Am gestrigen Abend stimmte der Schweizer Nationalrat einem heftig umstrittenen Gesetz zu, welches internationale Online-Glücksspiel-Angebote für Schweizer Spieler verbietet und und dieses Verbot über eine sogenannte Netzsperre umsetzt.
Bereits im vergangenen Jahr wurde im Ständerat der Schweiz dieses Gesetz durchgewunken, doch erst mit der Zustimmung des Nationalrates, steht eine Umsetzung dieses Gesetzes bevor.
Dieses Gesetz folgt auf die bereits beschlossene Konzessionslösung für Glücksspielanbieter im Internet. Nach dieser dürfen nur national zensierte Casinos im Internet Glücksspiele anbieten. Um diese Regulierung zu forcieren, drängten die Casinos darauf, nicht lizenzierte Anbieter über eine Netzsperre vom Markt auszuschließen.
Dies betrifft alle großen internationalen Online-Poker-Anbieter, etwa PokerStars, 888-Poker oder auch Partypoker. Derzeit können die Schweizer Spieler problemlos auf diese Anbieter zugreifen, doch nach dem jetzt beschlossenen Gesetz, werden Ihre Anfragen zukünftig blockiert, beziehungsweise auf virtuelle Stoppschilder umgeleitet.
Gesetzentwurf der Casino-Lobby
Das Gesetz, welches gestern mit deutlicher Mehrheit im Nationalrat angenommen wurde, stammt zum größten Teil aus der Feder von Lobbyisten der Schweizer Casinos. Diese sehen sich sinkenden Umsatzzahlen ausgesetzt und haben das Internet, insbesondere große, erfolgreiche internationale Online-Casinos zum Feindbild auserkoren. Die Konzessionslösung und die Netzsperren sollen den Casinos den nationalen Markt sichern und internationale Angebote ausschließen.
Die Christdemokraten und Sozialdemokraten sprachen sich im Nationalrat für die Netzsperren aus und verwiesen in erster Linie auf den Spielerschutz und auf tausende Glücksspielsüchtige in der Schweiz.
Einstieg in die Zensur?
Die Grünliberalen und rechtskonservativen bemängelten zweierlei an dem Gesetz: 1. Netzsperren sind technisch nicht umsetzbar und 2. Das Gesetz schafft einen Präzedenzfall für die Zensur über die Infrastruktur des Internets.
Vor allem wegen des Vorwurf der Zensur im Internet wird dieses Gesetz derzeit in allen Gazetten der Schweiz diskutiert. Viele befürchten einen Dammbruch und eine Aufweichung des freien Internets, wenn die nationalen Behörden den Anbietern Vorschriften machen können, welche Seiten erreicht werden dürfen und welche nicht.
Mauro Tuena, Nationalrat der Schweizer Volkspartei, verglich die Schweiz ob des beschlossenen Gesetzes gar mit China und Nordkorea.
Was bedeutet das Gesetz für Schweizer Pokerspieler?
Derzeit können Schweizer Spieler problemlos PokerStars, 888 und Co. erreichen und dort spielen. Allerdings ist es nur eine Frage der Zeit, bis Netzsperren technisch umgesetzt sind. Dann wird der Aufruf dieser Seiten ins Leere laufen, beziehungsweise auf eine Seite mit einem Stoppschild umgeleitet werden.
Allerdings ist diese Umleitung auch ohne große technische Finessen zu umgehen und als Spieler macht man sich weiterhin nicht strafbar, wenn man Online-Angebote internationaler Anbieter nutzt.
PokerStars jedoch könnte sich zwischenzeitlich aus dem Schweizer Markt zurückziehen. Der börsennotierte Anbieter achtet penibel darauf, alle nationalen Gesetze und Vorgaben zu erfüllen und wird sich um eine Konzession in der Schweiz bemühen. „Es ist unsere Geschäftsstrategie, dass wir die Ersten sind, wenn ein Land Konzessionen vergibt. Das heisst auch, dass wir uns laufend veränderten Gesetzen anzupassen haben," erklärte Eric Hollreiser von PokerStars diese Woche in der Basler Zeitung.
Wie umgeht man die Netzsperre?
Wenn die Netzsperre in der Schweiz umgesetzt wird, gibt es verschiedene Möglichkeiten, diese leicht zu umgehen.
Am wahrscheinlichsten wird diese Sperre über die DNS-Server eingerichtet. DNS-Server sind – einfach gesprochen – Telefonbücher im Netz, welche eine Adresse wie "www.pokerstars.eu" auf die IP-Adresse des richtigen Servers umleiten. Jeder Internet-Anbieter hat seine eigenen DNS-Server und der Schweizer Bund würde den nationalen Anbietern vorschreiben, dass PokerStars und Co. nicht mehr auf die Server verweisen, sondern auf eine Seite der Konzessionsbehörde.
Allerdings kann jeder Nutzer selbst bestimmen, welche die DNS-Server sein Computer benutzt. Stellt man diese zum Beispiel auf 8.8.8.8 (den Google-Server) um, hat man die Netzsperre schon umgangen. Hier gibt es eine einfache Anleitung, wie man dies mit wenigen Klicks machen kann: » Windows 10: DNS Server ändern.
Alternativ kann man auf ein VPN zurückgreifen und damit als ein Nutzer von außerhalb der Schweiz auftreten und so die nationale Sperre umgehen.
Weiterführende Links
» Heise: Schweiz führt trotz viel Kritik Netzsperren ein
» Luzerner Zeitung: Sperren für ausländische Online-Casinos
Eric Hollreiser (PokerStars) in der Basler Zeitung » TechMixx: Windows 10, DNS-Einstellungen ändern
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.03.2017.