Er ist einer der ganz Großen des Pokerspiels und auch im hohen Alter noch sehr aktiv. Fast täglich bearbeitet Doyle Brunson im berühmten Bobby’s Room des nicht minder berühmten Bellagio seine Gegner und scheint die Lust am Pokern einfach nicht zu verlieren. Dass er dabei sogar noch Zeit findet, in regelmäßigen Abständen zu bloggen, ist umso bemerkenswerter.
In seinem neuesten Eintrag lässt Brunson wieder einmal seine Gedanken schweifen und liefert gleich zu mehreren Themen interessante Einsichten. Grund genug, diesen unseren Lesern in deutscher Übersetzung zugänglich zu machen. Hier Doyle Brunsons aktueller Blog:
Ich kann nicht glauben, welchen Unterschied es in meinem Leben ausmacht, wenn ich nicht pokere. Es ist fast eine andere Welt. Spiele ich täglich Poker, bin ich am Tisch so konzentriert, dass alles andere keine Rolle zu spielen scheint. Ich frage mich, ob die anderen Pokerprofis sich dem Spiel mit der gleichen Intensität widmen wie ich. Selbst nach einer langen Session denke ich nach meiner Heimkehr über fragwürdige Spielzüge nach und überprüfe meine jeweiligen Optionen.
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob dieser Ansatz gesund ist. Er ist nicht nur für die Familie und das Umfeld problematisch, sondern auch für mich selbst, da ich körperliche und mentale Entzugserscheinungen habe, wenn ich aufhöre. Dann bekomme ich von meinen Followern auf Twitter viele Tweets, was für ein verschrobener alter Mann ich doch geworden sei. Poker ist aber das Leben, das ich mir ausgesucht habe, und ich will darin mein Bestes geben, doch man verpasst eine Menge, wenn man es in dieser extremen Form betreibt. Vermutlich muss man mit den Aufs und Abs einfach leben.
Ich bin froh, dass die Olympischen Spiele 2012 nun endlich begonnen haben. Ich genieße alle Wettbewerbe, kann aber den Beginn der Leichtathletik-Wettbewerbe kaum erwarten. Vermutlich liegt es an meiner Vergangenheit als Leichtathlet zu meiner Highschool-Zeit, dass mit jedes Rennen und jeder Wettkampf die Tränen in die Augen treibt. Ich weiß, wie hart diese jungen Leute an sich gearbeitet haben. Ich spüre die Euphorie der Sieger und die Enttäuschungen der Verlierer. Besonderes Interesse habe ich an den Langstreckenläufen und bisweilen kommt es mir so vor, als wäre ich gemeinsam mit meinem Lieblingsläufer unterwegs.
Von den Dingen, die ich bis zu meinem Lebensende gern machen würde, werde ich vermutlich zwei nie schaffen: Ein Besuch bei den Olympischen Spielen und eine Reise nach Israel. Dennoch schätze ich mich sehr glücklich, mir fast alle Lebenswünsche erfüllt zu haben.
Nächste Woche reise ich nach Montana. Ich kann es kaum erwarten. Das Problem ist, wie ich meine drei Hunde sowie Todds drei Hunde und drei Vögel mitnehme. Ich würde gern fliegen, doch meine Hunde sind so alt und hinfällig, dass ich Angst habe, sie könnten es nicht verkraften. Todd hat einen kleinen Bus, in den wir alle reinpassen würden, aber ich will nicht 16 Stunden in dem Ding sitzen.
Wenn ich mich nicht beeile, werde ich den großen Braunbären nicht sehen, der jedes Jahr über den Zaun steigt und die Äpfel vom Baum klaut. Allerdings werde ich mit ihm deswegen auch keinen Streit anfangen. Auch meine 70 Jahre alten Himbeersträucher tragen jetzt Früchte, doch sind die bei meiner Ankunft vermutlich ebenfalls weg. Ich müsste Mitte Juli dorthin fahren, doch die WSOP hält mich davon ab.
Doyle Brunson
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.08.2012.