Sieht man sich eine 3-Bet ausgesetzt und hat keine Position, ist es nicht einfach, wie mit der Hand zu verfahren ist. Viele Spieler sehen nur die Option 4-Bet oder Fold. In diesem Artikel soll darauf hingewiesen werden, dass es sehr wohl Situationen gibt, in denen ein Call einer 3-Bet auch ohne Position der bestmögliche Zug ist.
Ein Beispiel, wann ein Call von 3-Bets ohne Position eine gute Idee wäre
Jemand wies mich auf einen Beitrag im Microstakes-Forum von 2+2 hin, in dem der Autor bei einer 6-max-Partie NL25 im Small Blind K Q hatte. Alle Spieler foldeten zu ihm, er raiste auf 3 BB und der Big Blind reraiste auf 9 BB. Anschließend brachte der Autor eine niedrige 4-Bet und wurde gecallt. Auf dem Flop kamen J 10 7 - zwei Farben und kein Backdoor-Draw, der Autor checkraiste All-In und wurde von K J sofort gecallt.
Der Autor vermerkt über den Gegner, dass dieser sehr viele 3-Bets brächte und er ein argwöhnischer Spieler sei.
Außerdem kommentiert der Autor, dass ein Call der 3-Bet grauenhaft wäre und zitiert als Quelle mein Buch Small Stakes No-Limit Hold’em.
Zunächst sei Folgendes gesagt: Gibt es überhaupt eine Situation, in der es in Ordnung ist, ohne Position eine 3-Bet zu callen, dann diese. (Überhaupt gibt es in den modernen NLHE-Partien viele Situationen, in denen Calls von 3-Bets mit oder ohne Position gut sind.) Im vorliegenden Fall erscheint mir ein Call sogar die beste Möglichkeit zu sein.
Warum Calls von 3-Bets ohne Position in der Regel schlecht sind
Tatsächlich warne ich in SSNLHE vor Calls von 3-Bets ohne Position. Das größte Problem bei dieser Spielweise ist, dass vom Caller nach dem Flop zu oft zwei große Fehler begangen werden.
- Erstens gibt der Caller dem Gegner ein legitimes 3-Bet-Spektrum anstatt ihm das realistische loose 3-Bet-Spektrum zuzuweisen. Als Folge vertraut der Caller seinen eigenen Händen nicht genug und verkauft sie unter Wert.
- Zweitens neigt der Caller meist zu einer Fit-or-Fold-Strategie nach dem Flop. Ist der Flop gut, will er sein gesamtes Geld im Pot unterbringen. Ist der Flop nach seiner Definition schlecht, wartet er auf die erste Gelegenheit zum Fold. Das Problem hierbei ist, das die meisten Spieler die Definition, ob der Flop gut ist, zu eng fassen, und deshalb vor dem Flop viel investieren, anschließend aber zu oft aufgeben. Im Grunde callen sie häufig die 3-Bet, folden dann aber viel zu oft auf Flop oder Turn. Außerdem callen sie 3-Bets mit zu vielen Händen mit niedrigen Karten, die auf dem Flop meist um einen Fold betteln.
Wann man 3-Bets ohne Position callen kann
Gehen wir wieder zu der Hand von oben zurück. In einer Konfrontation der Blinds ist KQs gegen einen loosen Reraiser eine wahre Monsterhand. Ohne Frage lohnt es sich, die Hand gegen ein looses Reraise-Spektrum des Big Blinds zu spielen. Bei der Entscheidung, zu callen oder eine 4-Bet zu bringen, stellt sich die Frage, wie oft der Gegner bei der jeweiligen Aktion einen Fehler begeht. Meines Erachtens begehen die meisten Spieler auf diesem Niveau (NL25) in einem gereraisten Pot mit Position mehr Fehler als nach einer 4-Bet. Aus diesem Grund gefällt mir in diesem Fall der Call der 3-Bet besser.
