Weiße Strände, pulverfeiner Sand, himmelblaues Wasser, schöne junge Frauen und relaxen unter Palmen. Philippinen – aaahhhh. Und dann bist du in Cebu und merkst, die ganze Stadt ist der Bad Beat deiner Reise.
Hier ist nichts von Charme zu sehen, der nächste Strand ist eine Stunde weit weg und alles ist irgendwie ohne das gewisse Etwas. Ich muss leider sagen, ich mochte so gar nichts in Cebu und betrachte meinen Weltreisestopp dort als Zeitverlust.
Nun gut, auch in Cebu gibt es die immer geführte Schöne-Ecken-Diskussion. Und natürlich kann man auch hier etwas finden – mit den Fotos habe ich mir ja auch Mühe gegeben. Nur das Suchen ist schon anstrengend. Und dann ist da natürlich das Casino im Waterfront-Hotel. Das Hotel ist, auch wenn von einer Waterfront nichts zu sehen ist, wirklich schön und man kann dort recht günstig übernachten.
Und man kann pokern. Dafür gibt es eine kleine Pokerlounge mit sieben Tischen, täglichen Turnieren, Drinks und Snacks kostenlos am Tisch und eine halbe Stunde Massage für nur 2 Euro. Und es wird auch eifrig gespielt. Hauptsächlich mit Blinds von 25 und 50 Pesos. Das sind ungefähr 40 und 90 Euro-Cent. Es gibt auch kleinere Tische und manchmal einen etwas größeren.
Die Fassade des Waterfront-CasinosQuelle: carstenweidling.de
Wer in Asien spielt, lernt schnell zwei Sachen: bluffe keine Koreaner, die verstehen es nicht und zahlen mit dem Botton-Pair oder Ace-high. Und lerne Baccarat oder Pontoon oder so Zeugs. Nachdem ich zwei Stunden am Tisch saß und mal wieder das typische Glücksgespiele erlebt hatte, sagte mir ein freundlicher und wirklich aufgeschlossener Mitspieler: „Überall auf der Welt heißt das Spiel Poker, nur hier heißt es Pokerrat.“
Was er meint, es ist eine Mischung zwischen Poker und Baccarat, was den extrem hohen Anteil an Glücksspiel ausdrücken soll. Und so nett und sympathisch die Philippiner auch sind, sie spielen einen ganz schönen Scheiß zusammen. Gerade in kleinen Ländern habe ich das schon oft erlebt. Hier ist die Gottgläubigkeit und der Glaube daran, dass der wie auch immer regional benannte Gott schon dafür sorgen wird, dass die Pik 3 auf dem River noch kommen wird, sehr groß.
So weit so gut, man wird durch solche Spieler schließlich bezahlt. Normalerweise. Hier allerdings fanden so etwas wie die ‘Bad-Beat-Meisterschaften’ statt und ich war der absolute Gewinner. Die Riverkarte ist der natürliche Freund des Philippiners. Es muss doch wissenschaftlich nachzuweisen sein, dass in dem vielen Wasser rund um die Philippinen sowas wie ein Rivergott herrscht. Also, um im wässrigen Bild zu bleiben, so was wie der Pokerneptun, der Cash-Poseidon oder der Pot-Atl des Philippinenpokers haust dort und beschützt seine kleinen Landsleute.
Ein Tuk-Tuk-Fahrer pennt in seinem GefährtQuelle: carstenweidling.de
Es war unfassbar. Braucht ein Philippino eine Herz-Acht auf dem River, dann kommt sie. Muss es eine Karo Dame sein, wird sie aufgedeckt. Ich habe mir am dritten Tag meines Aufenthaltes im Casino den Spaß gemacht, in einer Showdown-Situation Side-Wetten anzunehmen, darauf, dass die eine Karte oder zumindest eine von vier Outs für den Gegner kommen wird. Im Übrigen herrscht in Cebu auch beim Cashgame in einer All-in-Situation Showdownpflicht. Und in 80 Prozent der Fälle kam es auch.
Was ist das? Belohnt das Leben jetzt die Philippiner für die schwere Zeit unter Ferdinand Edralin Marcos? Ihn kann man sich übrigens auch 21 Jahre nach seinem Tod noch in Ilocos Norte im Glassarg anschauen. Hat das Schicksal ein Einsehen mit den Bürgern von Cebu, weil es dort sonst nicht so schön ist?
Ich weiß es nicht. Aber ich muss zugeben, das Casino hat mich geschafft. Nun bin ich leider nicht gerade der beste Verlierer und neige wie Phil Helmuth zum abendfüllenden Blow up. Zum Glück – oder vielleicht ist das das Problem – geht es nie um viel Geld, und mehr als 200 Euro am Abend zu verlieren ist schon ein Kunststück. Doch Cebu, das Casino, das Gebete an den Rivergott und mein persönliches Pech haben mich dennoch an die Grenze des Erträglichen gebracht. Was war ich froh, dass ich nach Seoul weiterreisen durfte.
Das Fazit ist: Du kannst nach Cebu reisen. Doch wenn du die Wahl hast, mach was anderes. Irgendwas. Nur eben was anderes.
Euer Carsten Weidling on Tour
Wer mehr über Carsten und seine Weltreise erfahren möchte, kann gern auf www.carstenweidling.de nachlesen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 25.09.2010.