Zehn Tage Las Vegas, zehn Tage Cashgame und zweimal brutaler Jetlag, das ist die vordergründige Bilanz meiner Stippvisite in Sin City. Dahinter verbergen sich viele interessante Erfahrungen, auf die ich nach meiner Rückkehr ins kalte Deutschland im Folgenden näher eingehen will.
Die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten
Auch wenn es hierzulande neben den staatlichen Casinos in den Großstädten mittlerweile viele weitere Möglichkeiten gibt, Poker zu spielen, ist das Angebot in Las Vegas einfach unerreicht. Die Wüstenstadt bietet rund um die Uhr alles, was das Pokerspielerherz begehrt. Venetian, Caesars Palace, Bellagio, MGM, Wynn, Rio usw., wirklich jedes Casino ist einen Besuch wert und lässt den Besucher aus der kompletten Palette auswählen.
Ob Deepstack-Turniere oder Cashgame, man hat eine praktisch unendliche Auswahl und kann sich jeden Tag nach Lust und Laune entscheiden, wo man seine Zeit am Tisch verbringen will. Man geht einfach in das Casino seiner Wahl, meldet sich am Tresen für eine Partie an und wird wenig später zu seinem Tisch gebracht.
Dealer und Service
Die USA sind in puncto Dienstleistung ein wahres Paradies, und das schlägt sich auch in den Casinos nieder. Für (Poker-)Spieler sind alle Getränke frei, regelmäßig kommt die Bedienung vorbei und nimmt Bestellungen auf. Ein Dollar Trinkgeld ist dabei selbstverständlich, doch wenn man an die horrenden Preise in den deutschen Casinos denkt, ist das praktisch nichts.
Als Casinobesucher hat man in Las Vegas tatsächlich das Gefühl, herzlich willkommen zu sein, während man sich hierzulande ausweisen und ein Sakko tragen muss und sich letztlich als Melkkuh fühlt, wenn man die heiligen Hallen schließlich betreten hat.
Nicht so gut fällt allerdings das Urteil über die Dealer in Las Vegas aus. Gibt es schon bei der WSOP viel zu viele Probleme, zeigt auch das Personal in den großen Casinos zu viele Schwächen. Manche Dealer haben offenbar einfach keine Lust, während andere über eine glänzende Ausbildung verfügen und den Tisch wirklich im Griff haben. Unterm Strich gibt es zu viele Fehler und Ungenauigkeiten, die nicht nötig wären und einfach nicht ins Gesamtbild passen.
Der Eingang zum exklusiven Pokerraum des WynnDie Qualität der Spieler und das Rake
Der Mythos, dass man in Las Vegas das Geld an den Pokertischen nur abzuholen brauche, hält sich hierzulande hartnäckig. Diese Einschätzung ist aber allzu einseitig. Zwar gibt es tatsächlich eine Reihe schwacher Spieler (darunter der vielzitierte Tourist), doch kann es einem durchaus passieren, dass man an einem Tisch mit lauter guten Spielern/Profis landet, an dem man sich entsprechend wenig bis gar keinen Vorteil geben kann.
Grundsätzlich hat jeder Amerikaner, der pokert, zumindest eine ungefähre Ahnung plus einige Erfahrung, was gegenüber den deutschen Casinos schon einmal einen signifikanten Unterschied ausmacht.
Während man mittags durchaus in einer soften Altherrenrunde landen kann, geht abends meist die Post ab, sprich es wird eher zu aggressiv und teilweise völlig schmerzfrei gespielt. Die Blinds sagen dabei oft wenig über die tatsächliche Höhe der Partie aus – an einem 2 $/5 $-Tisch etwa beträgt der durchschnittliche Stack meist 1.000 Dollar oder noch mehr.
Das Rake ist überall gecappt. An einem 2 $/5 $-Tisch beträgt es maximal 4 $, an einem 1 $/3 $-Tisch meist maximal 3 $.
Die persönliche Bilanz
Trotz einiger Schwierigkeiten mit dem Klima und dem Jetlag fällt meine eigene Bilanz positiv aus. Insgesamt habe ich mir das Unterfangen, positiv abzuschneiden, allerdings deutlich einfacher vorgestellt. Hinzu kam das Pech, den mit Abstand größten Pot der Reise als recht klarer Favorit verloren zu haben.
Mit Top Set landete ich auf einem Flop mit Q 6 4 im All-In mit zwei anderen Spielern, die Oben-unten bzw. den Nut Flush Draw hatten. Die 7 auf dem River brachte dem asiatischen Spieler einen Tisch voller Chips, die er anschließend in Feldherrenmanier vor sich stapelte.
Neben Gewinn und Verlust spielt aber auch das Erlebnis an sich eine Rolle. Während die Gewinne (auch wegen des genannten Pots) durchaus höher hätten ausfallen können, hat es einfach riesigen Spaß gemacht, in dieser Atmosphäre und bei diesem reichhaltigen Angebot zu pokern.
Wer es noch nie erlebt hat, sollte sich das Abenteuer Las Vegas nicht entgehen lassen. Ein toller Pokerurlaub, bei dem man normalerweise auch noch Geld gewinnt.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 20.07.2012.