Das Interessante am Pokern in Las Vegas ist, dass man in den unterschiedlichsten Runden landet. Manche kommen einfach nur in die Poker Rooms des Venetian, Caesars oder Mirage , um ein wenig Spaß zu haben, mit anderen zu reden und ab und zu eine Hand zu spielen. Entsprechend freundschaftlich und ruhig geht es auch an den Tischen zu, während in anderen Runden mit typischen Regs durchaus die Hölle los sein kann.
Eine solche Partie erwischte ich bei meinem letzten Ausflug ins Caesars, und ich muss gestehen, dass ich mich erst an die brutale Deep-Stack-Aggressivität an diesem Tisch gewöhnen musste. Wie kommt man hier ohne Position überhaupt zum Showdown, fragte ich mich, nachdem ich mir (mit unspielbaren Händen) das Spektakel etwa 30 Minuten angesehen hatte.
Der Tisch bestand aus zwei Franzosen, einem (schwächeren) Lateinamerikaner, einer jungen Britin und einigen Mittzwanzigern aus der Region sowie immerhin einem älteren Herrn. Da fast in jeder Hand die Hölle los war, brachten wir es auf eine dürftige Stundenquote an gespielten Händen, die deutlich niedriger als in anderen Runden war.
Vor allem einer der Franzosen machte immer Alarm und war ständig mit einem polarisierten Spektrum unterwegs, das er mit hohen River-Bets untermauerte. Die jungen Amerikaner schienen Vertreter der modernen LAG-Schule zu sein, während die Britin sich zumindest von der Körpersprache (ziemlich lächerlich übrigens) wie ein Profi gerierte.
Ich hole so weit aus, weil die Geschehnisse in der folgenden Hand in einer der Rentnerrunden so nicht vorgekommen wären. Ich bin in UTG und einer der amerikanischen Regs hat einen Button-Straddle gebracht, die effektiven Stacks betragen etwa 600 $. Der Big Blind füllt auf, mit A Q raise ich auf 35 $ und der Button callt. Der Big Blind bezahlt ebenfalls und wir kommen mit einem Pot von 107 $ auf den Flop.
Der Flop bringt Q 3 3 . Der BB checkt, ich setze 50 $, der Button raist auf 120 $ und der Big Blind foldet. Eine typische Situation in dieser Runde. Der Flop hat meiner Range nur wenig geholfen und gibt Spielraum für Bluffs bzw. Semi-Bluffs, daher muss man den Touristen sofort angreifen. So die Sicht meines Gegners.
Aus meiner Sicht jedoch geht es nun darum, einen klaren Plan zu fassen. Ich habe Top Pair mit Top Kicker, doch ohne Position ist der Weg bis zum River weit. Ein Reraise kommt überhaupt nicht infrage, da kein Bluff callt und dieser Spieler zu gut ist, um a) mit KQ, KJ oder Ähnlichem zu raisen und b) den Gegner damit auszubezahlen.
Die einzige Möglichkeit ist ein Call, doch das bedeutet, sich schon auf das Äußerste vorzubereiten. Der Turn brachte den K . Ich checke und mein Gegner setzt 170 $ in den Pot mit 347 $. Ab jetzt gibt es kein Zurück, da ich nach meinem Call Pot-Committed bin. Der König ist in den meisten Fällen eine Blank (vor allem würde er damit gar nicht unbedingt setzen), die Drei kann ich meinem Gegner weiterhin nicht geben. Nach drei Minuten steht meine Entscheidung fest, ich calle und committe damit meinen Stack.
Der River bringt einen weiteren K . Ich checke, mein Gegner geht All-In und ich calle sofort. Mein Gegner scheint überrascht, dreht 6 4 um und ich gewinne den Pot.
Was andernorts eine sichere Methode zum Geldverlieren ist, war hier die einzige Möglichkeit zur Gewinnmaximierung. Stumpfes Durchcallen mit Top Pair, das logisch und vielleicht auch einfach aussieht, einem am Tisch aber einiges abverlangt, da die Gegnerschaft mit maximaler Brutalität vorgeht.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 12.07.2012.