in diesen Pot mit 77 $ und nur der Big Blind callt.Auf dem Turn kommt die 9 . Der Big Blind checkt und Sie checken ebenfalls. Im Pot sind weiterhin 167 $.Auf dem River kommt der J . Ihr Gegner setzt 100 $.
In diesem Fall sollten Sie folden. Ihr Gegner kann nur wenige wertlose Hände haben und demzufolge blufft er vermutlich nicht.Der Big Blind callte auf dem Flop ohne Position, obwohl noch ein Spieler hinter ihm war. Der Flop brachte ein Paar und Karten in drei verschiedenen Farben, wodurch keinerlei Draws möglich waren. Seine mutmaßlichen Hände für einen Call sind ein Drilling Fünfen, eine Zehn, ein Pocket Pair oder vielleicht zwei hohe Karten wie Ax Kx oder Kx Jx . Auf dem River wurden Sie von Blättern wie Kx Qx und Qx Jx überholt und liegen gegen die Paare und Drillinge weiter hinten. Sie schlagen praktisch keine Hand. Diese Bet ist vermutlich kein Bluff und es gibt keinen Grund, an der Ehrlichkeit Ihres Gegners zu zweifeln.
Beispiel 3: Wann es vom Gegner abhängt
Diese beiden Beispiele repräsentieren die beiden Extreme des Spektrums, bei der Frage, ob Sie einen Bluff entlarven sollten. In der ersten Hand waren viele Bluffs denkbar und in der zweiten fast keiner. In vielen Pots liegt die Wahrheit dazwischen und ein Call hängt stark von Ihrem Urteilsvermögen und den gegnerischen Tendenzen ab.
Nehmen wir etwa an, ein Spieler limpt mit 5 $ vom Cut-Off. Der Small Blind stockt auf und Sie raisen im Big Blind mit K Q . Nur der Limper callt. Der Flop bringt 9 7 6 . Sie setzen 50 $ und Ihr Gegner callt. Auf dem Turn kommt die Q . Sie setzen 140 $ in diesen Pot mit 165 $ und Ihr Gegner callt. Auf dem River kommt das A . Sie checken und Ihr Gegner geht in diesem Pot mit 445 $ mit 310 $ All-In.
Zweifellos ist dies eine sehr schwierige Situation. Das Ass ist eine wirklich gefährliche Karte, weil Flush Draws mit einem Ass und Hände wie Ax 9x und Ax 8x Sie nun schlagen. Viele Spieler würden mit einem Ass aber nicht so spielen. Mögliche Abweichungen sind zum Beispiel ein Fold auf dem Turn mit einem schwachen Draw wie Ax 8x und auch mit einer Hand wie A J ist ein All-In auf dem River keineswegs selbstverständlich. Zwar ist das Ass definitiv eine Drohung, doch nur wenige Spieler würden mit einem Ass so spielen, wenn sie nicht gerade mit A Q einen glücklichen Volltreffer gelandet haben.
Wofür fürchten Sie sich dann, wenn das Ass auf dem River keine völlig glaubwürdige Drohung ist? Auf dem Turn schienen Sie die beste Hand zu haben und das Ass hat weder den Flush Draw noch den Straight Draw auf dem Flop vervollständigt.
Diese Bet kann durchaus ein Bluff sein. Viele Draws sind nicht angekommen und Ihr Gegner könnte mit dem gefährlichen Ass maximale Hebelwirkung entfalten. Die Bet könnte aber auch eine sehr starke Hand bedeuten, mit der Ihr Gegner bisher nicht die Katze aus dem Sack gelassen hat. Es gibt in diesem Fall keine eindeutige Antwort – gegen einige Spieler würde ich callen und gegen andere folden.
Unabhängig von Ihrer Entscheidung im letzten Beispiel sollten Sie aber nicht zufällig vorgehen. Mithilfe des ersten Prinzips zum Entlarven von Bluffs können Sie schlussfolgern, dass dies möglicherweise ein Bluff und ein Call deshalb unter Umständen ein guter Spielzug ist.
Halten Sie sich an das Prinzip, werden Sie nicht immer richtig liegen. Sie werden aber planvoll spielen und mit etwas Erfahrung einige exzellente Calls machen, über die Sie vorher nicht einmal nachgedacht haben.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 04.03.2010.