Zur Battle-Of-Malta finde auch ich mich auf der kleinen Mittelmeerinsel ein – zum einen, um darüber zu schreiben und zum anderen, um mitzuspielen und so einen Blog aus erster Hand schreiben zu können.
Mein heutiger Abend war aus Pokersicht ein wenig trist und ist vergleichsweise schnell abgehandelt, deswegen erlaube ich mir, zuvor ein wenig auszuholen.
Malta
Mein Flug aus Berlin kam schon am Donnerstagabend in Malta an und mit mir im Flugzeug saßen mehrere Personen, die ich tags darauf beim Turnier wieder sehen sollte. Einer der Aspiranten trug im Flugzeug ein Buch bei sich (“How to win Poker-Tournaments”) und blätterte eifrig darin – ich schlussfolgerte, dass es sich hierbei um einen der unzähligen Satellite-Gewinner handeln musste. Diese Schlussfolgerung stellte sich später als korrekt heraus. Über 80 Pakete wurden ausgespielt, die meisten für ein läppisches Buy-In, so dass man mit einer großen Zahl möglichst unerfahrener Spieler rechnen durfte.
Dies war mein insgesamt vierter Flug nach Malta in den letzten anderthalb Jahren. Da meine Chefs von PokerListings allesamt auf dieser kleinen Insel sind, komme ich seit der Übernahme von PokerOlymp im letzten Jahr recht regelmäßig in den Genuss, hier ein paar Tage zu verweilen.
Erstaunlicherweise habe ich von Malta bei all meinen bisherigen Aufenthalten nicht viel mehr als Sliema und St. Julians gesehen – neben Valetta die urbanen und touristischen Zentren der Insel. Ich fürchte, auch dieses Mal werde ich wenig Neues von der Insel kennenlernen – schließlich bin ich vor allem wegen des Turniers hier und dieses wird in der einen oder anderen Form mein Wochenende komplett einnehmen.
Nach meiner gestrigen Ankunft schaffte ich es immerhin noch rechtzeitig in den mir inzwischen sehr lieb gewordenen Pub Salisbury Arms um die letzten Minuten der Championsleague-Spiele zu sehen. Dieser Pub im Zentrum Sliemas ist eine großartige Einrichtung. Zum einen ist es einer der wenigen Orte auf Malta, in denen ich bisher gutes Essen bekommen habe (ich habe Malta bisher als ein Land kennengelernt, in dem man zwar etwas gegen seinen Hunger erwerben kann, aber im Allgemeinen keine großen Ansprüche ans Essen gestellt werden) – zum anderen sitzen an der Theke die verquersten Menschen. Beinahe zum Inventar des Ladens gehört Betsy. Betsy ist hoch in die siebzig, kommt ursprünglich aus Schottland, spricht trotzdem gestochenes Oxford-Englisch und erzählt jedem, der es hören will, ihre gesamte Lebensgeschichte. Laut Wirt ist sie fast jeden Abend da. Ihr Lieblingsausruf im Gespräch ist “Oh Dear!” und Betsies Gedächtnis lässt ein wenig nach. Deswegen habe ich ihre Lebensgeschichte inzwischen schon zum zweiten Mal gehört. Sie wollte mir partout nicht glauben, dass sie mir diese im Frühjahr bereits erzählt hatte. Wer weiß, vielleicht höre ich sie in ein paar Monaten nochmals.
Battle-Of-Malta
Nachdem ich heute Vormittag noch im Büro war, verschlug es mich gegen vier dann in das Portomaso-Kasino, wo die Battle-Of-Malta stattfindet. Alle Anwesenden gingen davon aus, dass heute um die 100 Spieler da sein werden. Etwas überrascht waren wir dann, dass es tatsächlich über 150 wurden, die sich für Tag 1A anmeldeten.
Meinen ersten großen Fehler des Abends machte ich dann bereits, bevor ich mich überhaupt an die Tische setzte. Da die Schlange bei der Registrierung kurz vor dem Turnier unangenehm lang aussah, trank ich erst mal noch einen Kaffee und rauchte ein Zigarette, bevor ich mich registrierte. Die ersten Minuten des ersten Levels auszulassen, könne ich wohl verschmerzen, war meine Überlegung ob eines 400BB großen Start-Stacks und 60-minütigen Levelzeiten. Als ich dann aber etwas später mit der Registrierung durch war, stellte ich fest, dass ich an einen komplett neuen Tisch gesetzt wurde. Dazu gesellten sich dann die Jungs, die hinter mir in der Warteschlange standen. Unter ihnen war kein einziger Satellite-Gewinner und alle sahen so aus, als hätten sie mehr Ahnung vom Poker als ich – was beim Turnierpoker aber keine große Kunst ist.
