Selbst wenn man durch bestimmte Unbillen dazu gezwungen ist, auf Onlinepoker zu verzichten, begegnet einem häufig ein Fehler, der nicht nur ständig gemacht wird, sondern auch extrem teuer ist. Fast könnte man meinen, man sähe ihn sogar, wenn gar nicht gepokert wird.
In meinem Card Club etwa geschieht es ständig, und natürlich ist hinterher das Gejammer groß, wenn man sich nach dem Aufdecken zum ersten Mal mit den Karten des Gegners auseinandersetzt.
Hände unnötig in Bluffs verwandeln
Die Rede ist von Situationen, in denen Spieler ihre Hände in Bluffs verwandeln, obwohl das zum einen nicht nötig ist und zum anderen keinen Sinn ergibt. Eigentlich ist das Ganze ja auch recht einfach und wenn man es begriffen hat, spart bzw. gewinnt man viel Geld. Und trotzdem. Es passiert immer und immer wieder.
Schauen wir uns zur Illustration zwei bewusst gewählte Beispiele an, an denen jeweils vernünftige Spieler mitwirken, also niemand, der allzu gern über die Stränge schlägt.
Einfach zu spielen: Könige mit einem Ass
In Beispiel 1 hat unser Protagonist K K und callt damit auf dem Button den Preflop-Raise eines anderen Spielers aus mittlerer Position. Der Flop bringt A 8 2 , der Raiser setzt und der Protagonist callt. Auf dem Turn kommt die 7 und der Raiser checkt. Setzt hier jemand? Vermutlich bzw. hoffentlich nicht. Auf dem Turn kommt das A und der Raiser setzt erneut. Ganz gleich, ob man nun callt oder foldet (je nach Read, aber normalerweise würde ich callen), kommt doch niemand auf die Idee hier zu raisen, oder? Es callen nur Hände (also jedes Ass, 88, 77 und 22), die besser sind und es foldet auch keine Hand, die besser ist.
Selbst schlechte Spieler haben mit Königen Angst vor einem Ass und das ist auch der Grund, warum sie in dieser Situation meist richtig spielen. Sie tun dies aber nicht, weil sie das Prinzip verstanden haben.
Auch einfach: Könige mit einem Full House
Nun zu Beispiel 2. Der Protagonist hat wieder K K und callt erneut auf dem Button den Preflop-Raise eines anderen Spielers aus mittlerer Position. Der Flop bringt 3 3 3 , der Raiser setzt und der Protagonist callt. Auf dem Turn kommt die 7 und der Raiser setzt erneut. Nun sieht der Fall ganz anders aus als zuvor, denn im gegnerischen Spektrum befinden sich neben Bluffs, wie z.B. AK, viele Value-Hände, die schlechter sind. QQ, JJ, TT, 99, 88, vielleicht sogar 66 bis 22. Geschlagen wird der Protagonist nur von AA, 77 und einer unwahrscheinlichen 3, d.h. bei einem Raise handelt es sich gegen das konkrete Spektrum des Gegners um einen Value-Raise, den auch viele Hände callen können. (Die Tatsache, dass der Raiser bluffen könnte und dies auf dem River eventuell wieder tut – wodurch ein weiterer Call auf dem Turn besser wäre – , wird vermutlich davon ausgeglichen, dass auf dem River einige gefährliche Karten kommen könnten, die den Raiser mit einer legitimen Hand von einer weiteren Bet oder vielleicht einem Call abhalten würden. Gleichwohl ist ein Call auf dem Turn eine brauchbare Option.
Soweit so simpel und sicher in diesen sehr prägnanten Beispielen nachvollziehbar. Hier werden auch wenige Fehler gemacht.
Nun aber zu einer Hand, die das Konzept genauso spiegelt, in der aber immer wieder derselbe Fehler passiert.
Fehlerpotential: Trips mit mäßigem Kicker
Dieses Mal hat der Protagonist A 10 und callt wieder auf dem Button den Preflop-Raise eines Spielers aus mittlerer Position. Der Flop bringt A A 7 und der Raiser setzt. Der Protagonist callt und der Turn bringt die 8 . Der Raiser setzt.
Und nun? Tja, leider (bzw. zum Glück) raisen hier (oder nach der nächsten Karte) viele Spieler. Es gibt nichts, womit der ursprüngliche Raiser semibluffen könnte, da das Board praktisch keine Draws bietet. Blufft er, ergibt ein Raise keinen Sinn, da keine schlechtere Hand callt. Hat der Raiser aber eine legitime Hand, und vieles deutet darauf hin, schneidet sein Spektrum deutlich besser ab. Mit A2 bis A6 raisen vernünftige Spieler aus dieser Position vor dem Flop nicht, und gegen AK bis AJ verliert der Protagonist genauso wie gegen A8 oder A7 (die unwahrscheinlicher sind). Bleiben AT zum Split Pot und A9 zum Gewinn, eine magere Bilanz für einen Raise…
Ersparen wir uns die Frage, ob man nach einer weiteren Bet des Raisers auf dem River callen sollte (hängt vom Gegner ab), doch halten wir fest, dass man einen schlechten Spieler an einem Raise auf dem Turn erkennt. Und man sieht ihn so oft.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 13.07.2011.