Gibt es eine Hand, die auf mehr Flops etwas trifft als KQs, dann weiß ich nicht, welche. "Etwas" können schon Overcards und ein Backdoor Flush Draw sein. Gegen einen aggressiven Spieler mit einem breiten Spektrum reicht es aus, auf dem Flop etwas zu treffen. Die Fortsetzung der Hand hängt nun wieder davon ab, welche Fehler Ihr Gegner vorzugsweise begeht. Foldet er nach dem Flop in gereraisten Pots zu oft, sollten Sie über Setzfolgen mit Semi-Bluffs auf Flop oder Turn nachdenken (zum Beispiel eine Donk-Bet auf dem Flop, Check-Raise All-In auf dem Flop, Donk-Bet auf dem Turn, wenn der Flop durchgecheckt wurde usw.)
Ist mein Gegner jedoch argwöhnisch und foldet eher nicht inkorrekt, versuche ich häufig, die Hand bis zum River zu bringen. Komme ich bis zum River, kann ich den Vorteil meiner Hand voll ausspielen, weil die Wahrscheinlichkeit des Showdowns maximiert wird. Dies gibt mir noch einen zusätzlichen Vorteil, da mein Gegner meist schwach in der Handanalyse ist, wenn das Board unübersichtlich wird. Oft gewinne ich gegen einen argwöhnischen Gegner viel Geld, wenn ein König oder eine Dame kommt, und werde in zwei Setzrunden ausbezahlt oder gewinne sogar seinen Stack. Gelegentlich gibt es auch Situationen, in denen mein Gegner auf dem Turn seine Hand verrät und ich profitabel bluffen kann. (Selbst argwöhnische Spieler geben auf, wenn sie nichts haben.)
Gegen einen loosen und argwöhnischen Reraiser, der zu Beginn der Hand nicht gern foldet, verlasse ich mich im Grunde auf die Stärke meiner Hand, um die Bets vor und auf dem Flop zu rechtfertigen. Auf Turn und River vertraue ich dann auf meine (hoffentlich) bessere Handanalyse, um die Gewinne zu maximieren und aussichtsreiche Bluffs zu starten. Dies wird natürlich dadurch unterstützt, dass meine Starthand ziemlich gut ist.
Sie brauchen eine 3-Bet-Calling-Range
Unterm Strich heißt dies, dass Sie ein Call-Spektrum ohne Position haben müssen, wenn ein Spieler sehr loose reraist. Hände mit gleichfarbigen hohen Karten sind für dieses Spektrum vermutlich optimal, da sie viele Flops treffen und der Gegner mit schlechterem Kicker oft für sie Value Bets bringt. Selbst auf einem Flop mit niedrigen Karten und einem Backdoor-Flush-Draw kann bei Pot Odds von 3 zu 1 ein Float ohne Position korrekt sein, um auf eine positive Entwicklung auf Turn oder River zu warten. (Entweder gute Karten oder eine gegnerische Setzfolge, die Schwäche verrät.)
Sind Ihre Gegner aggressiv und bauen mit loosen 3-Bets und obligatorischen C-Bets den Pot auf, müssen Sie sich mit ihnen anlegen. Sie können nicht den ganzen Tag folden, sondern müssen Risiken eingehen. Solange Ihre Hand gut gegen das konkrete Spektrum Ihres Gegners (und nicht das befürchtete Spektrum) abschneidet, sieht es gut für Sie aus. Natürlich wird es Varianz geben und natürlich werden Sie Phasen haben, in denen Sie nach dem Flop mehrfach überholt werden und recht schnell einige Stacks verlieren. Das aber ist modernes No-Limit Hold’em.
Solange Sie bereit sind, nicht nur vor dem Flop zu callen und auf dem Flop zu checken und zu folden, sondern um den Pot zu kämpfen, sind Calls von 3-Bets ohne Position in Ordnung.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.02.2012.