Gefoldete Könige vor dem Flop
So saß ich dann an einem Tisch mit lauter Früh- und Mittzwanzigern und es stellte sich heraus, dass nur ein Einziger ein augenscheinlich etwas schwächerer Spieler war. Dies war ein Holländer, der im zweiten Level durch folgende Hand auffiel:
Aus UTG eröffnete er auf 3BB. Nach lauter Folds reraiste der SB (ein sehr aggressiver, aktiver Amerikaner) auf 12BB und UTG brachte eine 4-Bet auf 40BB. Der SB ging nach kurzer Zeit für effektiv knapp 180BB All-In und dann, so schien es, begann der Spieler UTG das erste Mal ernsthaft über seine Hand nachzudenken. Sein Nachdenken führte schließlich dazu, dass er offen zwei Könige entsorgte und so für reichliches Erstaunen am Tisch sorgte. Der Amerikaner im SB weigerte sich zwar, seine Hand zu zeigen, aber sein angefressener Gesichtsausdruck legte die Vermutung nahe, dass der Fold des Holländers in diesem Fall korrekt war.
Ein paar Hände später wurde der Amerikaner ein weiteres Mal in einem großen Pot auffällig. Er raiste aus MP vor dem Flop, wurde nur vom Button (einem bis dahin tight scheinenden, ziemlich geradeaus spielenden Deutschen) gecallt. Den K 9 6 -Flop check/callte er nur. Ebenso den 2 -Turn. Nachdem er den 5 -River ebenfalls checkte, setzte der Deutsche ein drittes Mal an und hatte bis dahin etwas mehr als die Hälfte seines Stacks investiert. Der Amerikaner fegte daraufhin seine gesamten Chips mit einer ausladenden Bewegung in die Mitte, griff seinen Rucksack, stand auf und erzählte etwas davon, dass er Essen gehen wolle. Es brauchte am Ende mehr als sieben Minuten, bis der Deutsche seine Hand foldete. Natürlich offen – mit 5 3 hatte er einen Flush entsorgt. Meine übersichtliche Erfahrung im Live-Poker sagt mir jedoch, dass dies nach dem großen Kino des Amerikaners ein denkbar einfacher Fold war.
Ich selbst war übrigens während der ersten Level in keine einzige nennenswerte Hand verwickelt. Direkt zu meiner Linken saßen zwei äußerst aktive Spieler und von rechts hagelte es ebenfalls regelmäßig Raises. In Ermangelung guter Hände oder besserer Situationen versuchte ich mich ein paar Mal an loosen 3-Bets mit Ass-x oder Connectors, bekam aber ein ums andere Mal 4-Bets und um die Ohren geknallt oder musste die Hand auf dem Flop oder Turn aufgeben.
Verpasste Suckouts
Im fünften Level (nach etwas über 4 Stunden Spiel) hatte ich noch etwas über 14k Chips oder 35BB (nur 6k unter Start-Stack, was ich in Anbetracht meines bisherigen Laufs noch ordentlich fand) und bekam dann das erste Mal eine bessere Hand. In UTG+1 entdeckte ich ein Paar Damen. Der Spieler zu meiner Rechten war ein wenig short und stellte seine letzten 13BB in die Mitte. Mir blieb nicht sehr viel mehr übrig, als selbst All-In zu gehen. Im Showdown bekam ich Ass-Dame gezeigt und auf dem Flop wurde mir dann mit einem Ass ein Suckout verpasst.
Danach war mein Stack auf Resteal-Größe – 22BB – geschmolzen – zumindest war so das Spiel ein für mich mathematisch etwas einfacher. Nur drei Hände später bekam ich dann erstmals und letztmals die Gelegenheit für einen Resteal. UTG eröffnete, ein Spieler callte in MP und ich hatte im SB AQs. Da der UTG-Spieler mit einem PFR von mindestens 20% unterwegs war und ich bei MP eine recht weite Range vermutete, sah ich mit meiner Hand einen einfachen Push. Tatsächlich foldete der UTG-Spieler, doch MP wachte auf einmal mit einer echten Hand auf: Damen. Im Flop kam dann gleich noch die letzte Dame und besiegelte die Hand. In einer fast spiegelverkehrten Situation zu meinem vorigen All-In verpasste ich meinen Suckout und durfte so verfrüht in die Dinnerpause.
Ausblick
Gaelle Baumann – hiernoch bei der WSOP
Dafür war das Dinner großartig (etwas, das ich von einem Restaurant in Malta gar nicht erwartet hätte) und die auf einmal frei gewordene Zeit erlaubte es mir, noch ein paar Blicke über die Tische schweifen zu lassen. Irgendwo in der Mitte des Saals saß Daniel Cates und massierte einen massiv scheinenden Stack. Nicht weit entfernt saß Gaelle Baumann und ich musste feststellen, dass sie in natura tatsächlich so gut aussieht, wie auf den Fotos.
Morgen werde ich voraussichtlich von der Re-Entry-Option Gebrauch machen, schließlich wäre es doch sehr schade, wenn mein Battle-Of-Malta-Erlebnisbericht nur einen einzigen Tag aus der Spielerperspektive umfasste.
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Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 22.11.2012.