Die Blog-Einträge von Doyle Brunson sind immer interessant. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Godfather des Poker sich über die guten alten Zeiten auslässt oder sich zu gegenwärtigen Themen äußert. Sechs Wochen ist es her, dass Brunson zum letzten Mal einen Text ablieferte, und gleich zu Beginn des neuen Blogs nennt er auch den Grund. Hier der Blog in Auszügen in deutscher Übersetzung:
Mehrere Wochen lang versuchte ich einen Blog zu schreiben, doch es gelang mir aus irgendeinem Grund nicht. Der Begriff Schreibblockade ist mir nicht unbekannt, aber ich hatte damit bisher nie Probleme. Ich habe ein schlechtes Gewissen, denn ich habe dem Freund, der www.DoyleBrunson.com übernahm, versprochen, jede Woche einen Text zu schreiben. Die einzige Entschuldigung kann sein, dass ich jeden Tag 10 bis 14 Stunden Poker gespielt habe. Vermutlich war ich so fokussiert, dass ich mich auf nichts anderes konzentrieren konnte. Gut daran ist, dass ich den besten Lauf seit Jahren habe.
Die WSOP 2012 verlief für mich ziemlich ereignislos. Ich spielte vier Turniere und kam in dreien recht weit, schaffte es aber in keinem ins Preisgeld. Früher war die WSOP für mich der Höhepunkt des Jahres, doch mittlerweile sind mir die vielen Stunden, die man Tag für Tag ohne direkte Resultate am Tisch verbringt, zu viel. Die „Bracelet-Jagd“ hat mich nie richtig interessiert, daher wünsche ich den jüngeren Spielern, für die die Turniere gemacht sind, viel Erfolg.
Da ich selbst meist Cashgame spielte, habe ich die Turniere nicht genau verfolgt. Mitbekommen habe ich, dass Phil Hellmuth eine erfolgreiche WSOP absolvierte und sein 12. Bracelet gewann. Dabei wurde kein Hold’em gespielt, vielleicht zollt man ihm nun endlich den Respekt, den er verdient. Niemand kämpft härter und spielt mehr Turniere als Phil und es ist klar, dass er ein Allround-Spieler geworden ist. Stolz war ich auch auf meinen Sohn Todd, der in einem Turnier Zweiter wurde. Fast hätte er sein zweites Bracelet gewonnen, das meiner Meinung nach das schwierigste und wichtigste ist.
Eine Sache ist auch klar. Vanessa Selbst ist nicht nur die beste Pokerspielerin der Welt, sondern zählt zu den besten Pokerspielern überhaupt. Ich habe mich immer an Resultaten orientiert, und Vanessas Resultate der letzten Jahre kann man nicht leugnen. Sie ist eine heiße Kandidatin für den ersten weiblichen Sieg beim Main Event der WSOP.
Beim Cashgame im Bellagio passierte etwas Merkwürdiges. Ein Typ, der so aussah, als sei er noch zu jung, um das Casino betreten zu dürfen, kam in Bobby’s Room. Er betrachtete sich das ganze Geld und die Chips mit hohem Wert, drehte um und ging Richtung Tür, als wolle er den Raum verlassen. Dann drehte er plötzlich um, kehrte an unseren Tisch zurück und schaute mich an. Dann schaute er wieder auf das Geld und verließ nach einer abermaligen Drehung den Raum mit den Worten: „Ich komme mit einer Waffe wieder und hole mir das Geld.“
Ein Spieler alarmierte die Floormen und diese riefen den Sicherheitsdienst. Diesem erzählten wir, was geschehen war, worauf sie sich die Überwachungsvideos anschauten und eine Warnmeldung herausgaben. Beide Partien lösten sich auf, weil nervöse Spieler das Casino verlassen wollten. Ich sagte zu dem Mann vom Sicherheitsdienst, dass ich bleiben und weiterspielen würde, wenn ich meine Pistole aus dem Auto holen dürfte. Natürlich sagte er Nein und ich ging nach Hause. Ich bin nicht gern das wehrlose Opfer eines Spinners.
Bei den Cashgames im Bellagio gibt es nichts Schlimmeres als einige Profis, die sich für so gut halten, dass sie nicht verlieren können. Nur weil jemand auf Dauer Gewinne erzielt, heißt das nicht, dass er (oder sie) nicht eine längere Durststrecke erleben könnte. Es widert mich an, wenn ein guter Spieler sich über die Spielbedingungen, schlechte Karten, Dealer oder die Spieler aufregt, die gerade gewinnen. Schließlich sagte schon Hyman Roth in dem Film „The Godfather“: „Das ist das Leben, das wir uns ausgesucht haben.“
Doyle Brunson
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 20.07.2012.